16. Mai 2010

Kaffee gegen Tee, das ist Härte

Abwarten und Tee trinken war gestern. Während US-Präsident Barack Obama im Kongress weiterhin gegen republikanische Bedenken und für seine Gesundheitsreform rang haben nun auch andere gesellschaftspolitisch liberale Amerikaner den Kampf aufgenommen. 
Die Coffee Party USA hat sich als Antwort auf die rechtskonservative, teils chauvinistische Tea-Party-Bewegung gegründet. Wo diese Hass auf Regierung und alles ihrer Ansicht nach „unamerikanische“ predigen, wollen die Kaffeetrinker im Dialog mit der politischen Administration in eine bessere Zukunft starten.
Was beide Bewegungen eint sind die Unzufriedenheit mit dem momentanen Zustand des Landes und ihre unklaren Zielsetzungen. Während sich jedoch die meisten selbsternannten Tea-Party-Patrioten noch auf eine grundlegende Staatsfeindlichkeit und Angst vor dem zu tiefen Steuergriff in die BürgerInnentasche einigen können herrscht bei der Kaffeefraktion noch weitgehend Orientierungslosigkeit.

“Lasst uns eine Coffee Party gründen. Eine Smoothie-Party. Red-Bull-Party. Alles außer einer Tea-Party. Lasst uns zusammen Kaffee trinken und einen politischen Dialog führen”, mit diesem Facebook-Eintrag trat die Dokumentarfilmerin Annabel Park Anfang Jänner eine wahre Lawine der Unterstützung los. Bereits nach kurzer Zeit hatte die Facebook-Gruppe „Join the Coffee Party“ bereits mehr UnterstützerInnen als die TeetrinkerInnen und notieren nun schon bei über 170.000.
Enttäuscht zeigten die sich vor allem von der lange Zeit fehlenden Umsetzung der Reformen, die Präsident Obama vor seiner Wahl noch vollmundig versprochen hatte. Es herrscht Stellungskrieg in Washington, auch wenn die Gesundheitsreform, Herzstück von Obamas innenpolitischer Agenda nun im Repräsentantenhaus durch ist wollen zwölf US-Bundesstaaten eine Verfassungsklage dagegen einreichen und die Senatsabstimmung so schwer wie möglich machen.

Die letzten Wahlerfolge der Republikaner sowie die landesweite Fundamental-Opposition der Teekessler werden die Gesundheitsreform zwar wohl nicht mehr aufhalten können, aber für die Kongresswahlen im Herbst verheißen sie wenig Gutes für gesellschaftlich liberale Kräfte in den USA.

In dieser Situation wollte die Kaffee-Partei ein Zeichen gegen diesen Stillstand setzen: „Wir sind ein spontaner und kollektiver Ausdruck unseres Wunsches eine Kultur der bürgerlichen Aktivität die lösungsorientiert und nicht darauf abzielt jemanden zu beschuldigen.“
Sie seien weder links noch anderswie ideologisch orientiert sondern einfach nur amerikanisch.

Bis jetzt also viel Zuspruch für wenig Konkretes. Während die Tea Party ihre programmatische Heterogenität noch mit massenhafter Organisation überdecken kann, steht es der Kaffee-Fraktion noch bevor den Einfluss und die Größe ihres Bündnisses außerhalb des Cyberspace zu beweisen.
Zusammenschlüsse ohne wirkliches Programm können ihre Triebkraft nämlich auch schnell wieder verlieren, wenn die Reizfigur die sie eint nicht mehr zieht. Im Moment reicht’s noch da zu sein und zu zeigen dass nicht alle in Amerika der kollektiven Staatsfeindlichkeit, dem religiösen Fundamentalismus und der Klimaignoranz anheim gefallen sind, doch werden sie sich in der Zukunft auch programmatisch beweisen müssen.
In diesem Dilemma sind ihre Gegner schon mitten drin und können durch ihren Umgang damit vielleicht auch einen Ausblick auf die Zukunft der Coffee Party geben.
Denn ob Ultrareligiöse und orthodoxe Marktliberale, oder verquere Verschwörungstheoretiker bald noch gemeinsame Tee trinken wenn es um mehr geht als Obamas Reformen zu verhindern dürfte spannend sein.

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