5. August 2011

Schwarzkappler Info – ein Service für urbane Rebellen.

Der Schwarkappler, so genannt wegen der schwarzen Kappe, die diese Personen in grauer Vorzeit einmal trugen, ist der natürliche Feind des Schwarzfahrenden. Während der Schwarzkappler die Nähe zum Schwarzfahrenden sucht und stets auf der Lauer liegt, ist letzterer ein scheues Reh und versucht direkten Kontakt möglichst zu vermeiden. Er nützt alle Hilfsmittel, um zu tarnen und zu täuschen und jede kleinste Unaufmerksamkeit der KontrolleurInnen, um im Dickicht des Großstadtdschungels unterzutauchen. Wird er dennoch einmal erwischt, ist er um eine Ausrede nie verlegen. Pläne der Schwarzfahrenden, um sich im Fall des Falles dennoch abzusichern, sind jedoch vermutlich fast genau so alt wie das Schwarzfahren selbst.

Schwarzfahrerversicherung

Versuche eine SchwarzfahrerInnenversicherung zu etablieren gab es in Wien immer wieder einmal. Schließlich fahren relativ viele Menschen schwarz mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und eine Versicherung würde den finanziellen Mehraufwand von Strafen auf alle Einzahlenden verteilen. Idealerweise käme dann ein Preis weit unter den Beförderungsgebühren der Wiener Linien dabei heraus.

Das Konzept ist so einfach wie auch falsch, denn legal waren all diese Versuche natürlich nie. Schließlich kann man eine solche Versicherung durchaus auch als Anstiftung zum gewerbemäßigen Betrug ansehen. Die Anzahl solcher Versicherungen wäre theoretisch auch beliebig erweiterbar. Von einer GIS Versicherung, bis zur Radarfallen Versicherung, die ein Unternehmen unter Leitung des damaligen Vorarlberger FPÖ Abgeordneten Walter Gau einst plante.

Legal sind solche Versicherungen, wie bereits erwähnt, nicht. Die Radarversicherung scheiterte daran, genauso wie die Versuche, eine SchwarzfahrerInnenversicherung zu formalisieren. Clandestine Projekte scheiterten schnell an den hohen potentiellen Schadensfällen, an der relativ einfachen Möglichkeit des Versicherungsbetrugs und an den Möglichkeiten der Wiener Linien auf solche Initiativen mit Anzeigen und verschärften Kontrollen zu reagieren. Angeblich gibt es solche Projekte immer noch, dass sie wirklich funktionieren, darf aber getrost bezweifelt werden. 

Schwarzfahren 

Das Schwarzfahren existiert natürlich trotzdem weiterhin und erfreut sich, ähnlich wie das Nichtbezahlen von GIS Gebühren oder das zu schnelle Autofahren, einer gewissen Beliebtheit. Der Reiz am Verbotenen ist dabei nicht auf einzelne soziale Schichten beschränkt, sondern findet sich quer durch die Bevölkerung. Denn das Unrechtsempfinden ist bei solchen Delikten meist sehr schwach ausgeprägt.

Es wäre dennoch eine Fehlannahme davon auszugehen, dass SchwarzfahrerInnen prinzipiell nichts zu ihrer Beförderung beitragen. Der Kostendeckungsgrad öffentlicher Verkehrsmittel ist nämlich recht gering. Ein erheblicher Anteil der Kosten, den diese Verkehrsmittel verursachen, wird aus Steuermitteln bereitgestellt. Wer also Steuern zahlt und schwarz fährt, trägt dennoch einen erheblichen Teil der anfallenden Kosten. Das wird den SchwarzfahrerInnen, so sie erwischt werden, zwar wenig helfen, ist aber doch ein bemerkenswertes Faktum.

Kein Wunder, dass es immer wieder Vorschläge gibt, öffentliche Verkehrsmittel gleich ganz gratis zur Verfügung zu stellen. Der VCÖ (Verkehsrclub Österreich) hat dies immer wieder vorgeschlagen und betonte dabei die positiven Auswirkungen für die Umwelt, da viel mehr Menschen Öffis nützen würden, aber auch den Aspekt gesteigerter sozialer Gerechtigkeit.

Aber auch die Wiener Linien verteilen um und ermöglichen manchen Bevölkerungsgruppen deutlich billiger zu fahren als anderen. Seit einiger Zeit bieten die Wiener Linien mit dem Sozialpass sozial schwächeren Gruppen die Möglichkeit, den öffentlichen Verkehr deutlich billiger als bislang in Anspruch zu nehmen. Im Gegensatz zu La Rossa (Bologna), wo gratis zur Verfügung gestellte, öffentliche Verkehrsmittel viele Jahre lang gelebte Praxis waren, hat es in Wien jedoch nie eine Gratisfahrt gegeben.

Sowohl die Strafen der Wiener Linien, als auch die Kontrolldichte sind im internationalen Vergleich jedoch eher moderat. Im Vordergrund steht offensichtlich eher Schwarzfahren möglichst zu minimieren und nicht Einzelpersonen mit existenzgefährdenden Strafen von ihrem Tun abzubringen. Dafür spricht auch, dass die Schwarzkappler einen Großteil ihres Gehaltes als Fixum beziehen und die Prämien für "Ergreifungen" weniger bedeutend sind. Ein "scharf machen" von KontrolleurInnen ist offensichtlich unerwünscht.

Zusätzlich veröffentlichen die Wiener Linien täglich 5 Linien, auf denen Kontrollen statt finden. Das Ziel ist es, mehr SchwarzfahrerInnen dazu zu bewegen, an diesen Tagen, auf diesen Linien, ihr Ticket nicht zu "vergessen".  

Trotzdem wurden alleine im ersten Halbjahr 2011 etwa 98.000 Menschen beim Schwarzfahren erwischt. Denn die Kontrollen wurden intensiviert, pro Tag kommen inzwischen 20.000 Fahrgäste in den "Genuss" einer Kontrolle. Mit den Kontrollen geht auch das Schwarzfahren zurück, oder zumindest die Anzahl der "erwischten" Schwarzfahrer. 2,85 Prozent aller Fahrgäste wurden im ersten Halbjahr 2011 ohne Fahrschein erwischt, 2004 waren es noch fast 5 Prozent.

Schwarzfahren 2.0 

Hier hakt nun schwazkappler.info ein. Ein sehr simples Interface ermöglicht es allen Fahrgästen der Wiener Linien Kontrollen sofort, auch mobil via Handy, anderen UserInnen mitzuteilen. Über den Tag verteilt gelingt es so, ein recht genaues "Bewegungsprofil" von KontrolleurInnen zu erstellen. Je mehr UserInnen sich beteiligen und je mehr Menschen mobiles Internet nutzen, desto genauer wird das Bild, das sich ergibt. Menschen, die ihre Fahrkarten "vergessen", profitieren so von denjenigen, die diese Fahrkarten vor ihnen "vergessen" haben. Solcherart hat das Service einen gewissen "Versicherung-Light" Charakter.

Die Nutzung von schwarzkappler.info hat in den vergangenen Monaten stark zugenommen, alleine die Facebook Seite hat inzwischen mehr als 5.200 Fans.

Es bleibt abzuwarten, wie die Wiener Linien auf die Herausforderung durch Social Media reagieren. Macht dieses neue Service es Menschen ohne Fahrschein doch deutlich einfacher als bisher, den Kontrollen der Wiener Linien auszuweichen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Versicherung fehlt zwar eine finanzielle Absicherung gegen Strafen, die Absicherung erfolgt aber indirekt über die Informationen, welche die Community zur Verfügung stellt. Eine neue Runde im ewigen Kampf zwischen SchwarzkapplerInnen und Schwarzfahrenden wurde eingeläutet.

Eine ganz andere Art des Schwarzfahrens stellt der Einfachuebel Blog vor. Heutzutage ist es extrem einfach sich über Social Networks, Name, Geburtdatum und Adresse einer anderen Person zu besorgen und sich dann als diese auszugeben. Das verursachte Problem, in diesem Fall Schwarzfahren, wandert dann zu dieser Person. Diese Vorgangsweise ist zwar im höchsten Maße bedenklich, illegal und auch der einfachuebel Blog distanziert sich klar davon. Es sollte aber allen zu denken geben, wie einfach unsere Daten im Web 2.0 missbraucht werden können.

Schwarzfahren mit App und mit dem Handy

Recht beliebt ist in den vergangenen Jahren auch die Versicherung gegen Kontrollen durch den raschen Erwerb eines Handytickets für die Wienerlinien geworden. Eigentlich soltle das Ticket ja vor Fahrantritt erworben werden, das ist aber schon wegen der Zusendung des Tickets aufs Handy, die manchmal länger, manchmal kürzer dauert, nicht kontrollierbar. 

Dafür ist das Handyticket etwas teurer und schlägt mit 2,20 Euro zu Buche. Über Quando bieten die Wiener Linien selbst ein Fahrschein Ticketservice an, andere Services wie Hanyticket Wien, oder SMS Bim Ticket Wien, bieten ebenfalls die Möglichkeit zum Handyfahrschein zu gelangen. Die Facebook Seite Schwarzkappler-Warnung Wien ist eine weitere Möglichkeit sich über Kontrollen in Wien zu informieren und auch eine App für alle gängigen Handybetriebssysteme ist in Planung. Die Firma Tailored Apps bietet schon in wenigen Wochen eine Schwarzkappler App an, mit der sich die User gegenseitig über Kontrollen informieren können. 

Die schwarzkappler.info Homepage, die Facebook Seite sowie der dazu gehörige Twitter Account.

Was ist eure Meinung zum Schwarzfahren?

14 Kommentare

  1. Mario

    6. August 2011

    Schwarzfahren
    Ist asozial und n

    Reply
  2. Patricia

    6. August 2011

    finde ich gar nicht
    Wir zahlen genug Steuern und dann noch sehr viel Geld für die Öffies. Es sollte gratis sein.

    Reply
  3. Mario

    6. August 2011

    Würden die Steuern die Kosten decken ok
    das ist aber nicht so. Daher: alle anderen müssen für die Schwarzfahrer mitzahlen.

    Reply
  4. Fantasia

    6. August 2011

    Bruahaha
    Asozial, so ein Unsinn. Viele Menschen müssen Schwarzfahren weil sie sich die Tickets einfach nicht leisten können.

    Reply
  5. Wickinger

    6. August 2011

    Denkfehler
    Nicht nur überführte Schwarzfahrer melden Kontrollen an die App, auch kontrollierte Jahreskartenbesitzer…

    Reply
  6. Mario

    6. August 2011

    @Wickinger
    Die mag es geben aber besonders viele werden es nicht sein. Schlie

    Reply
  7. Alex

    6. August 2011

    gute sache
    Da ich nur geringes Einkommen habe und eine Jahreskarte zu teuer ist, fahre ich schwarz.
    Bis jetzt hat es sich gelohnt. Diese Seiten sind auch ganz hilfreich.

    Ich bin froh, dass es nicht wie in England usw ist, wo man ohne Fahrschein nicht mal in den Zug reinkommt.

    Weiter so!

    Reply
  8. Werner

    6. August 2011

    Wer zahlt?
    Nun, da Sie nicht private Unternehmen sind, zahlen alle Steuerzahler. Die Kosten steigen nicht wegen der Schwarzfahrer, das ist Unfug bzw Vorurteil.

    Wagens wir doch und privatisieren den Nahverkehr, die

    Reply
  9. Werner

    6. August 2011

    fortsetzung
    In Wahrheit zahlen die B

    Reply
  10. Hans Dampf

    7. August 2011

    wow Privatisieren.
    Was für eine tolle Idee,hat ja nirgends funktioniert,dafür das umso schlechter. ZU DEN SCHWARZFAHRERN: fahren mehr schwarz sinkt der Kostendeckungsgrad. Ersetzt wird das durch budgetmittel die anderswo fehlen oder höhere ticketpreise.

    Reply
  11. Dylan

    7. August 2011

    Konkurrenz = Kostensenkung
    Also privatisieren fände ich sehr gut, da würde wegen der Konkurrenz die Leistung erhöht werden und die Preise runter gehen. In Japan zB gibt es optimalen Nahverkehr, da dort privatisierte Ubahnen gibt.

    Ansonsten zahlen die Bürger heute doppelt: einmal über die Steuern, ein andermal als Kunde!?

    Reply
  12. enzyx

    24. August 2011

    freie fahrt für alle
    liebe leute, wenn die öffis gratis sind würden lt. umfragen 50% weniger leute mit dem auto fahren und die dadurch ersparten gemeinkosten für umwelt, unfälle und ihre folgen usw. würden den mehraufwand locker hereinspielen!!
    das autofahren auf den wiener straßen ist auch gratis. das zahlen alle auch die die keines haben…

    Reply
  13. x

    13. Oktober 2011

    y
    z

    Reply
  14. Boykott

    13. Oktober 2011

    Boykott
    Die Kontrollen an den Ausgängen sind ziemlich nervig, vor allem, wenn sie am Ende der Rolltreppe und noch dazu zur Hauptverkehrszeit stattfinden. Da staut sich’s dann ziemlich. Außerdem fühl ich mich dabei wie in einem Überwachungsstaat. Ich hab mir einmal, obwohl ich eine Jahreskarte habe, den Scherz erlaubt, am Ende der Rolltreppe umzudrehen und wieder zurückzufahren, prompt ist mir einer der Kontrollore gefolgt. Wenn das mehr Leute machen würden, wären diese Ausgangskontrollen bald wirkungslos, denn was wollen die dann machen? Allen folgen und somit die Kette auflösen oder stehenbleiben und damit das Umkehren ermöglichen? Mich würde eine Kosten-Nutzen-Gegenüberstellung der Kontrollen interessieren. Vielleicht wäre letztendlich ein Null-Tarif sozial und wirtschaftlich gesehen die vernünftigere Lösung.

    Reply

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt