26. Juni 2014

Filmkritik: No Turning Back

METRO Kinokulturhaus Kinosaal (c) STADTBEKANNT

“Make one little mistake and the whole world comes crashing down” – diesen Satz spricht Ivan Locke in sein Autotelefon, als er, ohne Rücksicht auf Verluste, nach London hetzt.

Locke (Tom Hardy) steigt nach der Arbeit in sein Auto und fährt durch die Nacht. Krank und von der Arbeit gestresst, wird sein zuvor noch perfekt erscheinendes Leben durch einen unerwartenden Anruf plötzlich komplett auf den Kopf gestellt. Getrieben von einer Fügung des Schicksals, die seine Zukunft komplett verändern wird, telefoniert er während der Fahrt mit verschiedenen Personen – darunter seine Kinder, seine Ehefrau, seinem Chef und Mitarbeiter – und versucht mit allen ihm gerade zur Verfügung stehenden Mitteln, die Kontrolle über sein momentanes Dasein zu behalten. Dieses scheint ihm jedoch mit jedem weiteren Anruf langsam aber sicher aus den Fingern zu gleiten: Für Locke beginnt ein Wettrennen gegen die Zeit und der Kampf um seine Existenz.

One Man Show

Als Protagonist im Film übernimmt Tom Hardy (Bronson, Warrior, The Dark Knight Rises) nicht nur das Lenkrad, sondern damit auch die alleinige Führung des Films. Ruth Wilson (Lone Ranger), Olivis Colman (Hyde Park am Hudson), Andrew Scott (Sherlock) und einige mehr werden lediglich die Rollen der Anrufer, die das Publikum niemals zu sehen bekommt, zugesprochen. Steven Knight (Redemption, Eastern Promises) hat das Drehbuch von No Turning Back (Originaltitel: Locke) verfasst, übernimmt zugleich die Regie und verlässt sich ganz auf das schauspielerische Talent seines Hauptdarstellers, der das Auto für keinen Moment verlässt. Hardy bleibt die meiste Zeit im Fokus der Kamera. Auflockerung liefert Knight nur durch einige Kamerafahrten neben dem Auto, über die Fahrbahn und (selten) über die nächtliche Landschaft.

Tom Hardy – mehr bekommt der Zuseher bei No Turning Back nicht zu sehen. Wer nicht mehr will oder braucht, wird zufrieden aus den Film gehen, denn natürlich hält der talentierte Hauptdarsteller auch in seinem neuesten Film den Erwartungen stand. Wer etwas genauer hinblickt und sich mit der dramaturgischen Konstruktion auseinandersetzt, wird einige Lücken erkennen, die auch ein fähiger Schauspieler nicht zu füllen vermag.

Minimalismus ist nicht alles

In Sachen Dramaturgie ist No Turning Back zeitweise überraschend schwach: Die räumlich eingeschränkte One-Man Show schafft es nicht, die mühsam aufgebaute Spannung auf durchgehend gleichem Niveau zu halten und so das Publikum zu fesseln. Zu irritierend und unlogisch sind dabei die Versuche, dem Protagonisten ein Gesicht zu geben und so zu erklären, warum er so egoistisch und getrieben handelt. Darunter fällt unter anderem eine entscheidende Szene, die den Konflikt, den Ivan Locke mit sich selbst im Selbst- und Zwiegespräch als sein eigener Vater austrägt, erklären soll.

 

Minimalismus ist im Fall von No Turning Back leider nicht alles. Ein talentierter Hauptdarsteller eines Kalibers von Tom Hardy allein reicht nicht aus, um einen rundum mitreißenden, involvierenden Film zu schaffen – hier hätte Regisseur Steven Knight schon weitere Ideen abseits der ungewöhnlichen Reduktion aller filmischen Mittel aufbringen müssen.

 

No Turning Back
Regie und Drehbuch: Steven Knight
Darsteller: Tom Hardy
Laufzeit: 90 Minuten

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt