19. November 2010

Wir sind die besten…

Medien: wir hassen und wir lieben sie, wir schätzen und wir verachten sie. Selbst wenn wir jedoch Kritik anbringen wollen, ziemt es sich eigentlich nicht die Konkurrenz öffentlich zu bashen. Es macht keinen schlanken Fuß und hat immer den Beigeschmack, dass das eigene Medium am Ende am besten aussteigen wird.

Trotzdem haben auch wir einen Redakteur mit einem Medienbashing beauftragt. Allerdings ist unser Medienbashing ehrlicher, wir stellen schlicht schon zu Beginn fest, dass nur wir die Guten sind und alle anderen bestenfalls so lala:

Das stadtbekannt Medienbashing:

Stadtbekannt: Ziemlich toll gemachtes Online Stadtmagazin aus Wien, mit Alleinvertretungsanspruch aller Interessen aller WienerInnen. Wer stadtbekannt liest ist umfassend informiert, geht überall gratis ein und aus und isst besser als jede/r andere. Gerüchteweise lebt man auch länger, hat ein besseres Sexualleben und ist allgemein ein glücklicherer Mensch. Dennoch gibt es vereinzelt Menschen in Wien die noch andere Medien konsumieren. Das ist unverständlich, wird jedoch irritiert zur Kenntnis genommen.

Falter: Der Falter ist gewissermaßen stadtbekannt (welch ein Kalauer). Er nimmt für sich mit einigem Recht in Anspruch das Wiener Stadtmagazin zu sein. Als Aufdeckermedium leistet man viel für die politische Kultur in diesem Land und bewahrt sich dabei eine Unabhängigkeit von der die meisten Wiener Medien nur träumen können. Am Falter stört deshalb verhältnismäßig wenig, das Verbleibende dafür umso mehr. Da wäre zunächst der Service und Veranstaltungsteil. Subjektiv ist er mir zu umfangreich. Ich hadere Woche für Woche damit, ob ich mir ein Magazin kaufen soll, das auf einen dermaßen ausgiebigen Serviceteil setzt, der zumindest für mich im Internetzeitalter völlig sinnlos ist. Vor allem da das verbleibende Magazin ohne Serviceteil eigentlich Recht dünn ausfällt. Am Falter kann man außerdem kritisieren, dass er im Internetzeitalter nicht und nicht ankommt. Die Homepage ist seit gefühlten Jahrhunderten unverändert und wirkt steinzeitlich. Nur ganz wenige Artikel lassen sich online lesen, die große Falter Community findet im Netz nach wie vor so gut wie nichts.

Die Qualitativen:

Standard und Presse: Persönlich lese ich die Presse ja gern. Franz Schellhorns wöchentliche „Supermarkt“ Kolumne dient mir um eigene Positionen abzuklären. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bin ich immer genau gegenteiliger Meinung wie Franz Schellhorn. Praktisch eigentlich. Ansonsten ist die Presse die Presse eben. Viele Positionen, die die Blattlinie der Zeitung sind, teile ich nicht, aber KritikerInnen sind bekanntlich die treuesten LeserInnen. Der Presse muss man aber zu Gute halten, dass sie zumeist Positionen vertritt, immerhin. Dass sehr viel altbacken wirkt, man sich als letztes Kampfblatt des Neoliberalismus gebiert und die leitenden Redakteure bei öffentlichen Auftritten gerne den Eindruck vermitteln besonders große Cojones zu besitzen, nervt aber doch.

Der Standard ist online ein Massenmedium, offline ein sogenanntes Qualitätsmedium. Online hat man sich Österreichs größte Webcommunity aufgebaut, was beeindruckend ist aber auch mühsam. Die Standard PosterInnen sind verlässlich anstrengend, als Nachrichtenüberblick ist das Portal aber nicht mehr wegzudenken. Wo sonst kann man sich aktuell informieren, die tägliche Dosis Ärger posten, den Test des neuesten Android Samsung Superphone lesen, um sich anschließend mit Apple/Android/ Windows Fanboys (and girls) zu batteln welches Handybetriebssystem jetzt das beste sei. Ansonsten hadert man damit, dass liberale Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik Widersprüche erzeugen. Man schreibt im Wirtschaftsteil oft herbei, was im Feuilleton dann beklagt wird.

Außerdem und das muss halt auch mal gesagt werden, in kaum einem anderen Land gingen Standard und Presse überhaupt als Qualitätsmedien durch.

Biber: Das Biber ist eine gute Sache. Spannende Reportagen und Artikel mit Infos zu denen so kein anderes österreichisches Medium Zugang hat. Das Biber nervt aber auch gewaltig. Klischee as Klischee can be ist leider allzu oft der Ansatz, was dann aber oft peinlich bemüht wirkt. Außerdem passen die oft hochpolitischen Reportagen, mit dem Fashion, Beauty, Biberica Zeug zumindest im Magazin nicht gut zusammen. Online ist das weniger ein Problem, offline wirkt das häufig nicht wirklich stimmig.

Die Wegwerf-Zeitungen:

Heute und Österreich: Klopapier, gratis Müll, was nicht alles geschrieben wird über die beiden Wiener Boulevardmedien. Ich kann die Kritik nicht ganz teilen. Österreich ist beispielsweise wirklich unterhaltsam. Klar man kann Berichterstattung und Werbeaufkommen gewisser Parteien vergleichen (gilt übrigens auch für Heute) und eine Abhängigkeit dieser beiden Variablen feststellen. Aber ernsthaft, wer nimmt denn das Ernst was in diesen „Zeitungen“ geschrieben wird? Österreich ist einfach Österreichs bestes Satire-Magazin, das sich geschickt als Tageszeitung tarnt. Rechtschreibfehler, trashige Überschriften und eine permanente Aufgeregtheit inklusive. Aber wo sonst könnte Hans Krankl behaupten Ahnung von Fußball zu haben, oder man Überschriften wie „Wir werden Afrika“ (bezogen auf eine Hitzewelle) lesen?

Zu Heute sagen wir besser nichts, mit den Medien die in einem Nahverhältnis zum Hause Dichand stehen (oder auch nicht) sollte man sich in Österreich ja besser nicht anlegen, sagt der Bundeskanzler. Ziemlich sicher kann man sich aber sein, dass Hans Dichand keine Anteile an Heute hält, obwohl das früher oft behauptet wurde, da er ja tot ist.

Die Anderen:

Vienna.at: Man beachte nur die meistgelesenen Artikel des vergangenen Monats. „Diese Apotheken haben heute Nacht geöffnet“, folgt vor „Versuchte Vergewaltigung in Liesing“, „Erotischer Landmaschinekalender 2011“, „Bordelle und Studios“ und „Entführt und misshandelt: Wienerin traumatisiert“ (Stand: 19.11.). Trash as trash can be.

VOR Magazin: Persönlich ist mir niemand bekannt, der in diesem Magazin je etwas anderes als die Matscho Kolumnen gelesen hätte und die sind wirklich auch nicht toll abgesehen davon, dass der inzwischen in Pension ist…

Weekend und Co.: Ja es nervt, dass zusätzlich zu den Gratis – Zeitungen auch noch gratis Magazine verschickt werden.

Wir Wiener: Kein Magazin war im Wahlkampf öfter im Postkastl. Zwangsbeglückung mit Brechreizgefahr.

Kurier: Der Kurier hat die Unsitte fortgeführt den eigenen Chefredakteur überall zu plakatieren, was nicht sein müsste. Ansonsten kann man über den Kurier positiv formulieren, dass er gediegen ist, oder negativ, dass er fad ist.

Krone:
Die Krone zu bashen ändert halt auch nichts (leider).

Es gäbe noch viele andere Medien, fürs erste ist jetzt aber trotzdem Schluss.

Daniel Steinlechner

Mit Fug und Recht: Über Sinn und Unsinn

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