26. Mai 2010

Von Delphinen und anderen Wasserratten

Seit einigen Tagen hat sich ein Kommando der Wiener Polizei dem Wiener Untergrund angenommen. Vermehrt wird man auf U-Bahn Reisen nun auf Uniformierte Beamte stoßen, deren erstmalige Anwesenheit nicht nur bei mir für ein kleines Rätselraten sorgte.

Als gebrandmarktes Kind des Wiener Linien Mehrgebührenmanagements, ließ ich mich natürlich sofort zum Glauben verleiten, dass diese Männer und Frauen in Blau eigens wegen Menschen wie mir, den so genannten SaisonschwarzfahrerInnen anwesend seien. Naja, also Ticket gelöst, um dann enttäuscht und etwas traurig über die mir entgegengebrachte Ignoranz an den steifen Mienen vorbeizutrippeln. Im Handumdrehen war mir also bewusst, dass sie wohl ein anderes Ziel verfolgen müssten und als ich mich vor lauter Neugier wirklich umdrehen musste, da standen die Beamten rund um eine etwas fülligere Afrikanerin, die Mitleid erregend vergeblich ihre Handtasche durchwühlte. – Aha, also wieder eine böse Aktion ‚Scharf’ gegen Migrantinnen?! – Auch falsch!

So soll es also sein wie es manchen scheint: Die Wiener U-Bahnen versinken im Morast der Drogenszene. ‚Kein Pardon für Dealer und Süchtige’, titelt beispielsweise das U-Bahn-Blatt aus dem Hause Dichand. Deswegen wird seit vergangenem Mittwoch ein Trupp von etwa 100 Polizeibeamten mit dem Codenamen Delphin unter die Erdoberfläche versetzt, wo sie mit ihrer Präsenz zumindest mal für Verwirrung sorgen durften.

Allgemeiner Konsens dürfte über die Entscheidung der polizeilichen U-Bahn Überwachung allerdings nicht herrschen. Erstmal ist es leicht vorstellbar, dass die beorderten Beamten vor Begeisterung nicht gerade sprühen. Und die Polizei-Gewerkschaft spricht sogar von gespenstisch vereinsamten Polizeiinspektionen und kritisiert, dass gewisse Bezirke ‚leergeräumt’ würden, weil die U-Bahn Staffel das nötige Personal beanspruche. Auf der anderen Seite zeigt sich die Wiener Drogenkoordination zufrieden und auch Herr Strache dürfte sich vor Freude wie ein Germteig aufblasen.

Nun ja, nach all diesen Trugschlüssen und einem weiteren Aufgebot (dessen Funktion mir zu dieser Zeit ja noch unbekannt war) an meiner Zielstation Handelskai U6, erreichte ich letztlich doch noch die Floridsdorfer Brücke zur Donauinsel. Dort sollte nämlich im Rahmen des Schwingerclubs zum zweiten Mal die Floridsdorfer Völkerschaukel für ein nasses Vergnügen sorgen. – Fast hätte zwar die nächste Missinterpretation der Polizeipräsens dem fröhlichen Treiben einen Strich durch die Rechnung gemacht, glücklicherweise begann aber alles mit lediglich ein zwei Stunden Verzögerung.

Wer schon mal davon geträumt hat, sich von einem frei schwingenden Seil ins kühle Nass zu werfen, der oder die ist hier gleich an die Richtigen geraten. War die Schaukel über einen Flaschenzug erst einmal in Schwung versetzt, stürzten sich die waghalsigen AkrobatInnen, olympischen Figuren gleich, in die kühle Donau. Das war zwar für alle ErstschwingerInnen nicht ganz so nachvollziehbar, dem Spaß dabei konnte das aber rein gar nichts anhaben. Ins Leben gerufen von einigen KunststudentInnen überzeugt die Aktion mit purer Schönheit und dem Vermögen ausnahmsloses Staunen und Mitgefühl hervorzurufen.

Am Weg zurück war die Delphin-Staffel schon wieder verschwunden. Die Bilanz 500 Verdächtige, 40 Anzeigen elf wegen Drogenbesitz und drei Verhaftungen wegen Drogenhandels.

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