20. Mai 2010

Rassismus ist in Österreich allgegenwärtig

Seit 10 Jahren veröffentlicht ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) nun schon den jährlichen Rassismus Report und damit die einzige qualitative Datenquelle über das Ausmaß des Rassismus in Österreich. Heuer wurden insgesamt 798 rassistische Vorfälle von ZARA registriert, 94 mehr als im vergangenen Jahr. Der Anstieg geht fast ausschließlich auf die vermehrte Meldung rassistischer Beschmierungen zurück. Alle übrigen Bereiche sind hingegen weitgehend unverändert.

Trotz der ohnehin schon großen Zahl von 798 Vorfällen ist der ZARA Report kein Überblick darüber, ob rassistische Vorfälle in Österreich zu- oder abnehmen, da es dem Verein nicht möglich ist dazu ein systematisches Monitoring durchzuführen. Weder hat man die finanziellen, noch die personellen Ressourcen dazu. Nachdem aber ein derartiges Monitoring in Österreich leider generell nicht durchgeführt wird, sind Internationale Organisationen häufig auf die Daten von ZARA angewiesen, da diese die einzigen zu diesem Themenkomplex vorhandenen sind.

Außerdem ist die Dunkelziffer bei rassistischen Vorfällen sehr hoch, nur wenige Vorfälle werden überhaupt gemeldet. Aber auch aus den von ZARA dokumentierten Fällen lässt sich herauslesen, dass Rassismus ein weit verbreitetes Phänomen in Österreich ist und es sich keinesfalls nur um Ausnahmefälle handelt, wie häufig behauptet wird.

In den letzten Jahren hat sich wenig an der Zusammensetzung der häufigsten rassistischen Vorfälle geändert. Beschimpfungen und Übergriffe, Diskriminierung am Arbeitsplatz oder bei der Wohnungsvergabe, Verweigerung des Zutritts zu Lokalen oder Geschäften, aber auch die Polizei und andere Behörden sind häufige Gründe für Beschwerden.

Die dokumentierten Fälle zeigen, wie weit verbreitet der Alltagsrassismus in Österreich immer noch ist und wie viele Menschen nichts dabei finden, andere aufgrund ihrer Herkunft oder Religion zu diskriminieren, zu beleidigen, oder gar tätlich zu attackieren.

Den Opfern hilft ZARA auf vielfältigste Weise. Einerseits werden die Angaben dokumentiert, nachdem zuvor festgestellt wird ob die Aussagen der Wahrheit entsprechen, andererseits wird den Betroffenen juristischer Beistand angeboten, wenn sie gegen rassistische Diskriminierung gerichtlich vorgehen wollen.

Darüber hinaus bietet ZARA auch Schulungen und Workshops für Schulen, Unternehmen, und interessierte Einzelpersonen an. Diese dienen der Bewussteinsbildung und sollen die TeilnehmerInnen für das Thema sensibilisieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeit von ZARA, ist aber auch die Arbeit mit TäterInnen. Einerseits da es vielen Opfern wichtig ist, eine Entschuldigung von den TäterInnen zu bekommen. Andererseits aber auch, weil es wichtig für die Bewusstseinsbildung dieser Menschen ist, mit ihren Handlungen konfrontiert zu werden.

Insgesamt hat ZARA seit seinem Bestehen 7300 rassistische Vorfälle dokumentiert. Die große Mehrzahl der Fälle die an ZARA herangetragen wird, wird von ZeugInnen gemeldet. Positiv daran ist, dass es in Österreich offenbar doch eine lebendige Zivilgesellschaft, mit zahlreichen Menschen die Rassismus nicht einfach hinnehmen, gibt. Andererseits ist es auch eigenartig, dass relativ wenig Opfer rassistische Vorfälle selbst anzeigen. Ein wichtiger Grund dafür könnte sein, dass nach einer Umfrage der Europäischen Agentur für Grundrechte, sehr viele potentiell von rassistischer Diskriminierung bedrohte Personen, keine Stelle kennen bei der sie rassistische Vorfälle melden könnten.

Die Arbeit von ZARA wurde durch das 2004 endlich beschlossene Gleichbehandlungsgesetz etwas erleichtert. Seither gibt es die Möglichkeit vor die Gleichbehandlungskommission zu gehen und dort feststellen zu lassen, ob ein Vorfall gleichheitswidrig war, oder nicht. Allerdings handelt es sich beim Urteil der Gleichbehandlungskommission um kein Gerichtsurteil. Auch wäre es in einem im Anschluss an die Feststellung der Gleichstellungskommission erfolgten Gerichtsprozess, für das Gericht nicht notwenig dem Urteil der Kommission zu folgen. Es ist lediglich genötigt zu begründen, weshalb er von der Feststellung der Kommission abweicht.

Der Weg zu einem tatsächlichen Prozess ist also relativ lang. Zumeist ist es auch ein Problem, dass es selten ZeugInnen für rassistische Vorfälle gibt. Wenn beispielsweise eine Person ein Lokal nicht betreten darf, dieser Vorfall aber von Niemandem beobachtet wird, gibt es kaum eine Möglichkeit, dass eine Klage Erfolg hat.

Kein Wunder also, dass bislang nur wenige Leute tatsächlich Klagen eingebracht haben und dabei von ZARA, der Arbeiterkammer und dem Klagsverband unterstützt wurden. Die von ZARA unterstützten Klagen wurden jedoch allesamt gewonnen.

Besondere Aufmerksamkeit erreichte ZARA mit der Kampagne gegen die „Nur Inländer“ und andere diskriminierende Inserate bei Wohnungsvergaben. Dass diese besonders offensichtliche Form der Diskriminierung inzwischen verschwunden ist, ist sicherlich ein Verdienst des Vereins. Umgekehrt heißt das natürlich nicht, dass bei Wohnungsvergaben nicht dennoch weiterhin diskriminierende Vergabepraktiken vorkommen.

ZARA steht leider finanziell auf sehr schwachen Beinen. Keine öffentliche Einrichtung, mit Ausnahme der Stadt Wien die den Verein seit Jahren fördert, unterstützt den Verein finanziell. Deshalb ist man auf Spenden, aber auch auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen. Hier könnt ihr euch darüber informieren, wie ihr helfen könnt.

Zwei erfolgreiche Klagen in den vergangenen Tagen, bei denen ein Wiener Pub Betreiber und eine St. Pöltner Disko zu Strafzahlungen verurteilt wurden, weil sie den klagenden Personen den Zutritt auf Grund ihrer Herkunft verweigerten, beweisen wie wichtig die Arbeit des Vereins ist. Denn erst wenn kein Lokalbetreiber mehr damit rechnen kann, diskriminierende Türsteherpolitik ungestraft durchführen zu können, wird diese Praxis endlich aufhören.

Den Rassismus Report 2009 könnt ihr hier als PDF downloaden.

2 Kommentare

  1. p12

    6. September 2011

    RACISM IN AUSTRIA
    I live in Austria since 11 years and know the situation very well. A fascist ideology (historically rooted in this country) conducted and controlled by right winged politicians, city councillors, media managers, bankiers and co. goes hand in hand with neoliberal capitalist opportunism which creates a discriminatory society. This social pattern of being "white, heterosexual and catholic" is implemented in a very aggressive and bureaucratic way by Viennese institutions. This racist and nationalist discrimination is an enormous tumour that paralyzes Austrian society. Austrian infrastructure is ruled by imperialistic, absolutistic and fascist laws from the past. The major problem is that Austrians don’t have something like a tradition in matters of REVOLUTIONS. Austrian history proves that almost throughout its existence it always had an anti-humanist, anti-liberal and anti-democratic form. The leftovers of the both absolutist and fascist history is a MONSTER, that feeds its energy from a modern form of slavery, where Austrian and Viennese society is governed by a pluralist parallel society. A society divided into different categories or patterns structured by NATIONALITY, GENDER, RACE, OCCUPATION, FINANCIAL SITUATION and RELIGIOUS BELIEF. As for the so called "common sense", which is the last solution in case of WAR or CONFLICT, it simply does not exist. It is almost like a criminal act itself to write, say something or even talk about this TUMOUR OF AUSTRIAN SOCIETY called RACISM in a public discourse. The only alternative left … to leave this country!!!

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  2. Ich

    11. August 2012

    Rassissmus
    Ich habe in Österreich 10 Jahre gelebt und anschliessend das Land wieder verlassen.Das Problem in Österreich ist , dass keine Integration möglich ist.Und ich bin kein Afrikaner sondern ein Weißer mit italienischen Wurzeln.Rassissmus in Österreich ist allgegegenwärtig und wird als solches in der österreichischen Politik nicht thematisiert, vielmehr wird geleugnet.Ich habe auch in Deutschland gelebt und ich kann sagen Österreich kann Deutschland nicht das Wasser reichen, wenn es um Anti- Rassissmus geht.Kann dem Vorredner nur zustimmen,bleibt nur eins, Österreich verlassen.

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