3. Februar 2012

Turbo Boost für die Öffis

Platz ist in einer Stadt immer knapp, sonst wäre es schließlich keine Stadt, sondern ein Dorf. RadhfahrerInnen, AutofahrerInnen, FußgängerInnen und der öffentliche Verkehr brauchen alle Platz. Dieser wiederum reicht jedoch nicht aus um die Interessen aller Verkehrsteilnehmenden optimal zufrieden zu stellen. Kein Wunder also, dass die Aufteilung des vorhandenen Platzes auf der Straße von den Verkehrsteilnehmern heiß umfehdet wird.

Für die Wiener Linien steigt das Referat für Bevorrangung in den Wettstreit um den Platz ein. Der Leiter, Robert Dagl, und sein Team versuchen ein Optimum an Geschwindigkeit für die öffentlichen Verkehrsmittel herauszuholen, ohne dass den anderen Verkehrsteilnehmenden dadurch all zu große Benachteiligungen entstehen sollten.

Das sieht auch der Masterplan Verkehr der Stadt Wien vor, der eine „Bevorrangung des öffentlichen Verkehrs“ als Ziel festschreibt. Schließlich sind mit den Öffis täglich mehr WienerInnen unterwegs als mit jedem anderen Verkehrsmittel und nicht zuletzt der Umwelt zu Liebe sollen es noch mehr werden. Um das zu erreichen, müssen die Öffis schnell und vor allem pünktlich ans Ziel kommen.

Turbo-Booster für die Wiener Linien

Oft ist es schon ein hochgestecktes Ziel, die aktuellen Intervalle und Geschwindigkeiten der Öffis zu halten, da es ja immer mehr Verkehrsteilnehmende gibt und deshalb auch immer mehr Behinderungen und Verlangsamungen des öffentlichen Verkehrs.

Die zwei hauptsächlichen Maßnahmen, die zur Beschleunigung ergriffen werden, sind einerseits die Optimierung der Ampelschaltungen für den öffentlichen Verkehr, andererseits die Errichtung separater Gleiskörper um von den anderen Verkehrsteilnehmenden weniger stark behindert zu werden. Zusätzlich wurden in den letzten Jahren an den meisten Engstellen Parkplätze aufgelassen, um ein Zuparken der Öffis und hier vor allem der Busse zu verhindern.Kein Thema ist Bevorrangung im U-Bahnnetz, andere „Verkehrsteilnehmende“sind dort schließlich nicht vorgesehen.

Die Ampelschaltung

Die Wiener Ampeln reagieren zum Teil auf die Öffis. Vollautomatisch teilen diese per Funk ihre Position mit und die Ampeln „bedenken“ die Position der Öffis bei ihrer Schaltung, um unnötig lange Wartezeiten zu verhindern. Dass die Öffi-FahrerInnen selbst die Möglichkeit haben, die Ampeln umzuschalten, ist hingegen weitgehend ein Mythos. Diese Möglichkeit gibt es nur an sehr wenigen ausgewählten und besonders heiklen Stellen.

Schon am simplen Thema Ampelschaltung wird jedenfalls schnell klar, dass sich die Interessen der Wiener Linien nicht notwendigerweise mit denen aller übrigen VerkehrsteilnehmerInnen decken. AutofahrerInnen wünschen sich die grüne Welle, die Öffis auch. Da ein Auto jedoch eine gleichmäßige Geschwindigkeit hält, während Öffis durch das An- und Abfahren von Haltestellen eine unregelmäßigere Geschwindigkeit haben, kommt es zu einem unterschiedlichen Rhythmus. Hier gilt es Kompromisse zu finden. In den Bezirken und bei AutofahrerInnen gibt es außerdem die Angst, dass Parkplätze durch den Ausbau und die Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs wegfallen könnten.

Selbst mit RadfahrerInnen und FußgängerInnen ist nicht alles eitel Wonne. In stark frequentierten Fußgängerzonen kann es zu Behinderungen des öffentlichen Verkehrs durch die schiere Menge der Fußgängerinnen kommen; in engen Straßen kann die Errichtung eines Radweges dazu führen, dass AutofahrerInnen aus Platzmangel auf die Gleiskörper ausweichen müssen und solcherart ebenfalls den öffentlichen Verkehr beeinträchtigen.

Keine einfache Aufgabe also, alle Interessen unter einen Hut zu bekommen. Die Wiener Linien planen deshalb ein bis zwei Jahre voraus, wo sie Beschleunigungen des öffentlichen Verkehrs erreichen wollen. In Zusammenarbeit mit dem Bauausschuss und den Bezirken, die im Bereich der Ampelschaltungen und der Parkplätze Entscheidungskompetenz haben, wird dann ein Kompromiss gesucht.

Zuletzt wurden beispielsweise entlang der Linie 62 von der Oper bis nach Lainz die Ampeln neu geschaltet und entlang der Linie 31a Busspuren und Änderungen in der Ampelschaltung bewirkt. Die erreichbare Geschwindigkeitsoptimierung hängt jeweils von den gegebenen Bedingungen ab. Klar ist beispielsweise, dass der 13a sich niemals so beschleunigen lässt wie eine Straßenbahn entlang großer Ausfahrtstraßen, dafür ist der vorhandene Platz einfach zu stark begrenzt.

Vermieden werden sollen vor allem lange Rotphasen an Ampeln direkt vor der Station. Gerade die Erfahrung wenige Meter vor der Station durch eine rote Ampel am Aussteigen gehindert zu werden ist für viele KundInnen der Wiener Linien besonders irritierend.

Ein Beispiel aus der Praxis

Demonstriert wurde uns dieses Problem praktisch anhand der Linien 43 und 44, die an der Ecke Landesgerichts- und Alser Straße vor allem stadteinwärts im ungünstigsten Fall über 60 Sekunden auf die nächste Grünphase warten müssen. Die Fahrgäste müssen so möglicherweise wenige Meter vor der nächsten Haltestelle irritierend lange auf das Weiterfahren warten.


Die Kreuzung Alser Straße und Landesgerichtsstraße mit der Ampel die Probleme macht.

Aktuell wird daran gearbeitet, an dieser Stelle eine zweite Grünphase für die Straßenbahnen einzuschieben. Diese zweite Grünphase könnte nur wenige Sekunden lang sein und trotzdem müssen zahlreiche Umstände bedacht werden, denn diese Sekunden fehlen dann den in die Kreuzung einfahrenden AutofahrerInnen. Im schlimmsten Fall würde es zu einer Rückstauung kommen, die dann möglicherweise andere Öffi-Linien ebenfalls behindern könnte. Diese Grünphase genau so einzuplanen, dass die anderen VerkehrsteilnehmerInnen möglichst wenig behindert werden und es trotzdem zu einer Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs kommt – in diesem Fall wären bis zu 45 Sekunden Zeitgewinn möglich – ist die Herausforderung.


Auch stadtauswärts gibt es Probleme.

Herausfordernd an solch einer Maßnahme ist auch, dass zu jeder Grünphase einer Ampel auch eine Räumphase gehört. In dieser ist zwar nicht mehr grün, aber es darf auch noch nicht gefahren werden um einen sicheren Verkehr zu gewährleisten.


Die Straßenbahn wartet…

…nund wartet noch länger.

Das Thema Bevorrangung lassen sich die Wiener Linien auch etwas kosten. Für 2011 waren ca. zwei Millionen Euro vorgesehen, 2012 werden es rund drei Millionen sein. Mit diesem Geld wurde beispielsweise erreicht, dass von den rund 1.300 Ampeln entlang von Bus- und Bimlinien mehr als die Hälfte auf die Öffis abgestimmt ist. Entweder nur über zeitliche Koordination oder über Datenfunk, der es ermöglicht, dass die Ampeln „wissen“, wann die Öffis kommen.

1 Kommentar

  1. Moritz bleibt treu

    4. Februar 2012

    Am Weg zur Uni
    habe ich mich schon ziemlich oft über das ewige Ampelstehen geärgert. sehr interessant mal zu sehen woran das eigentlich liegt.

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