8. Februar 2011

Nur die Pflicht will ich nicht…

Hugh, ich habe gesprochen – ließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kürzlich wissen. Gesprochen hat er nämlich zur Obsorgeregelung für Kinder in Österreich.
Ein Vater hatte geklagt, weil österreichische Gerichte nach dem AGBG (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) das Sorgerecht bei unehelich geborenen Kindern immer automatisch der Mutter zuspräche, so sie nicht das Kindeswohl dadurch gefährdet sähen.
Er berief sich auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) und bekam Recht.

Einigkeit über Uneinigkeit

Doch die Diskussion über die Obsorge und die Rechte von Kindern, Müttern und Vätern hat damit erst wieder neu begonnen. Die Männerpartei (nicht zu verwechseln mit dieser „Männerpartei“) und die Plattform „Vaterverbot“ kämpfen für ein automatisches gemeinsames Sorgerechtrecht beider Elternteile auch bei unverheiratet geborenen Kindern.
SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek lehnt eine solche Regelung rundweg ab. Sie will „im Interesse des Kindes“ jeden strittigen Sorgerechtsfall einzeln prüfen und anschließend von einem Familienrichter entscheiden lassen.
Weniger Probleme mit der Sorgerechtsautomatik hätte VP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, die diese im vergangenen Jahr zur Diskussion gestellt hatte. Sie will mit einer solchen Regelung vor allem die zu Zeit sehr stark beanspruchten Familiengerichte entlasten. Eine Einigung blieb bislang aus.

Von Wohl und Wehe

Gemeinsam ist allen Beteiligten jedoch ihr Bemühen in einer unzweifelhaft hehren Sache: dem Kindeswohl. Doch was das sein sollte, das bleibt leider zumeist im Trüben.
Die Definitionen was das Kindeswohl nun ist, sind oftmals nicht viel klarer als das Wasser des Ganges. Was nun wieder einem gewissen Schindluder Vorschub leistet. Denn wo ein Kind schwerlich selbst zu artikulieren im Stande ist was ihm Wohl tut, da sind es schnell Erwachsene, die in diese Bresche springen und oftmals nur ihre eigenen Interessen damit verfolgen.

So sollten vor den „Rechtsansprüchen am Kind“ einmal die Pflichten am Kind erörtert und eingehalten werden. Wenn für 64.500 Kinder (2010) der Staat 112 Millionen Euro als Unterhalt aufbringen muss, nur weil die Unterhaltspflichtigen diesen nicht bezahlen, so sollte hier wohl vor allem einmal ein gesellschaftliches Umdenken einsetzen. Wer ein Kind hat, hat, so lange er oder sie dazu in der Lage ist, dafür Verantwortung zu übernehmen und in einer Gesellschaft in der sich so viele aus dieser materiellen aber auch ideellen Verantwortung stehlen wollen hat sich wohl noch einiges zu bewegen.

Doch auch diese ideelle Verantwortung soll nicht unterschätzt werden. Zumeist sind es nun einmal immer noch Frauen bei denen nach gescheiterten Ehen oder Beziehungen die gemeinsamen Kinder leben und wohnen. Dass diese aber damit die alleinige Erziehungs- und Pflegearbeit zu übernehmen haben ist so nicht einzusehen.
Auch mit der Bezahlung von Alimenten sollte man sich nicht von der elterlichen Verantwortung einem Kind gegenüber freikaufen. Das in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebene Recht eines Kindes auf beide Elternteile ist vor allem ein Anspruchsrecht des Kindes. Es kann, im Rahmen der Möglichkeiten, eine Betreuung durch beide Elternteile verlangen.

Streit am Kind wird Streit um’s Kind

Es wäre also ein gesellschaftlicher und rechtlicher Rahmen wünschenswert der vor den Rechten am Kind die Verantwortung am Kind betont.

Doch sollte es im Gegenzug auch nicht unnötig erschwert bzw. teilweise sogar verunmöglicht werden diese Verantwortung anzunehmen. Nur weil eine Gruppe von Menschen in derselben Situation sich absolut falsch und kritikwürdig verhält, so ist dies noch lange kein Grund einen Elternteil, der sich seiner Aufgabe stellen will zu bestrafen und seine Beziehung zum Kind einzuschränken, so dem keine stichhaltigen Gründe entgegenstehen.
Das Ausspielen einer natürlichen Beziehung eines Elternteiles eines Kindes gegen eine andere (weniger?) natürliche Beziehung ist so archaisch wie sinnlos. Eltern sind nun einmal zwei und daraus ist weder einer zu entlassen noch auszuschließen, so es dafür eben keine stichhaltigen Gründe gibt.

Leider fußen sehr viele Konflikte um die Obsorge für Kinder nicht wirklich auf der Sorge um Kinder, sondern es werden nur persönlich Animositäten auf diesem „Schlachtfeld“ ausgetragen. Wer hier „gewinnt“ kann sich recht auf die Schulter klopfen…

Pflichten vor Rechten

So ist es die Verantwortung die endlich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken sollte, denn mit der tun sich die meisten Menschen leider sehr schwerer als damit, ihre vermeintlich wohlverdienten Rechte einzufordern. Wer willens ist diese zu tragen bei dem soll’s auch rechtens sein.

5 Kommentare

  1. Charles

    8. Februar 2011

    ach das Sorgerecht
    eine der wohl schwierigsten Thematiken überhaupt. Einerseits müsste man die Gesetzeslage dringend ändern, andererseits sind immer noch viel zu viele Männer ihrer Verantwortungspflicht in keinster Weise gewachsen. Was tun? Der Urteilsspruch zwingt jetzt wenigstens den Gesetzgeber sich endlic hmit der Thematik auseinanderzusetzen. M.E. sollte für beide Sorgerecht bestehen. Es gehört ohnehin dringend eine Begleitung junger Eltern in den ersten Monaten implementiert. Im Rahmen dieser könnte man überprüfen, ob beide Eltern dem nachkommen können. Wenn nicht, sollte man sie auch rasch und unbürokratisch verlieren können.

    Reply
  2. Charles

    8. Februar 2011

    trotzdem
    wenn das Elternteil bei dem das Kind wohnt, ausreichend nicht will, hilft eine gesetzliche Regelung auch nichts. Die Möglichkeiten zu subtilen Gemeinheiten, Beeinflussungen und Verhinderungen sind endlos.

    Reply
  3. Emil

    8. Februar 2011

    na endlich
    wurde Zeit, dass sich da was tut. Momentan hat man als Mann ja gar keine Rechte was Kinder angeht.

    Reply
  4. Valerie

    9. Februar 2011

    @Emil
    Stimmt nicht. Es geht dabei nur um strittige Fälle bei denen in aller Regel das Sorgerecht der Mutter zugesprochen wird. Das Kindeswohl steht da im Vordergrund.

    Reply
  5. Patrick

    9. Februar 2011

    Geteiltes Sorgerecht oder nicht.
    wirklich wichtig ist der möglichst ganztägige Ausbau staatlicher Kinderbetreuung. Denn Eltern sind Zufall, staaltliche Fürsorge und Erziehungsarbeit sollte es nicht sein.

    Reply

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt