31. Mai 2013

Joseph Amslinger im Gespräch

Das zweijährige Bestehen von 35 Grad haben wir zum Anlass genommen, um Crew- und Labelhead Joe Amslinger zum Gespräch zu bitten.

Stadtbekannt: Servus Joe! Du bist ja als Labelhead, Promoter, DJ und Produzent ein wahres Multitalent. Lass uns doch mal wissen, wie alles angefangen hat. Wie kamst zu zur elektronischen Musik?

Joe Amslinger
: Ja, das war so Ende 1996, Anfang 1997. So genau weiß ich das gar nicht mehr. Ich hatte vorher schon relativ viel Musik gemacht, angefangen von Klavierunterricht als Kind, damals oft eine Qual, heute bin ich sehr dankbar das ich Klavier spielen kann. Dann ging es weiter als Gitarrist und Bassist in diversen Schulbands und irgendwann hat mich ein damaliger Freund auf eine "Technoparty" in einem Keller irgendwo zwischen Frankfurt/Main und Würzburg mitgenommen Ich war irgendwie so in den Bann dieser Musik gezogen, dass ich die Leute da solang genervt habe, bis sie mich an die Plattenspieler gelassen haben. Ich hab keinen einzigen Übergang zustande gebracht und nach 15 Minuten wurde mir auch nahegelegt das Pult wieder zu räumen, aber das Resultat daraus war, dass ich mein Erspartes genommen habe und eine Woche später los bin und mir zwei Plattenspieler, einen Mixer und die ersten Platten gekauft habe und fast täglich meine Freizeit damit verbracht habe zu üben.

Stadtbekannt: Also quasi Liebe auf den ersten Bass?

Joe Amslinger: Absolut, am Wochenende fings dann an, dass ich immer mehr in den Würzburger und Frankfurter Clubs rumhing, keine private Afterhour ausgelassen hab und jede Chance genutzt habe mal hinter die Plattenteller zu dürfen, bis ich dann endlich 1998 meinen ersten öffentlichen Gig hatte.

Stadtbekannt: Hat ja nicht allzu lange gedauert bis zum öffentlichen Auftreten. Warst du nervös damals? Beziehungsweise bist dus heute noch vor Gigs?

Joe Amslinger: Ja war ich! Ich wäre fast gestorben und hatte totale Angst zu versagen. Heute geh ich da relativ gelassen ran. Obwohl ich gestehen muss, dass ich gerade bei Auftritten in Clubs in denen ich noch nicht gespielt habe, immer noch ein wenig aufgeregt bin. Zum Beispiel vor meinem ersten Gig im Watergate in Berlin hab ich schon ganz gut "gezittert". [Lacht]

Stadtbekannt: Watergate. Liest sich gut im DJ Lebenslauf. Wo, auswärts von Wien, hats dich denn sonst noch hinverschlagen bisher?

Joe Amslinger: Da ich ja ursprünglich aus dem schönen fränkischen Städtchen Würzburg komme und Frankfurt da auch nicht weit weg ist, hab ich natürlich dort relativ häufig gespielt. Zum Beispiel in der Vinylbar, oder auch 2 Mal im Dorian Gray, dem damals legendären Club im Frankfurter Flughafen. Dann auch öfter mal in München im damaligen Kunstpark Ost, in der Nachtwerk Bar oder im Prinzip. 2002 bin ich dann nach Hamburg gezogen habe da dann auch ziemlich schnell Fuß gefasst und einige Male dort im Phonodrom gespielt, bis ich dann mit ein paar anderen in der alten Bar Morphine auch angefangen habe selbst Veranstaltungen zu machen. Irgendwann wurde dann das Hamburger Terrace Hill sowas wie mein zweites Wohnzimmer und es ist immer noch einer der Clubs, in denen ich am liebsten spiele. Nicht zuletzt wegen dem tollen Team dort, was über die Jahre fast schon sowas wie eine Familie für mich geworden ist. Ansonsten, hab ich schon in der Ritter Butzke in Berlin gespielt, bei einem Open Air in der Rummelsburg Berlin, auf einer Afterhour im Golden Gate. Natürlich auch einige kleine Open Airs in Hamburg. Da kommt schon so ganz gut was zusammen über die Jahre.

Stadtbekannt: Du sagst es. Da sind einige Highlights dabei. Seit wann machst du Wiens Clubs unsicher?

Joe Amslinger: Nach Wien bin ich im Dezember 2008 gekommen. Eigentlich wollte ich ursprünglich gar nicht hier her und nun gefällts mir so gut, dass ich gar nicht mehr weg will. [Lacht] Ich hab es hier aber als wesentlich schwieriger empfunden Fuß zu fassen. Anfangs kannte ich hier nur die Pratersauna und bin da natürlich oft hingegangen. Mit der Zeit hab ich dann auch immer mehr Leute kennengelernt, aber es ging alles langsam und war nicht einfach. So der wirkliche "Durchbruch" kam eigentlich Anfang 2011 als ich die Leute von Vienna Wasted Youth und K&K Monarchy kennengelernt habe, die mich sofort aufgenommen haben und im Sommer 2011 ist ja dann auch 35 Grad entstanden.

Stadtbekannt: Stichwort 35 Grad. Früher unter der Brücke mehr oder weniger Just for Fun eine Anlage hingestellt und gefeiert. Heute Plattenlabel, erfolgreiche Veranstaltungsreihe, Sammelbecken für junge, aufstrebende DJs und Produzenten und das zweijährige Jubiläum steht an. Stolz?

Joseph Amslinger: Ja sicher. [Lacht] Anfangs hatte, glaub ich, niemand von uns eine Ahnung wo es hingeht. Wir waren ein wilder Haufen, der gewillt war irgendwie mal frischen Wind durch Wien zu blasen. Für die einen war es auch nur "das Ding" für einen Sommer und für mich war es auch die Chance was in Wien zu bewegen. Gegen wahllose Bookings und überhöhte Eintrittspreise. Einige sind diesen Weg mitgegangen oder haben sich angeschlossen und so sind wir mittlerweile eine muntere Crew aus 6 aktiven Artists. Seit letztem Jahr sind wir auch als Label am Markt vertreten, hatten im November unsere erste Release, die zweite folgt am 11. Juli und ja, unser Zwei Jahres Fest steht vor der Tür. Das wird was ganz besonderes und wir freuen uns riesig drauf. [Lacht]

Stadtbekannt: Du hast es angesprochen. Wiener Szene. Überhöhte Preise, unkreative Bookings. Wie wir schon gehört haben bist du ja einer der relativ viel rumkommt. Wie schlägt sich unsere Stadt im internationalen Vergleich deiner Meinung nach?

Joe Amslinger: Es hat sich mittlerweile einiges getan in Wien und es ist alles andere als langweilig hier. Dass mit Berlin kaum eine Stadt mithalten kann wissen wir alle, aber von der Attraktivität her können wir uns sicher mit Städten wie Hamburg messen, wenn auch nicht von der Clubdichte, aber vielleicht macht es das auch gerade aus. Wir haben mit der Pratersauna einen der schönsten Clubs, der seinesgleichen sucht und auch mit Greller Forelle, Flex und Auslage einige qualitativ sehr hochwertige Clubs – ein befreundeter DJ, hat mir mal gesagt "Hamburg is for lovers und Wien ist für Genießer". Das stimmt und trifft auch aufs feiern zu. [Lacht]

Stadtbekannt: Abschließend nochmal zum musikalischen Aspekt. Gibts irgendeinen Track, den du überdurchschnittlich oft spielst, der dir richtig was bedeutet?

Joe Amslinger: Den all time favourite? Auch wenn ich ihn nicht mehr so oft spiele, aber auf jeden Fall die Loverboy von Steve Bug.

Stadtbekannt: Ausgezeichnete Wahl und ein tolles Schlusswort! Joe ich danke dir für deine Zeit und wünsche dir alles Gute für die Zukunft.

Joe Amslinger
: Ich bedanke mich und hoffe alle feierwütigen am 15.06. am Badeschiff zu unserem großen Geburtstagsfest begrüßen zu dürfen.

Fotos (c) Ann-Katrin Paske

Michael Grabner

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