8. Mai 2013

Attraktivster Serienmörder

Wer war Wiens attraktivster Serienmörder? 

Wien hatte schon immer eine Vorliebe für seine „Strizzis“: Zuhälter, kleine Gauner, alle mit der nötigen Portion Charme ausgestattet und trotz krimineller Haupterwerbstätigkeit oft genug echte Gentlemen.

Jack Unterweger, unehelicher Sohn eines US-Soldaten und einer Wienerin, war eine der aufregendsten Gestalten der österreichischen Nachkriegskriminalgeschichte. 1976 wurde er wegen Mordes an einer 18-jährigen Deutschen (er hatte sie mit dem Draht ihres BH-Bügels stranguliert) zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Gefängnis schrieb er seine Autobiografie „Fegefeuer oder Die Reise ins Zuchthaus“ und unter anderem Episoden für die „Gutenachtgeschichten“ (umgangssprachlich als „Betthupferl“ bekannt) des ORF. Unterweger kam so zum Titel Häfnliterat (Knastpoet) und wurde 1990 nach einer Petition zahlreicher Intellektueller aus der Literatur-Szene (darunter Ernest Bormann, Erich Fried, Barbara Frischmuth und Elfriede Jelinek) aus dem Gefängnis entlassen.

Zunächst galt er als Paradebeispiel für eine geglückte Resozialisierung, war Liebling der Wiener Schickeria und gern gesehener Gast auf deren Partys. Er unterhielt zahlreiche Affären mit Hausfrauen, Studentinnen und Künstlerinnen. Sogar eine Nonne und die Gattin eines österreichischen Spitzenpolitikers erlagen seinem Charme. Über sämtliche Liebhaberinnen führte Jack Unterweger detailliert Tagebuch. Als sechs Monate nach seiner Entlassung eine Serie von Prostituiertenmorden begann, wurde Jack Unterweger zuerst vom ORF beauftragt, darüber zu berichten – ehe er kurz darauf als Hauptverdächtiger galt und gemeinsam mit seiner minderjährigen Freundin in die USA floh. 1992 wurde er in Miami vom FBI verhaftet. Unterweger leugnete die neun Morde, zahlreiche Indizien sprachen jedoch gegen den „Mörder mit dem Bubengesicht“. Am 29. Juni 1994 wurde er des neunfachen Mordes schuldig gesprochen und erneut zu lebenslanger Haft verurteilt, er erhängte sich in der ersten Nacht mit der Kordel seiner Jogginghose.


„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag.

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