3. Juni 2015

Smart und vollautomatisch

U-Bahn Abgang (c) STADTBEKANNT

Ab 2023 soll Wien seine erste vollautomatische U-Bahnlinie bekommen. Die U5, die zunächst vom Karlsplatz bis zum Elterleinplatz geplant ist, soll ohne Fahrer auskommen. Damit erhält Wien ein Vierteljahrhundert nach Paris ein technisches Wunderwerk, das seit Jahrzehnten möglich wäre, aber zu Gunsten einer diffusen Angst bis dato unberührt blieb. Es schien, die Wiederkehr der kindlichen Allmacht, durch die man gelegentlich der Phantasie zutraute, leblose Dinge zum Leben zu erwecken, verhinderte den technischen Fortschritt. Die Vorstellung davon, in einer U-Bahn zu sitzen, die ohne Fahrer durch die dunklen Tunnel rast, schien bisher zu sehr mit der Ohnmacht behaftet, der seelenlosen Mechanik ausgeliefert zu sein.

Safer train

Umso mehr überrascht es, dass nun die Wiener Linien dem Aberglauben entgegen treten und ihr U-Bahnnetz modernisieren. Aber etwas unbehaglich scheint ihnen der Gedanke selbst noch zu sein. So ist es den Wiener Linien überaus wichtig zu betonen, wie sicher die vollautomatische U-Bahn sein wird. Die „smarte U-Bahn für unsere smarte City“ (O-Ton Öffi-Stadträtin Renate Brauner) soll die Wiener nicht bloß sicher von A nach B bringen, sondern auch andere Störungen des Fahrbetriebs reduzieren. Bahnsteige mit automatischen Bahnsteigtüren verhindern halt nicht bloß, dass rassistische Wiener ihre Mitmenschen auf die Gleise stoßen, sondern auch, dass ihre lebensmüden Zeitgenossen den Zugverkehr stören. Immerhin keine traumatisierten Fahrer mehr, mag man sich da denken.

Hallo Prekariat

Aber inwiefern das langsame Absterben der U-Bahnfahrer sich auf die Personalpolitik der Wiener Linien auswirkt, scheint absehbar. Auf der Seite der Wiener Linien heißt es: „Künftig sollen die Aufgaben der FahrerInnen in Richtung Fahrgäste erweitert werden und der Job serviceorientierter und abwechslungsreicher gestaltet werden. So wird auch mit vollautomatischem Betrieb Fachpersonal mit Fahrausbildung benötigt, das im Netz und in Zügen mobil unterwegs sein wird und im Störungsfall rasch vor Ort sein kann.“ Wer schon einmal als Springer gearbeitet hat, kann sich denken, was auf die ex-Fahrer zukommt. „Serviceorientiert“, „Abwechslungsreich“ und „mobil unterwegs“ sind halt doch bloß schöne Worte für spontane und stressreiche Arbeitseinsätze unter prekären Bedingungen.

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