26. September 2017

Nationalratswahl 2017: Auf den Spuren der Spitzenkandidaten in Wien

Häuser 1030 Wien (c) STADTBEKANNT

Österreichischer Politiker

Am 15. Oktober wird in Österreich gewählt und wir befinden uns mitten im Wahlkampf. Doch woher stammen die Spitzenkandidaten von SPÖ, FPÖ und Co.? Die meisten von ihnen haben Wurzeln in Wien oder zumindest etwas, das sie mit der Stadt verbindet.

 

Ein Kanzler mit Simmeringer Wurzeln

Ein waschechtes Arbeiterkind könnte man Christian Kern wohl nennen. Wuchs er doch als Sohn eines Elektrikers, der später Taxis fuhr, und einer Sekretärin in einem einfachen Mehrparteienhaus auf der Kaiser-Ebersdorferstraße auf. Im Sommer ging es in den Schrebergarten nach Groß-Enzersdorf. Einfache Verhältnisse sollen es gewesen sein, wie Kern einmal in einem Video erzählt und schießt gleich eine Schulanekdote über die notwendige Beihilfe für den Skikurs hinterher. Soziales Engagement ist ihm wohl in die Wiege gelegt worden. Zumindest lässt das seine Biografie vermuten. Dort ist über seine Mutter zu lesen, die einsame oder ärmere Nachbarn aus der Gegend zum Essen einlud: „Ich werde nie den Herrn Vitasek vergessen, der hat immer die A3-Zigaretten geraucht und davon ganz braune Fingernägel gehabt.“

Simmering (c) STADTBEKANNT
Simmering (c) STADTBEKANNT

Meidling, nicht Hietzing!

Sebastian Kurz stammt aus dem zwölften Bezirk, wo er heute noch anzutreffen ist. Maturiert hat der Häuptling der „Liste Kurz“ unweit der Meidlinger Hauptstraße im Realgymnasium Erlgasse – mit Auszeichnung. Dass er als Sohn einer Lehrerin und eines Technikers dort nicht in noblen Verhältnissen aufgewachsen ist, betonte er 2011, als er frisch zum Staatssekretär für Integration bestellt wurde, in einem Interview: „Ich bin im Zwölften aufgewachsen und in öffentliche Schulen gegangen. Im Gymnasium hatte fast die Hälfte der Leute in meiner Klasse Migrationshintergrund. Ich habe mein Leben immer als schön empfunden, aber goldene Löffel habe ich nie im Mund gehabt.“

Meidlinger Hauptstrasse (c) STADTBEKANNT
Meidlinger Hauptstrasse (c) STADTBEKANNT

Der “Bumsti“ aus Erdberg

FPÖ-Chef HC Strache ist gebürtiger Wiener und verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in der Nähe des Kardinal-Nagl-Platzes im dritten Bezirk. In der Keinergasse war es auch – so heißt es in einer seiner Biografien – wo er zum ersten Mal mit dem Zuzug fremder Kulturen konfrontiert wurde und plötzlich Kebablokale in alte Gasthäuser eingezogen seien. Dort habe sich viel verändert und das habe er auch am Geruch bemerkt: „… dass da auch, wenn man so will, jetzt vermehrt Knoblauchgerüche der Fall sind.“ Bumsti, wie er als Kind genannt wurde, kam früh ins Internat, von wo aus er die Neulandschule in Favoriten und die Hauptschule in Sterbersdorf besuchte. Bereits mit 21 Jahren wurde er zum jüngsten Bezirksrat in seinem Heimatbezirk Landstraße gewählt.

Kardinal-Nagl-Platz U-Bahn Station (c) STADTBEKANNT
Kardinal-Nagl-Platz U-Bahn Station (c) STADTBEKANNT

Weltenbummlerin in der Leopoldstadt

Ulrike Lunacek, Spitzenkandidatin der Grünen, wurde in Krems an der Donau als Tochter eines Generaldirektors in ein ÖVP nahes Haus geboren. Ihr Weg in die Schule führt sie einst schon ins Gymnasium in der Kleinen Sperlgasse. In der Leopoldstadt wohnt sie auch heute noch. Viel gibt es über ihr Aufwachsen und Leben in Wien nicht zu lesen. Als Weltenbummlerin hat es sie nach einem Auslandsjahr in den USA und dem Studium in Innsbruck 1984 dennoch nach Wien verschlagen.

Schule Gymnasium kleine Sperlgasse (c) STADTBEKANNT
Schule kleine Sperlgasse (c) STADTBEKANNT

Aus dem Ländle in die Stadt

Es gibt das Sprichwort, dass man zwar den Mann aus dem Dorf bringen kann, aber nicht das Dorf aus dem Mann. Nicht überraschend ist also, dass es den gebürtige Vorarlberger und Neos-Chef Matthias Strolz nach Mauer im 23. Bezirk, also an den Stadtrand von Wien gezogen hat. Ob er dort weiterhin Bäume umarmt oder Kastaniengedichte schreibt, bleibt uns wohl verborgen. In einem Fernsehinterview gab er diesen Sommer zu Protokoll “Niemand kennt mein Wohnzimmer und das soll so bleiben. Es wird von mir sicher keine Homestory geben.”

Dass er sich mit seiner Wahlheimat auch identifizieren kann, hat er zumindest beim Debüt der Neos in einem Interview festgehalten: “Ich bin im Herzen Vorarlberger, aber auch Wiener. Das ist der Platz, auf den ich momentan gehöre – sonst wär’ ich ja nicht da.”

Mauer Wotrubakirche (c) STADTBEKANNT
Mauer Wotrubakirche (c) STADTBEKANNT

Aus der grünen Mark in die grüne Politik

Wie es oft ist, verschlägt es viele Steirer zum Studieren in die „größere Stadt“ und somit vorbei an Graz auf dem direkten Weg nach Wien. So muss es wohl auch bei Peter Pilz gewesen sein, dessen Wiener Wurzeln auf die Studienzeit an der Universität Wien zurückführen. Eigentlich könnte man meinen, dass seine Heimatadresse am Dr.-Karl-Renner-Ring 3, dem Standort des Parlaments zu finden ist ­ – ist er doch, mit Ausnahme seiner Zeit im Landtag, dort schon seit 1986 anzutreffen. Tatsächlich wohnt er aber im Gemeindebau­ – in keinem geringeren als dem Goethehof, der allen Fans der Kult-Serie „Kaisermühlenblues“ ein Begriff sein sollte. Seinen Wohnsitz sieht er als Vorzeigebeispiel, wie er in einem Interview 2013 zur Wort gab: „Der Goethehof: Das ist gelungene Integration. Als ich einzog, wurden dort Steirer und Tiroler integriert, heute sind es Bosnier und Türken. Die Integration funktioniert hervorragend.“

 

Nicht nur über die Spuren österreichischer Politiker in Wien gibt es viel zu lesen. Ganz abseits der Touristenpfade gibt es etwa viel über die ehemaligen Adressen großer Persönlichkeiten aus der Geschichte zu erfahren.

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