7. Mai 2013

Der Regierungsrat

Wie wird man Regierungsrat? 

Die Liebe der Wiener zu Amtstiteln ist legendär und wird nur von der Ehrfurcht vor akademischen Titeln und der Verklärtheit bei Adelstiteln übertroffen. Man erzählt sich, ob wahr oder gut erfunden, dass einst eine Kommission eingesetzt wurde, um die achtzig Beamtentitel zu reduzieren. Nach Monaten präsentierte die Kommission ihren Vorschlag: Man könne getrost dreißig Titel streichen. Müsse dafür aber 77 neue einführen.

Dabei wird es zunehmend schwieriger, einen einfachen „Magister“ nach 26 Semestern Politikwissenschaftsstudium oder (teils dienstalterbedingte) Berufstitel wie Regierungsrat (Abkürzung: RegR oder RR), Kanzleirat (KzlR), Berg- oder Forstrat honoris causa (Abkürzung: BergR h.c.), Oberschulrat (OSR) und Kammerschauspieler (Ksch) zu verteidigen. Die internationale Wirtschaft belächelt sie allzu oft, die EU will schon länger mit dem Titelwahn aufräumen (und hat mit den akademischen Titeln im Bologna-Prozess damit begonnen). Und der Wiener sieht sich wieder einmal bestätigt: Es kommt selten etwas Gutes von draußen.

Besonders schönen Umgang mit Titeln pflegt das Wiener Burgtheater. Bestellt man dort via Internet Karten, kann man aus echten Titeln, fantastischen Titeln und Titelkombinationen wählen. Und sich beispielsweise als Abgeordneter Professor, Oberbürgermeisterin, Dipl. Restauratorin, Kantor, Prinzessin, Univ.-Doz. MMag. DDr. oder auch als Zahnarzt einen Abend lang am Spiel im Theater am Ring beteiligen.


„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag.    

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