8. April 2011

Heute schon geschimpft (2): die Angst vor dem Fremden

Fürchtet Euch sehr!

Verdammt, gibt es viel zu fürchten. 2012 endet der Maya-Kalendar (meiner für dieses Jahr endet auch 2012, vielleicht auch ein Zeichen), es gibt jetzt in Kärnten zweisprachige Ortstafeln und somit wird der eine oder andere verwirrt die falsche Abzweigung nehmen und stellen Sie sich vor: jetzt wird Türkisch sogar ein Maturafach, und da regen sich jetzt natürlich wieder einige furchtbar auf, und genau die echauffieren dann jeden vernünftig denkenden Menschen, die Retter der Abendländischen Kultur, die uns vor einer Multikulti-Hölle bewahren wollen. International sind wir ja eh, schließlich gibt’s bald englische Ansagen (Viejenna Sitty Erport Treeen), aber türkisch? Um Himmels Willen, die Osmanen stehen wieder ante portas, und jetzt maturieren die sogar in ihrer Muttersprache! Bilinguale Helvete, grausam wenn das Bildungssystem wieder zuschlägt, gell, Frau Vislocyl? I haaß Heinz-Christian, du haast Heinz-Christian, wieso sagen’s zu dir „Oaschloch“?

Multikulti = Faktum.

Multikulti ist weder U-noch Dystopia sondern Faktum. Ist eben so, wenn’s einen stört sollte man in keiner europäischen Stadt wohnen sondern sich gegebenenfalls Alternativen suchen. Und wenn Wien eine wirkliche Stadt sein will, dann wär’s ganz angebracht, dass sich Menschen mit Migrationshintergrund nicht ständig beinahe demütig für das Verwenden ihrer Sprache und die Pflege ihrer, auch religiösen, Brauchtümer entschuldigen müssen. Wir lassen die Katholiken ja auch katholisch sein und ihre katholischen Dinge machen, auch wenn es uns manchmal vielleicht auch befremdet. Das muss normal sein und ist das auch normal. In Los Angeles regt sich außer (vielleicht) dem dortigen KuKluxKlan auch keiner auf, dass in der U-Bahn neben Englisch auch Spanisch verwendet wird.

Sich darüber aufzuregen ist erstens debil und zweitens Energieverschwendung. Tun aber genügend Leute und somit gibt es auch genügend Potenzial und Personal dieses Kalkül bestens zu bedienen. Einerseits mit Valhalla-Bubenphantasien der (Noch-)Opposition rund um Burschenschaftler und das mit dem Verbotsgesetz nicht so ganz Ernstnehmer – andererseits auch in Regierungs- und Justizangelegenheiten. Welche Schikanen und Unmenschlichkeiten Immigranten in Österreich ausgesetzt sind ist nämlich nach wie vor unglaublich, Amplitude in der Medienpräsenz hin oder her.

Bottom line

Also, fürs Schimpfprotokoll: 2012 wird die Welt nicht untergehen, Multikulti ist etwas Positives, Stefan Petzner wird auch trotz zweisprachiger Ortstaferln den Weg zum Solarium finden in Celovec und es gibt wirklich keinen Grund sich zu fürchten, ehrlich.

Die ewige Angst vor dem Fremden, die ist nämlich schon sehr befremdend.

4 Kommentare

  1. Nino

    7. April 2011

    Guter Artikel,
    gefällt.

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  2. Clara

    7. April 2011

    Man stelle sich
    vor irgendwann könnte man auf chinseisch maturieren…

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  3. ahabicher

    8. April 2011

    Chinesisch
    Chinesisch wäre schon sinnvoll. Nur sind die Lehrer leider nicht zahlreich, und Sinologie als "Orchideenfach" auf der Abschussliste.

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  4. Clara

    8. April 2011

    @ahabichler
    Chinesisch wäre wirklich sinnvoll. Aber wie allen sinnvollen Sachen wird es mal eben schnell weggekürzt, die Auswikungen merkt man ja erst verzögert…

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