15. Januar 2010

Ist Facebook unsere Privatsphäre wurscht?

Was bringen sie, was können sie und sind sie böse?
Fünf Monate nachdem Facebook neue Privacy-Einstellungen angekündigt hat, werden diese nun auch tatsächlich implementiert. Bei mir war’s schon soweit, aber nachdem Facebook inzwischen mehr Einwohner als die USA hat, 350 Millionen gegenüber 300 Millionen, dauert es noch ein bisschen bis tatsächlich jede/r UserIn die Möglichkeit erhält seine Privacy Einstellungen neu festzulegen.
Auf die häufig vorgebrachte Beschwerde, dass Facebooks Privacy-Einstellungen viel zu kompliziert und umständlich sind, ist der Konzern diesmal tatsächlich eingegangen. Es
fällt auf, dass die Privacy-Einstellungen tatsächlich sehr viel einfacher und übersichtlicher geworden sind. Auch wurden die leidigen regionalen Netzwerke entfernt, die bei uns weniger Thema sind, in etlichen Ländern aber dazu führten, dass private Informationen von Usern mit regionalen Netzwerken, die manchmal ganze Städte umfassten, geteilt wurden. Auch gibt es endlich die Möglichkeit für einzelne Statusmeldungen, Photos, Videos etc. zu definieren wer aus der eigenen Freundesliste diese sehen kann und wer nicht. Das diesmal tatsächlich jede/r UserIn den neuen Einstellungen zustimmen muss und diese somit gezwungen sind sich tatsächlich mit ihren Privacy-Einstellungen auseinander zusetzen, ist eine weitere positive Entwicklung.
Nicht alles Gold was glänzt
Neben diesen zweifellos positiven Veränderungen gibt es jedoch auch einige negative Aspekte an den neuen Privacy Einstellungen. So hat Facebook eigene Vorschläge an die User wie sie ihre Privatsphäre einstellen sollen. Und da sind wir wieder beim leidigen Opt-In /Opt- Out Thema. Die meisten Menschen tendieren dazu Themen, deren Relevanz für sie nicht sofort ersichtlich ist, nicht oder nur wenig zu beachten. Das beste Beispiel sind Privatsphäre-Einstellungen. Eine kleine Minderheit beschäftigt sich mit dem Thema, macht Druck in Richtung besserem Schutz der Privatsphäre und stellt manuell alle Einstellungen so passend wie möglich ein. Ein Großteil der User übernimmt jedoch die vorgegebenen Einstellungen.
Wenn automatisch ein sehr hoher Schutz der Privatsphäre eingestellt ist und dieser manuell zurückgefahren werden muss (Opt- Out) werden nur wenige User tatsächlich auf ihre Privatsphäre verzichten. Wird jedoch eine sehr reduzierte Privatsphäre angeboten und die User müssen diese erst manuell herstellen (Opt-In) werden das ebenfalls nur sehr wenige Menschen tun. Facebook hat deshalb eine große Verantwortung welche Einstellungen sie den Usern empfiehlt. Leider hat man sich dazu entschlossen den Usern zu empfehlen fast alle Daten für fast alle Personen sichtbar zu machen. Facebook wird sich somit sehr viel stärker in Richtung eines Netzwerkes in dem sehr viele Personen sehr viele Informationen mit allen teilen verwandeln. Wie dies heute schon bei anderen Social Networks wie StudiVZ der Fall ist. Das ist gut für Facebook die so wieder auf Twitter im Rennen um die Krone bei der Echtzeit Internet Suche aufschließen, aber schlecht für uns, die User.
Letztlich hat zwar jede/r selbst in der Hand welche Informationen mitgeteilt werden und wer, was, wann über eine/n lesen kann, aber die Voraussetzung dafür ist Facebooks Empfehlungen nicht zu übernehmen und statt dessen eigene Einstellungen vorzunehmen. Aber nur mit Interesse für das Thema und einer ausreichenden Beschäftigung damit, ist das machbar.
Die Empörung über die neuen Privacy Einstellungen ist bereits groß und kann schon auf erste Erfolge verweisen. Facebooks Plan die eigene Freundesliste für alle anderen Menschen einsehrbar zu machen, musste verworfen werden. Auch gibt es jetzt die Option im eigenen Profil zu definieren, ob auf Facebook eingeloggte User die Freundesliste auf deinem Profil sehen können oder nicht.
Weitere Ärgernisse
Im Gegensatz zur Freundesliste wurden andere Änderungen durch die neuen Privacy Einstellungen bislang nicht zurück genommen. So gehören die Seiten von denen man Fan ist nun zur für alle öffentlichen Information. Wenn man das nicht möchte muss man in Zukunft aus Fangruppen, von denen nicht jede/r wissen soll wohl austreten. Auch die Facebook Applications wissen in Zukunft mehr über uns, als uns möglicherweise recht ist. Konnte man bisher Applications daran hindern irgendwelche Informationen über eine/n Selbst zu erhalten, erhalten sie nun sämtliche öffentlich zugänglichen Informationen.
Insgesamt werden die neuen Facebook-Privacy-Einstellungen die Privatsphäre der aller meisten User deutlich reduzieren. Auf der Haben-Seite steht zwar, dass es nun sehr viel einfacher ist den eigenen Persönlichkeitsschutz einzustellen. Auf der sehr viel größeren Soll-Seite steht aber, dass dies nicht bei alle Informationen der Fall ist und, dass ohne eigene Einstelllungen vorzunehmen die Privatsphäre nun sehr viel schlechter geschützt ist.
 

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