Ein geheimer Garten, ein bisschen Frankreich, ein Hauch DIY, frischer Designerwind und eine alte Pferdefleischerei: zwischen Schottentor und Spittelau erheben sich prächtige Gründerzeithäuser fast majestätisch, um der Liechtensteinstraße Platz zu machen. Abseits und doch im Zentrum erstreckt sie sich von einem Punkt zum anderen, belebt doch ungezwungen und stets in ihrem Tempo im Fluss des Tagesgeschehens.

Vom Schottentor zum Bauernfeldplatz

Wir starten unsere Erkundungstour am Schottentor. Doch nicht im Jonas Reindl oder gar oben am Ring, nein schon fast versteckt am anderen Ende der Unterführung bei der U4, wo man sich normalerweise ärgert, wenn man sich beim Einsteigen in die U-Bahn mit der Seite geirrt hat und die ganze Station abgehen muss. Diesmal sind wir richtig. Nämlich am oberen Ende der Liechtensteinstraße.

Dort angekommen ist unsere erster Halt der Beweis, dass Gerechtigkeit einen Sinn macht. Im Wiener Deewan gibt es pakistanisches Essen und davon so viel man essen kann. Dazu gibt es Leitungswasser. Nun, hier fängt es mit der Fairness ja schon an. Die Gerechtigkeit kommt jedoch vor allem in der Preispolitik zu Tage. Jeder zahlt soviel er möchte. Und das Konzept funktionert. Wer möchte denn auch schon als Schnorrer dastehen?

So, wir sind zwar satt, aber für Süßes ist doch immer noch Platz, oder? Gut also, dass wir uns nur ein paar Meter weiter runterrollen müssen, ehe wir in der Cup-Cakes Manufaktur gelandet sind. Dort türmen sich die neuesten Backtrends in Form von Cup Cakes, Cake Pops und Cake Balls sowie Motivtorten zu allerlei Anlässen. Und die lassen sich am ehrwürdigsten ganz kitschig-königlich auf den lila silber Thronsesseln im Geschäft genießen.

Ein paar Verdauungsschritte weiter, halten wir inne und bestaunen ein altes Biedermeierhaus aus 1781, das mich seit Kindertagen fasziniert, weil es nicht nur platzmäßig heraussticht. Es ist total schäbig, aber scheinbar nicht unbelebt, da in seinen Fensterläden Leintücher und Blumentöpfe angerichtet sind. Über der Holzpforte ruht ein Heiligenbild und alte Schilder verweisen auf seine ursprünglichen Daseinszwecke. Lager, Rechtsanwalt, Fenster- und Zimmerputzer sowie Pferdefleischhauer ist da zu lesen. Ein Stück Wien zum liebhaben!


Der Bauernfeldplatz

Langsam wird jedoch fraglich, ob wir uns überhaupt noch in Österreich befinden oder nicht doch schon in Frankreich, schleichen sich schließlich von allen Seiten französische Laute in unser Gehör! Naja nennen wir es einfach Petit Paris. Es befinden sich hier ja die französische Schule, eine französische Buchhandlung in Schiffform – das Bateau Livre, und das kleine Theater Studio Molière für Frankreichfans. Und auch französische Schuhe gibt es da zu kaufen, nämlich bei Anne Morel. Kein Wunder zudem, dass sich in der süßen Patisserie und Bäckerei Naschsalon die Tarte au Citron höchster Beliebtheit erfreut.

Und die schmeckt wohl besonders gut auf einer Parkbank in der Sonne am Bauernfeldplatz, wo das Treiben seinen Schnittpunkt findet. Schön zu beobachten ist das Getummel übrigens auch durch die großen Fensterscheiben im neuen Rochus, dem Schwesternlokal des Rochus im Dritten.


Bis zur Spittelau

Bis zur Spittelau ist es noch ein weiter Weg. Und den fangen wir gleich mit Arbeiten an. Also für manche ist es das, für andere aber ist es Entspannung pur, wenn man bei made by you seiner Kreativität mit dem Bemalen von Frühstücksschüsserln, Möbelknöpfen oder Figürchen freien Lauf lassen kann. Es macht Spaß und wenn man sich von den Objekten trennen kann, dann freut sich auch bestimmt der Beschenkte darüber, zumindest über die investierte Zeit und Mühe.

Kreativität auf höherem Niveau kann man sich einen Steinwurf entfernt im Palais Liechtenstein ansehen. Besonders aufregend ist hier auch der Liechtensteinpark, der sich links hinter dem Palais ganz unvermutet auftut. Es ist wie eine Remineszenz an Burnetts Geheimen Garten.

Auch wenn es sich nicht danach anhört, ist das Singvögel, Rückwärts und Co. schon auf der anderen Seite der Alserbachstraße weder Park noch Tiergeschäft, sondern einfach nur ein Beisl mit Murauer Bier, Fahrrdparkplätzen, Jausn und Wachhunden. Gemütlich, bodenständig und persönlich!

Tiere werden in der Liechtensteinstraße aber auch verkauft. Und zwar Fische und andere Wasserbewohner sowie Terrarientiere im Aquarium Wien. Dieser Standort steht übrigens schon seit 1955 in engem Zusammenhang mit Tieren. Damals befand sich dort ein Zoofachhandel, später wurden gar Totenkopfäffchen verkauft. Seit über zehn Jahren haben hier nun aber Nemo, Kaa & Co. Einzug gehalten.

Schon fast bei der Spittelau, gönnen wir uns noch eine Shisha auf einem bunten Ledersitzsack im afrikanischen Restaurant Sagya. Spannend hören sich übrigens die angebotenen Kochkurse an, die versprechen Einblicke in die afrikanische Kochkunst zu gewähren.

Nach all den kulinarischen, melancholischen, französischen, kreativen und tierischen Erlebnissen, können wir uns schließlich leicht von Apfeltabak benebelt in den D-Wagen kuscheln und langsam wieder Richtung Schottentor tuckern.

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    exus

    Danke!
    Schön hast du das geschrieben… macht lust zum rausgehen und erkunden

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      christina

      danke! dann Mal auf zum Schottentor!

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