9. September 2010

Der Ö3 Lebenscoach über Fußball, Liebeskummer und den Zoo

Ich treffe Dr. Alexander Bernhaut in seiner Ordination im 9. Bezirk. Der Ö3 Lebenscoach ist Psychiater und Neurologe, zusätzlich ist er psychotherapeutisch tätig. Eine Ausbildung zum Psychoonkologen (Betreuung von Krebskranken PatientInnen) sowie zum Mentalcoach im Sportbereich kann er ebenfalls vorweisen. Jedenfalls ist ihm mangelnde Kompetenz nicht vorzuwerfen, der Ö3 Lebenscoach ist ein Profi.

Vom Fussballer zum Psychiater

Im Juli 2008 ist er erstmals mit „Dr. Alexander Bernhaut – der Ö3 Lebenscoach“ auf Sendung gegangen und ist einem großen Teil Ö3 HörerInnen mittlerweile bekannt. Jeden Montagabend, von 22.00 bis 24.00, steht er seinen AnruferInnen mit Rat zur Seite. Dass seine Karriere auch eine ganz andere Richtung hätte nehmen können, verrät er uns im Interview:

„Ich bin kein Profifußballer gewesen, aber ich war im Jugendbereich bei Admira Wacker. Einen Profivertrag habe ich aber nie gehabt, ich hab mich dann fürs Studium entschieden. Ich hatte Potential denke ich, aber ich habe mit dem Medizinstudium den sicheren Weg gewählt. Am Anfang habe ich diese Entscheidung manchmal bereut, besonders, wenn ich ehemalige Kollegen wie den Toni Polster gesehen hab, wie sie Karriere machen. Irgendwann ist das aber vorbeigegangen, ich bin natürlich geistig dem Fußball immer noch sehr verbunden.“

Alexander Bernhaut kommt aus einer Ärztefamilie, sein Vater wollte eigentlich Psychiater werden und hat sich aus diesem Grund intensiv mit diesem Feld auseinandergesetzt, obwohl es nicht seine Fachrichtung war. Durch den frühen Kontakt zu diesem Thema und einem guten Gespür im Umgang mit Menschen kam es dann im Laufe seines Studiums zu der Entscheidung, als Psychiater tätig zu sein. Ein Schlüsselerlebnis war ebenfalls ausschlaggebend:

„Ich habe im Laufe meines Studiums Kontakt zu einem Patienten gehabt, einem Krebspatienten, und mit dem habe ich mich sehr viel Unterhalten, der war mir sehr dankbar. Wahrscheinlich war das auch ein bisschen ein Schlüsselerlebnis, denn von da an war Psychiatrie klar.“

Der Ö3 Lebenscoach – von 2008 bis heute

Wie ist nun Ö3 auf ihn aufmerksam geworden? Bei einer Vernissage lernte er einen Entscheidungsträger des Senders kennen, der seine professionelle Meinung zu einem privaten Thema erfragte. So ist er dann zu Ö3 gekommen, nach fünf, sechs Monaten Training ging er erstmals auf Sendung. Am Anfang ist nicht alles ganz reibungslos abgelaufen:

„Die Sendung hat eine Anlaufzeit gebraucht, ich habe eine Anlaufzeit gebraucht. Natürlich auch von den Reaktionen her, sogar intern, war es anfänglich ein bisschen schwieriger. Das Publikum musste ich erst gewinnen. Die Emails in den ersten Monaten waren vereinzelt sehr negativ, aber das hat sich mittlerweile geändert. Die Sendung ist heute bekannter, hat mehr HörerInnen. Natürlich gab es Anfangsschwierigkeiten, Kinderkrankheiten, aber wir haben mittlerweile einen guten Modus gefunden.“


Liebeskummer als Dauerbrenner

In seiner Tätigkeit als Ö3 Lebenscoach behandelt er andere Themen, als in seiner Privatpraxis:

„Es hat sich ziemlich rasch auf Beziehungsprobleme eingependelt, diese Probleme sind, wenn man genauer hinschaut, oft mehr als das. Manche Menschen sind depressiv, haben dann Beziehungsprobleme. Es gibt Geschichten wie Wirtschaftskrise und ihre Folgen, auch ihre Folgen für Beziehungen. Ebenfalls werden Themen wie Angst, Panik, Depressionen, Burn-Out-Syndrom oder Erschöpfungssyndrom angesprochen. Aber die Beziehungsprobleme, Betrügen, Vertrauen, Unsicherheiten, Einsamkeit, die dominieren“

In schwierigere Situationen ist er als Ö3 Lebenscoach auch schon geraten. In einer Sendung rief eine Frau an, die die Absicht hatte, sich umzubringen. Es ist natürlich eine Herausforderung, so eine Situation über das Radio zu entschärfen, schlussendlich ist es Alexander Bernhaut jedoch gelungen, die Anruferin von ihrem Vorhaben abzubringen.

Von gefakten Anrufen und Erfolgserlebnissen

Was Bernhaut auch immer wieder passiert, sind nicht sonderlich ernst gemeinte Anrufe, sind die Geschichten gut, geht er darauf ein, sind sie absurd, wimmelt er sie sanft ab. Denn eine gefakte Geschichte kann ihr Positives haben, auch wenn der Anrufer direkt nicht profitiert. ZuhörerInnen mit ähnlichen Problemen kann auf diesem Weg geholfen werden. Jedenfalls bewertet er seine Sendung positiv:

„Viele AnruferInnen haben durch das Gespräch beschlossen, eine Therapie zu beginnen bzw. professionelle Hilfe anzunehmen und sich erstmals öffnen, nicht nur einem Therapeuten, sondern auch Freundinnen und Freunden. Allein deswegen ist die Sendung schon gerechtfertigt. Natürlich muss Ö3 auch unterhaltsam sein, im guten Sinne, die Menschen hören auch gerne bei so einer Sendung zu, akustischer Voyeurismus könnte man das nennen. Viele ZuhörerInnen haben ähnliche Probleme wie die AnruferInnen und profitieren ebenfalls.“

Ein Psychiater im Zoo?

Kaum zu glauben, aber neben all dieser Arbeit hat Alexander Bernhaut es geschafft, zwei Bücher zu verfassen (Ein Indianer kennt keinen Schmerz & Fragen Sie Dr. Bernhaut). Im Frühjahr 2011 erscheint sein neues Buch mit dem Titel „Dr. Bernhauts Zoogeschichten“, das sich satirisch und kritisch mit menschlichem Verhalten auseinandersetzt, das alles eingebunden in Zoogeschichten. Man darf gespannt sein und gerne mal in die Sendung auf Ö3 reinhören, denn der Mann beherrscht sein Metier.

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