13. Januar 2019

Der Wiener Gemeindebau wird 100!

Karl-Marx-Hof (c) STADTBEKANNT

100 Jahre Wiener Gemeindebau

„Wenn wir einst nicht mehr sind, werden die Steine für uns sprechen“ mit diesen Worten eröffnete Bürgermeister Karl Seitz den Karl-Marx Hof im Jahr 1927. Die Ikone des „Roten Wiens“ ist nicht nur längster Wohnbau der Welt, sondern Sinnbild für eine revolutionäre Stadtpolitik. Nur wenige Jahre zuvor waren die Wohnumstände noch derart desaströs, dass sich das Menschen in Wien nicht einmal ein Zimmer leisten konnten. Das sogenannte „Bettgehen“, das Anmieten von Betten für wenige Stunden Schlaf, etablierte sich unter der Arbeiterschaft als gängige Praxis.

Die Ringstraße des Proletariats

Mit der Gründung der Republik versprach die Arbeiterpartei seinen WählerInnen diesem Elend ein Ende zu setzen. Am 4. Mai 1919, gewann sie den Kampf um die politische Hegemonie in Wien und legte gleichzeitig den Grundstein für den sozialen Wohnbau.

Bis zum Jahr 1933 errichtete die Stadt 380 Gemeindebauten – die meisten davon am Margaretengürtel. Die sogenannte „Ringstraße des Proletariats“ stilisierte sich zum Aushängeschild der Arbeiterschaft und zur Antithese des imperialen Innenstadtprunks. Nach 15 Jahren endete die Epoche des „roten Wiens“ mit der Ausschaltung des Parlaments durch die Austrofaschisten.

Das Erbe des roten Wiens

Dennoch sollte das Wirken der Arbeiterpartei als Erbe in der zukünftigen Stadtpolitik weiterleben. Seit nun 100 Jahren ist die Stadt Wien die größte Hausverwaltung Europas und unterhält ein Modell das über die Landesgrenzen hinaus für leistbares Wohnen und letztlich auch für Lebensqualität steht.

Und doch ist der Gemeindebau mehr als das: für Wien ist er so wenig wegzudenken wie der Stephansdom. Verewigt hat er sich dabei nicht nur im Stadtbild, sondern auch in Kunst und Kultur. Von Ambros´ „du bist die Blume des Gemeindebaus“ bis zu Harald Sicheritz´ Komödie „Muttertag“ diente er als Schauplatz des Wienkults. Karl Seitz sollte also Recht behalten. Das Fundament, vor 100 Jahren gelegt, spricht auch heute noch für eine soziale Stadtpolitik.

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt