25. April 2014

Filmkritik: Snowpiercer

METRO Kinokulturhaus (c) STADTBEKANNT

Wir sitzen alle im selben Zug nach Nirgendwo. Nur die Reiseklassen sind unterschiedlich.

Der Südkoreaner Joon-ho Bong, durch den Monsterfilm The Host zu internationaler Bekanntheit gelangt, ist dafür bekannt, in seinen Filmen phantastische Elemente mit Sozial- und Gesellschaftskritik zu verbinden. Sein neuestes Werk Snowpiercer bildet dabei keine Ausnahme und bietet darüber hinaus starbesetzte Action vor postapokalyptischem Hintergrund.

Klimakatastrophe und Klassenkampf

In naher Zukunft hat der Versuch, die Erderwärmung zu stoppen zu einer globalen Eiszeit geführt, die den gesamten Planeten unter dicken Eis- und Schneemassen begraben hat. Die letzte Zuflucht einiger weniger ist der Snowpiercer, ein von einem Perpetuum mobile angetriebener Zug, der alle Kontinente durchfährt. Er trotzt den extremen Außentemperaturen, indem er immer in Bewegung bleibt, im Inneren des Zuges herrschen hingegen starre hierarchische Strukturen. Während die privilegierten Passagiere im vorderen Zugteil im Luxus baden, leben die Menschen im hinteren Zugteil in Elend und Unterdrückung. Doch der Pöbel lehnt sich eines Tages auf und hat nur ein Ziel: bis an die Zugspitze zur Maschine kommen und die Kontrolle darüber erlangen.

Snowpiercer führt auf engem Raum vor Augen, was global gesehen allgemein gültig ist: ein kleiner Teil schöpft Kapital und Macht aus dem großen Rest der Menschheit, der ums nackte Überleben kämpft und mit seiner Armut und Ohnmacht für den Wohlstand der wenigen zahlt. Die Klimakatastrophe hat in diesem futuristischen Setting nicht dazu beigetragen, dass die Menschheit näher zusammengerückt ist, sondern hat die Klassengrenzen sogar noch verstärkt.

Action trifft auf Drama und bildgewaltige Metaphorik

Joon-ho Bong inszeniert das Aufbegehren der Unterdrückten als packend metaphorisches Actiondrama, in dem schonungsloser Realismus auf surreale Bildgewalt trifft. Diese Mischung ist zwar nicht immer ganz überzeugend, wenn die symbolträchtige Bildsprache etwas zu dick aufgetragen erscheint und die Figuren im Film mehr als skurrile Vertreter einer bestimmten Idee, denn als Menschen aus Fleisch und Blut auftreten.

Bong schafft es aber trotzdem, aus dem scheinbaren Kontrast von Surrealismus und actiongeladenem Realismus ein stimmiges Gesamtbild zu verweben, das fesselt und beeindruckt.
Das bedrohlich-dystopische und dennoch malerische Setting, die surrealen Bildwelten und die spannende Inszenierung lassen die Schwächen des Films in den Hintergrund treten und machen Snowpiercer zu einem packenden Actiondrama, bei dem hinter den visuellen Schauwerten auch noch eine Botschaft mitfährt, die durchaus zum Nachdenken anregt.

Snowpiercer
Regie: Joon-ho Bong, Drehbuch: Joon-ho Bong, Kelly Masterson
Darsteller: Chris Evans, Tilda Swinton, John Hurt, Jamie Bell, Kang-ho Song, Ed Harris, Octavia Spencer
Laufzeit: 126 Minuten, Kinostart: 25.4.2014

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