Die Vorgeschichte des 4. Gemeindebezirks

Wieden hat eine lang zurückreichende Geschichte, gehört aber erst seit gut 165 Jahren zu Wien. Zuvor war die Region südlich der heutigen Wienzeile eine Heimstätte für Leprakranke und arme Bevölkerungsschichten.

 

Das Wiedner Siechenhaus

Ende des 13. Jahrhunderts wurde in Wieden, ungefähr an der Stelle der heutigen Kreuzung Klagbaumgasse/Wiedner Hauptstraße, ein Spital für Leprakranke errichtet. Das Siechenhaus zum guten Sankt Job, später auch als Siechenhaus zum Klagbaum bekannt, war wichtiger Bestandteil der damaligen sanitären Versorgung und wurde von kirchlichen Würdenträgern verwaltet. Neben dem Siechenhaus wurde daher auch eine kleine Kapelle errichtet, die ebenfalls dem Heiligen Job bzw. Hiob gewidmet war.

Der Klagbaum an der Wiedner Hauptstraße (c) STADTBEKANNT Mallmann
Der Klagbaum an der Wiedner Hauptstraße (c) STADTBEKANNT Mallmann

Der Klagbaum zu Wieden

Vor der Kapelle des Siechenhauses stand damals eine stattliche Linde. Es ist überliefert, dass nächtens schreckliche Klagelaute zu vernehmen waren und keine lebende Seele wagte, sich ihr nach Einbruch der Dunkelheit zu nähern. Doch eines Tages brach ein mutiger Pfarrer auf, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Als er sich mit seinen Begleitern der Linde näherte, sahen sie einen finstren Schatten unter der Linde und grässliche Laute drangen ihnen durch Mark und Bein.

 

In tiefer Trauer

Einzig der Pfarrer schritt nun noch voran. Doch kaum hatte er den Schatten erreicht, ergriff ihn dieser und zog ihn in die Dunkelheit. Als der Morgen graute, erschien der Pfarrer den Gefährten wieder und berichtete von einem melancholischen Ritter, dessen Namen er nicht nennen dürfe. Dieser würde jede Nacht ausziehen und unter der Linde sein Leid über das Elend in Wieden klagen. Freilich glaubte man ihm nicht und wähnte ihn fortan im Pakt mit dem finsteren Geist des Baumes. So erhielt die Linde den Namen Klagbaum, von dem heute noch die Klagbaumgasse zeugt. Des Weiteren findet sich am Haus Wiedner Hauptstraße 44 eine Darstellung der Sage vom Klagbaum.

 

Abgebranntes Haus

An der Großen Neugasse 1 findet sich über dem Eingang die Bezeichnung Abgebranntes Haus. Es kursiert die Geschichte, dass hier einst ein Spielsalon ansässig war, in dem Maria Theresia so manch große Summe verlor. Bei dieser Geschichte handelt es sich aber, aller Wahrscheinlichkeit nach, um ein klassisches K.u.K.-Geschichterl. Viel eher ist davon auszugehen, dass sich hier bis zum 19. Jahrhundert eine Armensiedlung mit dem Namen Abgebranntes Haus befand. Die Große Neugasse 1 ist vermutlich eines der ersten bürgerlichen Häuser, die an Stelle der ehemaligen Siedlung errichtet wurden. Die arme Bevölkerung wurde zu jener Zeit zunehmend ins heutige Margareten verdrängt und ihre einstigen Behausungen abgerissen. 1850 wurde Wieden schließlich eingemeindet und 1861 Margareten als eigenständiger Bezirk von Wieden abgetrennt.

 

STADTBEKANNT meint

Wieden erfreut sich heute großer Beliebtheit und gilt zurecht als einer der wohnlichsten Bezirke Wiens. Hinweise darauf, dass hier einst Seuchen bekämpft und Geister gejagt wurden, kann der aufmerksame Spaziergänger immer noch finden.

Fotos

Keine Bewertungen

Bewertung “Vom Siechenhaus zum Hipstergrätzl”

Bewertung
Bewerten