5. August 2015

Nachts im Arsenal

Nächtlicher Spaziergang

Der erste Eindruck zählt hier nicht: Auf den ersten Blick wirkt der Gebäudekomplex südlich des Landstraßer Gürtels unnahbar, beinahe abweisend. Man sollte den insgesamt 31 Gebäuden aber noch eine Chance geben und sich etwas genauer mit ihnen befassen. Dann wird man merken: Hier wird in der Stille eine Geschichte erzählt.

Durchgänge Arsenal  (c) STADTBEKANNT Zohmann
Durchgänge Arsenal (c) STADTBEKANNT Zohmann

Museen erzählen

Obwohl es vielleicht so scheint – das Wiener Arsenal war ursprünglich nicht dazu da, auswärtige Feinde von der Stadt fernzuhalten. Vielmehr ging es darum, Revolutionen innerhalb Wiens entgegenzutreten und die Staatsmacht in solch einem Falle zu sichern. Der Bau begann anlässlich der Märzrevolution in den Jahren 1848/49. Während der Weltkriege fungierte es vor allem als Kaserne aber auch als Waffenfabrik und Waffendepot. Davon berichtet untertags auch das Heeresgeschichtliche Museum (das frühere k.k. Hof-Waffenmuseum) innerhalb des Komplexes, das sich des Nachts natürlich in Schweigen hüllt. Aber wir wollen zu dieser dunklen Stunde auch gar nicht mit Fakten behelligt werden – wir wollen das Gelände erkunden.

Gelände Arsenal  (c) STADTBEKANNT Zohmann
Gelände Arsenal (c) STADTBEKANNT Zohmann

Parks und Plätze schweigen

Bevor man losspaziert, kann es aber nicht schaden, der Arsenalstuben (Objekt 1) einen Besuch abzustatten. Hier werden geschichtstreu Schmankerl aus Ungarn, Böhmen, Kroatien und Südtirol angeboten. Im Gastgarten unter Arkaden lässt es sich bis 22:00 Uhr (Di-Sa) speisen. Danach kann gut gesättigt mit dem Verdauungsspaziergang zwischen den flüsternden Bäumen begonnen werden. Glücklicherweise sind die Wege beleuchtet, so wirkt die Stille nicht ganz so gespenstisch: Kein Aufschlaggeräusch dringt von den verlassenen Tennisplätzen, auf denen untertags das Angebot von Happy-Hour- bis Open-End-Saisonstunden reicht. Dahinter bauen sich gebieterisch die Backsteinbauten des romantischen Historismus auf, durchlöchert von schwarzen Fenstern.

Tennisplatz Arsenal  (c) STADTBEKANNT Zohmann
Tennisplatz Arsenal (c) STADTBEKANNT Zohmann

Ein Turm drängt sich auf

Und noch jemand macht auf sich aufmerksam – und das darf er, ragt er doch stattliche 155 Meter in die nächtliche Höhe: Bei dem freistehenden Stahlbetonturm handelt es sich um den Funkturm, ein markantes Bauwerk im Süden Wiens, das 1975 fertiggestellt wurde.
Als Antennenstandort für Richtfunkstrecken sorgt er für den Transport digitaler Datenpakete – unromantisch und funktionell ist er also. Dank seiner aufregenden Beleuchtung ist er aber auch markant und schön und wird damit nicht selten zur Touristenfalle: Er ist nicht öffentlich zugänglich und versperrt sich jenen Auswärtskommenden, die eigentlich den Donauturm aufsuchen wollten.

Funkturm Arsenal (c) STADTBEKANNT Zohmann
Funkturm Arsenal (c) STADTBEKANNT Zohmann

STADTBEKANNT meint

Das Wiener Arsenal ist des Nachts gespenstisch und schön zugleich. Verlassen und gut beleuchtet bietet es außerdem die Möglichkeit für eine nächtliche Foto-Tour, auf der ein (bau-)geschichtlich interessierter Fotograf bestimmt auf seine Kosten kommt. Kosten kann er zuvor auch die Speisen der Arsenalstuben, denn mit vollem Magen lassen sich die Parkwege zwischen den dichten Bäumen und die Stimmung der imposanten Bauwerke gleich viel besser genießen. Hier wird wieder einmal deutlich: Was untertags Raum für Aktivitäten bietet – vom Museum bis zum Tennissport – kann auch des Nachts mit passiver Schönheit überzeugen.

1 Kommentar

  1. franz51

    20. Juli 2016

    Ja, schön. Nur blöd, dass zeitweise die Mehrzahl der Lampen defekt ist und man nicht weiß, in welches Loch in den desolaten Wegen man stolpern soll. Und das Auto sollte man dort lieber nicht abstellen (sofortige Besitzstörung garantiert)

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