28. Mai 2010

Rache muss sein

Was auch immer ihr tut: Vergreift euch nie am kleinen Bruder eines Mannes. Ansonsten kann es euch auch bald so gehen wie den Rowdys in Blutrache!

Die Geschichte von Blutrache (im englischen Original Dead Man’s Shoes) ist schnell erzählt: Ein Soldat kehrt nach Jahren bei der Armee in sein Heimatdorf zurück. Mitgebracht hat er nur seinen Armeeseesack und eine mordsmäßige Wut auf die Junkies, die seinen Bruder in seiner Abwesenheit drangsaliert und gedemütigt haben. Sein unerbittlicher Rachefeldzug kann beginnen. 

Schön ist es nicht, wenn Richard die Mitglieder der selbsternannten Dorfmafia einen nach dem anderen umbringt. Es ist dreckig und es ist brutal. Aber wegsehen kann man auch nicht. Man will sich versichern, so schlimm und trostlos kann es doch nicht wirklich sein – es kann. Paddy Considine als Richard, der Rächer, das ist kein strahlender Held, dem sich der Zuschauer für das Gelingen seiner Vendetta die Knochen aus dem Daumen drückt. Er ist nicht einmal ein Rambo in seinem homoerotisch-ästhetischen Rausch der Brutalität. In seinem grünen Parka will so gar kein Heldenpathos aufkommen.

Dabei ist es gar nicht einmal das was Regisseur Shane Meadows zeigt, was die bedrückende Stimmung des Filmes herstellt sondern das was er alles nicht zeigt. Die echte Grausamkeit ist im Kopf.
Auch auf Gore und Geifer wird man vergebens warten, es fliegen keine Eingeweide durch die saftigen Wiesen von Derbyshire. Kalt lassen kann einen der Film trotzdem nicht. Zu stark ist der Drang wissen zu wollen, was wirklich war und nicht glauben zu wollen, dass es wirklich so sein kann. 

Die erbarmungslose Story findet ihre kongeniale visuelle Umsetzung im, zumeist für Low-Budget-Produktionen verwendeten, Super 16 Format. Nicht immer ist alles klar und einwandfrei zu sehen, der Phantasie des Zuschauers wird gruseliger Spielraum gelassen. Besonders die häppchenweisen Rückblenden zum Martyrium des kleinen Bruders in Schwarz-Weiß tragen viel zur düsteren Stimmung des Filmes bei. Hier meint es einer ernst, todernst. So ist Paddy Considine als Richard auch kein tumber Haudrauf, der die Übeltäter bei der ersten Gelegenheit zusammenfaltet und ins Jenseits schickt. Mit militärischer Präzision plant er seine an Intensität und Brutalität immer weiter anschwellenden Aktionen und beweist dabei überraschende Kreativität. Wer wäre auch nicht erschrocken darüber, von einem Irren in Militäroverall und Gasmaske geweckt zu werden? Nein, leicht haben es die Dorf-Hooligans wahrlich nicht und es will schon fast Mitleid mit ihnen aufkommen, ob der, den bloßen Demütigungen nicht wirklich entsprechenden Mordattacken. Man ahnt, dass mehr dahinter steckt…

Den Vergleich mit Vorbildern wie Taxi Driver und vor allem dem wunderbaren Wer Gewalt sät (im Original Straw Dogs) braucht Blutrache auf keinen Fall zu scheuen. Dazu tragen auch die Darsteller wie Gary Stretch als brutal-fieser Sonny und Toby Kebbell als einfältig-gutmütiger Anthony, allen voran aber natürlich der schlicht und ergreifend großartige Paddy Considine, der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, bei. Noch vor This is England lieferte Shane Meadows dieses dreckige kleine Stück Hyperrealität von der Insel ab. God save the king. 

“Blutrache – Dead Man’s Shoes” FSK 18
GB 2004
16 mm, 90 min.

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