3. Mai 2013

Die 23 Bezirke

Wieso gibt es nur mehr 23 Bezirke?

Wer genau hinschaut, kann erkennen, wie Wien vor Schleifung der Stadtmauer (1858–1865) ausgesehen haben muss: Vor der Mauer und den Toren musste das Glacis dreihundert Meter breit unverbaut bleiben – entsprechend der Reichweite von Kanonen. Dahinter durften die ersten Häuser der Vororte stehen. Heute entspricht diese Fläche den Gebäuden zwischen Ring und Zweierlinie (Landesgerichtsstraße – Auerspergstraße – Museumstraße – Getreidemarkt – Karlsplatz – Am Stadtpark – Wienfluss). Unter Joseph II. wurde dieses Ödland belebter, Wege wurden errichtet und das Glacis begrünt. Da sich dort aber allerlei Halunken herumtrieben und die Prostitution fröhlichste Urstände feierte, ließ der Kaiser das Glacis mit Laternen ausstatten. Das Glacis wandelte sich zum Ausflugsgebiet, ganz besonders das sogenannte Wasserglacis vor dem Karolinenstadttor auf dem Gebiet des heutigen Stadtparks.

Als zweiter – wesentlich leichterer – Verteidigungswall wurde 1704 in wenigen Monaten der Linienwall errichtet: Der mit Palisaden verstärkte Erdwall zwischen Vororten und Vorstädten war knapp vierzehn Kilometer lang und wurde bis auf zwei kurze Momente nie militärisch geprüft. Wichtiger war spätestens ab dem 19. Jahrhundert seine Funktion als neue Stadtgrenze und damit verbunden als Zollgrenze. In den außenliegenden Vorstädten wie Währing und Hernals blühte dadurch die viel niedriger besteuerte Gastronomie auf. Schon 1873 wurde direkt an seiner Außenseite die Gürtelstraße eröffnet. Bis zur großen Eingemeindung 1892 existierte der Linienwall als diese Grenze. 1894 wurde mit seinem Abriss und dem Bau der Viaduktbögen für die „Gürtellinie“ (später Stadtbahn, heute U6) begonnen. Als Relikte sind heute noch zwei St. Johannes-Nepomuk-Kapellen erhalten: die Hundsturmer Kapelle an der Schönbrunner Straße und die 1895 an der Stelle der verfallenen Linienwallkapelle errichtete am Währinger Gürtel. Außerdem Teile des Linienwalls entlang der Schnellbahntrasse im 3. Bezirk und in Sankt Marx. In den Linienwall-Kapellen konnten die Maut- und Wachebeamten Andachten feiern.

Die Entwicklung des Stadtgebiets

bis 1849: 2 Bezirke (Innere Stadt und Glacis), 3,60 km², 6 km Stadtgrenze
1850: 8 Bezirke (Vorstädte zwischen Glacis und Linienwall wurden eingemeindet), 55,4 km², 38 km Stadtgrenze
1861: 9 Bezirke (ein Teil des 4. Bezirks wurde zum 5.)
1874: 10 Bezirke (ein Teil des 4. Bezirks und ein Teil des 5. wurden zum 10.)
1892: 19 Bezirke (einige Vororte außerhalb des Linienwalls wurden eingemeindet), 178,12 km², 63 km Stadtgrenze
1900: 20 Bezirke (ein Teil des 2. Bezirks wurde zum 20.)
1904: 21 Bezirke (Eingemeindung von Floridsdorf), 273,1 km², 96 km Stadtgrenze
1910: 21 Bezirke (Eingemeindung von Strebersdorf und Mauer in bestehende Bezirke), 278 km², 101 km Stadtgrenze
1938: 26 Bezirke (Eingemeindung von 97 niederösterreichischen Gemeinden, Schwechat, Mödling, Klosterneuburg und Groß-Enzersdorf wurden Wiener Bezirke), 1215,4 km², 226 km Stadtgrenze
1954: 23 Bezirke (Ausgemeindung von 80 ehemals niederösterreichischen Gemeinden), 414,90 km², 133 km Stadtgrenze
2003: 23 Bezirke (Neuberechnung im Zuge der Realnutzungskartierung), 414,89 km², 136 km Stadtgrenze
2008: 23 Bezirke (Flächenberechnung basierend auf rechtlichen Bezirksgrenzen), 414,87 km², 136 km Stadtgrenze


„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag. 

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