15. April 2012

Habemus Papam – Das Kreuz mit der Kirche

Der Papst auf Besuch in Deutschland, genauer gesagt in Berlin. Das Oberhaupt der Kirche wagt sich in einen der wohl explosivsten Meltingpots Europas, um dort zu segnen, zu predigen und schließlich sogar vor dem Bundestag zu sprechen. Der Papst als Popstar im Stadion und als politischer Redner im Plenarsaal.

Während in Österreich über Kruzifixe in Volksschulen diskutiert wird, steht der Papst im deutschen Bundestag. Wer erwartet hat, Benedikt XVI. würde sich in einer medienwirksamen Hauruckaktion zu Reizthemen wie gleichgeschlechtlicher Partnerschaft, der Rolle der Frau in der Kirche oder Aids und Abtreibung sowie Verhütung hinreißen lassen, der wurde enttäuscht. Auch zu den zahlreichen Missbrauchs-Skandalen der jüngeren Vergangenheit äußerte er sich nicht. Plakative Argumentationen, die womöglich weiter die Ressentiments gegen ihn schüren und die Feuilletons füttern würden, gab es also nicht. Der Zeitgeist fordert dies aber vehement. Stattdessen steht uns ein Mann gegenüber, der unbestritten ein hohes Maß an Intellekt mit sich bringt und genau zu wissen scheint, auf welch dünnem Eis er sich hier bewegt – war doch im Vorhinein die Rede davon, dass die Trennung zwischen Staat und Kirche durch seinen Auftritt im Rahmen des deutschen Bundestags unmittelbar in Gefahr sei.

Auch deshalb blieben über 50 Sitze im Bundestag leer. Eine Hand voll Abgeordneter schloss sich zu einem geschlossenen Boykott gegen den Pontifex zusammen und blieb der Rede fern. Um dem Tenor der Kritiker den Wind aus den Segeln zu nehmen, äußerten sich die Befürworter dahingehend, dass sie argumentierten, der Papst sei auch als ein Staatsoberhaupt eingeladen. Das stimmt zwar, jedoch wird er zum einen nicht als solches von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen, zum anderen behauptete er selbst, er sei zu dieser Rede in erster Linie als Papst und Bischof von Rom geladen, also als oberster Vertreter der katholischen Kirche und nicht als Staatsmann. Dieser Umstand sorgte für eine Welle der Empörung.

Natürlich ist es bequem, sich im Moment gegen die Kirche zu brüskieren und zu wettern, ist es doch ein Leichtes, einen am Boden Liegenden noch in die Nieren zu treten. Jedoch sollte Kritik aufgrund von Fakten und Argumentation passieren. Eine prinzipielle Diskreditierung der Kirche ohne sachliche Diskussion ist sicher nicht ratsam.

Die Rede – Politisch? Nein! Widersprüchlich? Ja!

In seiner Rede über die Fundamente des freiheitlichen Rechtsstaates, stellt der Papst allerlei Überlegungen zu den Grundlagen des Rechts, der Menschenwürde und der Natur beziehungsweise der Vernunft an. Vor allem die Natur und die Vernunft ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Rede des Pontifex. Dabei spricht er auch von der Natur des Menschen, welche einem jeden Individuum innewohnen soll und nicht manipulierbar ist. Wenn dem so sei und die Natur des Menschen wirklich nicht manipulierbar ist, wieso wird dann Homosexualität bis heute von der Kirche nicht anerkannt und stattdessen von der „Zerstörung des Werks Gottes“ gesprochen? Was denn nun diese Natur im Sinne der Kirche sei, führt Benedikt XVI. vermutlich bewusst nicht aus, um nicht in das Kreuzfeuer der Kritik diverser Medien und Organisationen zu kommen.

In weiterer Folge fallen auch Allerwelts-Phrasen wie die Gleichheit aller Menschen und die Erkenntnis der Unantastbarkeit der Menschenwürde. Zwei Argumentationsmuster, welchen man als aufgeklärter, humanistisch geprägter Mensch durchaus so beipflichten könnte, wären da nicht die zwei Gesichter des kirchlichen Oberhaupts. Dass mit der Gleichheit aller Menschen vor allem die Gleichheit aller Männer gemeint ist, versteht sich in der patriarchalischen Struktur des Vatikan von selbst, jedoch werden die Thesen spätestens dann ad absurdum geführt, wenn es um das leidige Thema der Verhütung geht. Wenn etwa in seinem Buch „Licht der Welt“ (erschienen 2010) erstmalig die Rede davon ist, Kondome zu erlauben, dabei aber einzuschränken sei, dass dies wohlgemerkt nur für männliche Prostituierte gelten würde. Dem Rest der Bevölkerung wird dagegen das ewige Fegefeuer angedichtet.

Natürlich wurde auch wieder kräftig in der Geschichte Deutschlands gewühlt und die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus als Bewahrer des Richtigen und Gerechten erkoren. Selbstverständlich lobenswert, diesen tapferen Männern posthum die Ehre zu erweisen und sie in der Rede zu erwähnen, jedoch muss man sich auch im Klaren sein, dass Papst Bendedikt XVI. sich bis heute nicht dezidiert von der traditionalistischen und fundamentalistischen Piusbruderschaft abgewendet hat, welche in ihren Reihen auch Holocaust-Leugner wie Richard Williamson beherbergen. Dieser bestreitet die Gaskammern im Dritten Reich bis heute. Genau dieser Bruderschaft reicht Benedikt XVI. nun die Hand zur Versöhnung. Als ersten Schritt hob er bereits 2009 die Exkommunikation des Piusbruders Bischof Richard Williamson auf. Mit der Duldung und der Anbandelung an die Piusbruderschaft holt man sich eine antisemitische und islamfeindliche Ideologie ins ohnehin schon wackelige Boot, welche sich vollkommen gegen die Argumentation des Papstes stellt. Unter diesem Aspekt klingt Benedikts Appell für die Oppositionellen von damals fast wie eine Verhöhnung.

Was nun?

Man muss kritisch hinterfragen dürfen, warum sich ein Kirchenoberhaupt, abgesehen von der teils widersprüchlichen Argumentation, auf politischem Parkett scheinbar gemäßigt und aufgeklärt präsentieren darf. Verstoßen solche Auftritte nicht womöglich sogar gegen die Neutralität des Parlaments gegenüber der Kirche? Es geht vor allem um die Frage der Legitimation, dass der Träger eines geistlichen Amtes vor einem politischen Plenum sprechen darf. Wie würde sich ein Christoph Schönborn inmitten einer politischen Debatte machen? Es ist auch diese Zweischneidigkeit, welche seit jeher der Kirche anhaftet und auch aufgrund solcher stilisierten Auftritte noch länger an ihren Kutten hängen bleiben wird. Dies ist auch der Grund, warum die Kirche als Institution auch in Zukunft nicht ohne kritische Stimmen auskommen kann.

(PDK)

2 Kommentare

  1. oha....

    24. September 2011

    papst…
    starker tobak, aber leider wahr !

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  2. Miroslav

    24. September 2011

    Na den brauch ma ned
    Soll ruhig in Deutschland bleiben,einen Besuch in Österreich bitte auslassen. Besten Dank!

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