3. Januar 2012

Filmkritik: Melancholia

Armageddon à la von Trier: Justine (Kirsten Dunst) heiratet Michael auf dem grotesk pompös-schönen Anwesen ihres Schwagers John (Kiefer Sutherland). Doch bereits nach kurzer Zeit beginnt sie, sich von dem Fest und den Menschen abzuwenden.  Genervt und doch besorgt und verpflichtet kümmert sich ihre Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) in den Tagen nach der misslungenen Hochzeit um die depressive Justine, während sich im Hintergrund der Planet Melancholia der Erde nähert. Der Film beginnt mit dem Zusammenprall der beiden Planeten unter tösender Musik von Wagner und lässt dementsprechend im Hinblick auf sein mögliches Ende keine Spekulationen zu. Nein, die Welt wird nicht gerettet werden.

Melancholia ist in zwei Kapitel unterteilt: ersteres dreht sich um Justine, die auf ihrer eigenen Hochzeit in eine tiefe Depression sinkt und erst mit dem nahenden Ende der Welt wieder ins Gleichgewicht zu kommen scheint. Der zweite Teil ist nach Claire benannt, die am Leben hängt und von Anfang an Schlimmes im Bezug auf den nahenden Planeten Melancholia befürchtet. Ihr Mann John ist voller Groll über das undankbare Verhalten Justines, bei der trotz 18-Loch-Golfplatz keine wirkliche Freude aufkommen will. Während sich die illustre Gesellschaft beim Sekkieren der Bediensteten unterhält, nimmt Justine ein Bad, legt sich schlafen oder geht spazieren. In den wenigen Stunden ihrer Hochzeitsfeier zerstört sie ihre junge Ehe, ihr Arbeitsverhältnis sowie weitgehend ihr gesamtes soziales Umfeld, wenn dieses auch von vornherein nicht besonders sozial wirkte. 

Die versammelte Hochzeitsgesellschaft lässt im Hinblick auf mögliche Wurzeln von Justines Despression nicht viele Fragen offen: Mit niemandem der Anwesenden möchte man auch nur auf ein Bier gehen. Dexter, der Vater der beiden Schwestern, und seine Ex-Frau Gaby übertrumpfen sich in distanziertem und unmöglichem Verhalten. Währenddessen befördert Jack, Justines arroganter Arbeitgeber, die Braut während seiner Rede zum ‘Art Director’ und lässt sie sogleich wissen, dass er einen neuen, blutjungen Angestellten auf sie angesetzt hat, der seinen Job verliert, wenn er nicht noch im Laufe des Abends einen neuen Werbeslogan von ihr bekommt: soziales Marionettentheater der Haute-Volée, Widerwärtigkeit par excellence.

Als Melancholia bereits gefährlich nahe ist, geraten die Pferde in Panik und selbst der Butler tritt nicht mehr zur alltäglichen Erniedrigung seinen Dienst an. Zunächst scheint der massive blaue Planet noch tatsächlich an der Erde vorbeizuziehen. Der begeisterte Hobby-Astronom John freut sich auf den ersehnten Fly-By Melancholias und versucht zunächst noch, seiner Frau die Angst zu nehmen, um dann selbst sang- und klanglos die Konsequenzen aus der Gewissheit über das Ende der Welt zu ziehen. Denn Melancholia kehrt zurück, angezogen von der Schwerkraft der Erde. Die praktisch veranlagte Claire schlägt zunächst noch vor, den Einschlag Melancholias bei einem Glas Wein und klassischer Musik auf der malerischen Terrasse zu verbringen….

Lars van Trier hat im Bezug auf Melancholia gesagt, er hat die Befürchtung, einen Frauenfilm gedreht zu haben, was man durchaus sexistisch finden darf. Melancholia ist mitunter auch kitschig-schön, wenn Justine nackt am Flussbett liegt oder im wallenden Brautkleid durch die Wälder stapft. Das Anwesen, einziger Schauplatz des Filmes, liegt einsam zwischen Wald und Wasser und ist dennoch nicht düster, um es nicht allzu trivial endzeitlich wirken zu lassen. Nach der Abreise der Hochzeitsgesellschaft bleibt man mit der Kleinfamilie allein, ohne Rückbezüge auf die Welt als Ganzes durch Fernsehansprachen oder Bilder von panischen Großstädtern. Der Horror entfaltet sich auch so recht gut.

Melancholia wird im Rahmen der Viennale zweimal zu sehen sein und kommt ab 28. Oktober in die Kinos.

Melancholia
VIENNALE – Programm
24. 10. 2011 um 20:30 im Gartenbaukino
26. 10. 2011 um 11:00 im Urania-Kino

1 Kommentar

  1. hgjklöä

    20. Oktober 2011

    Bin schon sehr gespannt
    Habe vor kurzem den Trailer gesehen und der hat mich sehr beeindruckt.

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