20. Oktober 2010

Kosmetische Korrekturen in der Diskussion um das Fremdenrecht

Neues Bundesamt  für Asyl und Migration wurde beschlossen

Kosmetische Korrekturen gehören ja bekanntermaßen eigentlich in die Sphäre der plastischen Chirurgie. Nichts desto trotz betätigte sich die ÖVP, federführend die selbsternannte „Integrationsministerin“ Fekter, in diesem Bereich. Unterstützung bekommt sie nun auch von der SPÖ. Plötzlich ist die Rede von humaneren Formen der Abschiebung und einem überdenken der Herangehensweise im Bereich des Fremdenrechts. Soweit der Stand Ende letzter Woche.

Innerhalb weniger Tage, fühlen sich dann nicht nur eine Reihe von namhaften SPÖ und ÖVP PolitikerInnen berufen das österreichische Fremdenrecht zu hinterfragen, sondern am 19.10.2010 wurde sogar der Beschluss gefasst ein neues Bundesamt für Asyl und Migration bis 2013 zu schaffen. Was bringt die Debatte den Betroffenen und welche Auswirkungen hat sie auf das Fremdenrecht?

Fremdenrechts-Debatte in drei Teilen – Teil 1

Vorige Woche lief die Diskussion rund um das Fremdenrecht in gewohnt österreichischer Manier ab. Die Katerstimmung nach der Wahl führte dazu, dass man das unschöne Bild, welches die letzten Abschiebungen in den Medien hinterlassen hat, zurecht zu rücken. „Großzügig“ wurde im Fall Komani beschlossen Güte vor Recht ergehen zu lassen und die Familie wieder nach Österreich einreisen zu lassen.

Was bedeutet die Debatte für die Situation von AsylwerberInnen?

Also für den Fall, dass man eine Serie von Negativbescheiden in einem Asylverfahren bekommen hat und das so genannte „humanitäre Bleiberecht“ nicht zugesprochen bekommt, kann man nun dank Fekter frohlocken, wenn man es als Einzelfall mit seinem Schicksal in die Medien schafft. So wird dann nach der Abschiebung noch mal im „Fremdenrechtspiel“ auf den Start zurückgesetzt und darf dann großzügigerweise wieder ins Land einreisen.
Natürlich erst nachdem die persönliche Geschichte medial aufgearbeitet wurde, man selbst und seine Kinder eine Reihe von traumatischen Erfahrungen durchlebt hat und seine zweite Heimat schon verlassen hat. Es scheint als befänden wir uns in Zeiten der Feudalherrschaft, wo die Obrigkeit sich nur durch negative Berichterstattung und schwindende WählerInnenstimmen zur „Besinnung“ kommt. Wobei Besinnung eigentlich das falsche Wort ist, man sollte hier eher von einem medialen Intermezzo, in dem man wohlgefällig dem Volk ein paar Kuchenkrümel zugesteht, sprechen. Fleißig werden vorübergehend humanere Formen der Abschiebung diskutiert. Es werden natürlich auch personelle Konsequenzen gezogen, so wurde der Chef der Wiener Fremdenpolizei Stefan Stortecky entlassen. Die Frage die sich hier unweigerlich aufdrängt ist, ob dies die wegweisenden Strategien zur Problemlösung sind?

Teil 2 – Und es bewegt sich doch….

Seit Sonntag tut sich etwas in der politischen Landschaft in der Fremdenrechtdebatte. Nach den ersten Zweifeln über den Umgang mit AsylwerberInnen seitens der Nationalratspräsidentin Prammer (SPÖ), regte sich Kritik bei namhaften VertreterInnen der großen Koalition. Plötzlich wird das Fremdenrecht in seiner momentanen Beschaffenheit hinterfragt und der Ruf nach Evaluation laut. Die Beteiligten überschlagen sich regelrecht mit guten Vorschlägen, wie etwa dass es doch sinnvoll wäre sich in dieser Frage mit NGOs an einen Tisch zu setzen. Die Mehrheit der „kritischen“ Stimmen verweilt wie gewohnt auf der Ebene, dass nach humanitäreren Formen der Abschiebung gesucht werden müsse.

Teil 3 – Neues Bundesamts für Asyl und Migration

In der gestrigen Presseaußendung der SPÖ verkündet Verteidigungsminister Darabos, dass im Ministerrat die Schaffung eines Bundesamts für Asyl und Migration beschlossen wurde. Dadurch soll auch die langjährige Forderung der SPÖ nach einem „rascheren und effizienteren und damit auch humaneren Vollzug des Fremdenrechts“ umgesetzt werden. Das Ziel ist eine zentrale Stelle für die Asyl- und Migrationsagenden zu schaffen und die Agenden nicht wie bis her über 113 Behörden abzuwickeln. (APA) Das Fremdenrecht selbst soll, wie die Innenministerin gestern unter anderem in der ZIB 2 verlautbare so bleiben wie es ist. Von Seiten der Regierungsbank herrscht hier Einigkeit, wie auch Pröll verlautbaren lies. Also das Zwischenergebnis dieser Debatte kann als kosmetische Korrektur bezeichnet werden. Es findet also keine systematische Evaluation des Fremdenrechts statt und dadurch wird sich auch nichts Substanzielles an der Situation von AsylwerberInnen ändern. Das Warten auf eine ernsthafte und seriöse Diskussion zum Fremdenrecht bleibt also bei einem Warten auf Godot.

Fazit

Wie kommt es, dass namhafte PolitikerInnen aus der Regierungspartei nach ihrem jahrelangen Hardliner-Kurs in Sachen Fremdenrecht und Migration nun fast kollektive Betroffenheit zeigen? Waren die AkteurInnen in den letzten zehn Jahren außer Landes? Oder in Opposition? Auf beide Fragen kann mit nein geantwortet werden. Wären die Betroffenen Teil der Opposition, würde ihnen eine glaubwürdige Rolle als „Stimme der Vernunft“ zukommen. Natürlich ist es zu begrüßen, dass der Diskurs um das Fremdenrecht nun weg vom populistischer Meinungsmache, hin zur Suche nach Problemlösung schwenkt. Was zum einen mit dem Ergebnis der Wien-Wahlen zusammenhängt und zum anderen mit der medialen Berichterstattung. Schlussendlich stellen sich einige Fragen:

Warum müssen in Österreich in der Asyl- und Integrationsdebatte immer Einzelschicksale die mediale Öffentlichkeit erschüttern bis sich etwas bewegt? Warum hat die SPÖ nun ein Jahrzehnt gebraucht um ihre Anbahnung an die konservative Fremdenpolitik der ÖVP zu überdenken und schwenkt nun wieder in den altbekannten Kurs ein? Was wird das Bundesamt für Asyl tatsächlich entscheiden? Wem wird es unterstehen?

Cornelia Dlabaja

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt