16. Mai 2010

Was für eine Überraschung – Waltz gewinnt auch noch den Oscar!

Nachdem er gestern Abend noch in ORF 2, in einer Verfilmung der Geschichte vom Freischütz „Jennerwein“ brillieren konnte, durfte er sich schon kurz danach über einen Oscar als bester Nebendarsteller freuen. Vom ORF Fernsehfilm zum international gefragten Top Star in nur knapp 2 Stunden quasi.

Dieser Vergleich ist natürlich übertrieben und macht doch den geradezu kometenhaften Aufstieg von Christoph Waltz deutlich. Der Oscar für Waltz war schließlich im Vorfeld bereits erwartet worden und auch Konkurrent Woody Harrelson räumte im Vorfeld ein, dass der Gewinner einen Akzent haben werde und es werde kein Südstaaten-Akzent sein. Waltz gab sich im Vorfeld dennoch bescheiden und lehnte es ab, sich in die Rolle des Favoriten drängen zu lassen. Es wurde in zahlreichen Interviews mit ihm offensichtlich, dass der größte Triumph für ihn bereits im Vorfeld geschehen war, als ihm Tarantinos „Inglourious Basterds“ die Gelegenheit bot, die Möglichkeiten seines Schauspiels zu erweitern.

Für ihn war der Oscar dann wohl auch nur noch das Sahnehäubchen in einer schier unglaublichen Serie von Preisen, von der Goldenen Palme bis zum Golden Globe. Der erste deutschsprachige Oscar Gewinner, seit Maximilian Schells Hauptdarstellerpreis für „Das Urteil von Nürnberg“ 1961, sicherte sich damit seine insgesamt 18 Auszeichnung für die Rolle des Hans Landa in Tarantinos Inglourious Basterds.

Waltz hätte wohl auch gute Chancen gehabt, den Preis für den besten männlichen Hauptdarsteller zu erhalten. Ob es an der Rolle Waltz als Antagonist der Inglourious Basterds gelegen ist, oder ob man von Seiten der Produktionsfirma eine Nominierung eines bis dahin weitgehend unbekannten Schauspielers, für den Preis der Hauptrolle scheute, wird ein Geheimnis bleiben. Klar ist jedoch, dass Waltz in diesem Film die handlungstragende Figur spielte und der Begriff Nebendarsteller deshalb eigentlich irreführend ist.

Waltz hatte im Vorfeld der Oscar Preisverleihung eingestanden, in den letzten Jahren frustriert über seine Schauspielerkarriere und die ihm angebotenen Rollen gewesen zu sein. Hatte der 1965 in Wien geborene Schauspieler, doch trotz einiger Achtungserfolge, wie beispielsweise mit der Darstellung Roy Blacks in „Du bist nicht allein – die Roy Black Story“, doch lange auf eine öffentliche Wertschätzung seiner Arbeit warten müssen. Er musste wohl all zu oft den Bösewicht in TV-Krimis spielen und wirkte dementsprechend in fast allen deutschen Krimiserien mit.

Davon kann nun keine Rede mehr sein, denn bereits vor der Oscar Verleihung hatte Waltz zahlreiche Rollenangebote in Hollywood Filmen bekommen. Nun hat er die Qual der Wahl und die Möglichkeit sein Talent einem internationalen Publikum zu beweisen. In Fernsehspielfilmen werden wir ihn so schnell wohl nicht mehr zu sehen bekommen.

Noch heuer im Dezember kommt „The Green Hornet“ ins Kino. In dieser Comic Verfilmung wird Waltz unter anderem an der Seite von Cameron Diaz und Seth Rogen spielen. In David Cronenbergs „The Talking Cure“ wird er Sigmund Freud verkörpern und in der Verfilmung des Bestsellers von Sara Gruen „Water for Elephants“, wird er Reese Witherspoons Vater mimen.

Es ist sicher nicht einfach zu verkraften, in so kurzer Zeit einen solch enormen Popularitätsschub zu erfahren, dennoch hat sich Waltz in zahlreichen Interviews im Vorfeld extrem abgeklärt gezeigt und sich nicht in den Boulevard Zirkus hineintheatern lassen. Bei Tarantino bedankte er sich bereits in Cannes, dass ihm dieser seine Berufung zurückgegeben hätte. Über diese Berufung brauchen wir uns wohl keine Gedanken mehr machen, denn Waltz kann sich in nächster Zeit seine Rollen aussuchen und wenn er dabei ein glückliches Händchen hat, steht einer Etablierung als weltweit gefragter Charakterdarsteller wohl nichts mehr im Wege.

Wir sind Oscar

Im Vorfeld der gestrigen Oscar Verleihung überschlugen sich die Boulevard Blätter in Österreich förmlich in ihrer Oscar Begeisterung. Fast wirkte es so als wären die drei österreichischen Nominierten eine Art Film-Nationalmannschaft und „wir“ könnten uns über diesen Erfolg so freuen, als hätten „wir“ etwas dazu beigetragen.

Tatsächlich ist der österreichische Beitrag zu Waltz Erfolg und den Nominierungen von Haneke und Berger jedoch sehr bescheiden. Den Film das „Weiße Band“ von Haneke hatte zwar auch Österreich subventioniert, der Großteil der Subventionen kam jedoch aus Deutschland und dementsprechend ging der Film auch für unsere Nachbarn ins Rennen. Haneke verwehrte sich aber ohnehin gegen jedes patriotische Gehabe.

Immerhin wird jetzt die österreichische Filmförderung erhöht und langsam aber sicher scheint sich die Bedeutung der Filmindustrie als Wirtschaftsfaktor durchzusetzen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Entwicklung durch den erneuten Oscar Gewinn eines Österreichers, nach Stefan Ruzowitzkys Triumph 2008, nun etwas beschleunigt wird. Denn die mickrige österreichische Filmförderung kann wohl kaum als Grund für die Erfolge österreichischer RegisseurInnen, Kameraleute und SchauspielerInnen herhalten.

Ruzowitzky und Waltz haben übrigens gemeinsam, dass ihnen der Preis von Penelope Cruz überreicht wurde. Waltz bezeichnete die Auszeichnung und die Verleihung durch Frau Cruz in seiner Dankesrede dann – in Anspielung an seinen Sager in Inglourious Basterds – als „Über-Bingo“.

Der Rest des Abends

Haneke musste sich dem argentinischen Film „El Secreto de Sus Ojos“ geschlagen geben, der bester fremdsprachiger Film wurde. Christian Berger konnte gegen Mauro Fiore (Avatar) ebenfalls nicht gewinnen.

Die meisten Preise des Abends räumte „The Hurt Locker“ in der Regie von Kathryn Bigelow ab. Der Film über den Irak Krieg räumte insgesamt 6 Preise ab. Darunter Bester Film, beste Regie, bester Ton, bester Schnitt und bestes Original Drehbuch. Bigelow konnte damit auch ihren Ex-Mann James Cameron schlagen, der für „Avatar“ „nur“ drei Preise erhielt. Neben bester Kamera, auch diejenigen für Ausstattung und Spezialeffekte. Kathryn Bigelow war im übrigen die erste Frau in der Geschichte des Oscar, die den Preis für die beste Regie gewinnen konnte. Ein starkes Signal zum Weltfrauen Tag.

Als bester männlicher Hauptdarsteller wurde Jeff Bridges gewählt, der lange auf diesen Preis warten musste und ihn jetzt schließlich für seine Rolle als Country Sänger in „Crazy Heart“ erhielt. Als beste weibliche Hauptdarstellerin wurde Sandra Bullock ausgezeichnet. Sie erhielt diesen Preis für den Film „Blind Side“ nachdem sie nur einen Tag zuvor die „Goldene Himbeere“, Hollywoods meistgehassten Schmähpreis, für den Film „Verrückt nach Steve“ erhalten hatte. Die Schauspielerin bewies dennoch Größe und nahm die Himbeere selbst in Empfang.

Beste weibliche Nebendarstellerin wurde Mo´Nique für „Prescious“, bester männlicher Nebendarsteller, wie bereits allgemein bekannt, Christoph Waltz.

Die komplette Liste aller Nominierungen und Preise hat die Homepage der Oscar Verleihung.

Böse Zungen kommentieren den Oscar via Twitter übrigens mit der Bemerkung, dass sich demnächst wohl Barbara Rosenkranz für die Rolle als beste Nazidarstellerin in einer politischen Nebenrolle bewerben werde.

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