Wie viele Gesichter sieht man auf der Pestsäule?

Das wichtigste Gesicht der Wiener Pestepidemie 1679 ist der „Liebe Augustin“. Der Bänkelsänger, Spelunkendichter und Dudelsackspieler Markus Augustin überlebte der Sage nach eine ganze Nacht in einer Pestgrube. Man hatte den sturzbetrunkenen – „häuselfett“ oder „an’gsoffen wie a Häuseltschick“ (zu Deutsch: angesogen wie eine Pissoirkippe) – Schlafenden für tot gehalten und in eine der damals eingerichteten Gruben geworfen. Als er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, schrie und sang er – und wurde befreit. Er gilt in Wien als Sinnbild: Dafür, dass man in dieser Stadt den Tod vor allem deswegen mag, weil er gegen den hiesigen Schmäh keine Chance hat. Als während der Nazizeit die Augustin-Statue vom heutigen Augustinplatz (früher Strohplatzl, 7. Bezirk) gestohlen wurde, brachte jemand tags darauf dort ein Schild an: „Der Schwarzen Pest bin ich entronnen, die Braune hat mich mitgenommen.“ Heute gibt es dort wieder ein Denkmal.

Kunstvoller nähert sich die Wiener Pestsäule der Seuche. Die barocke Dreifaltigkeitssäule am Graben wurde 1693 geweiht und stellt eine Wolkenpyramide dar, aus der im oberen, vergoldeten Teil 22 Gesichter schauen. Im unteren Teil sind 85 Gesichter erkennbar (die Gesichter im Relief nicht mitgezählt). Statt der ursprünglich geplanten simplen Andachtssäule ist das Denkmal eine hochbarocke Programmdarstellung: Sowohl Pest als auch die Zweite Türkenbelagerung im Jahr 1683 wurden dank des Kaisers Frömmigkeit überstanden. Und so kniet Leopold I. noch heute vor der Säule und sagt laut Inschrift: „Dir, der heiligsten und unteilbaren Dreifaltigkeit: Ich Leopold, dein demütiger Diener, ich danke dir, so sehr ich nur kann, dafür, dass im Jahr 1679 durch deine höchste Güte die unheilvolle Pestseuche von dieser Stadt und dem Land Österreich abgewendet wurde.“

„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag.   

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