14. Mai 2015

Eurovision? Geh bitte…

Mikrofon (c) STADTBEKANNT

Der Eurovision Song Contest 2015

Wer gewinnt eigentlich den ESC? Und wer sind the Makemakes? Und wen soll dieser ganze Schmarrn überhaupt interessieren?

Man muss auch einmal unangenehme Wahrheiten aussprechen: der Eurovision Song Contest nervt die Wiener. Überall wird das Spektakel angepriesen, als sei Mozart persönlich auferstanden und würde in Schönbrunn statt finden oder mit den Wiener Philharmonikern spielen. Die Stadtverwaltung meint einmal mehr, dass sie irgendwelche depperten Schilder aufstellen muss und bewirbt ihre großzügigen Grünflächen – die schon mal aus einem vereinzelten und hundekotgestählten Baumstummel am Donaukanal bestehen können – mit einem kosmopolitischen wie kreativen „12 points go to… VIENNA’s PARKS“. Und der Autor dieser Zeilen muss seit Wochen Gesprächen ausweichen, die auf das Abwiegen von Gewinnchancen und Boulevardlangweile hinauslaufen.

Was soll dieses Theater auch? Mit dem Eurovision-Sieg Udo Jürgens 1966 in Luxemburg war der Höhepunkt erreicht. Seitdem geht es nicht nur mit dem Song Contest, sondern auch mit der österreichischen Schlagerszene bergab. Berühmt sind mittlerweile Conchita Wurst und Andreas Gabalier; daher zwei Performancekünstler, die ihre Anhängerschaft nicht durch musikalisches Talent, sondern durch narzisstische Größenfantasien und politische Polarisierung zusammenhalten. Während Wurst die Personifikation all dessen ist, was seit den 90ern an Schwulenemanzipation schiefgehen konnte und nur in seltenen Momenten an die glamourösen Travestiestars der Vergangenheit erinnert, ist Gabalier das passende rechtsdumpfe Gegenstück. Der Bursche in der Lederhose schaut nicht bloß so aus, als sei er mit H.C. Strache verwandt, sondern erinnert durch seine primitiven Pseudo-Tabubrüche auch an die ewig pubertäre public relation-Strategie der FPÖ. Das ist nicht nur langweilig, sondern schlicht peinlich.

Nichtsdestotrotz gibt es einen kleinen Lichtblick am diesjährigen ESC-Horizont. Ausgerechnet die stets selbstmordgefährdeten Finnen haben den todesfreundlichen Wienern ein unerwartetes und lebensfrohes Schmankerl entsandt. Die Anarchopunks von Pertti Kurikan Nimipäivät könnten sich anschicken, die bornierte Routine des Song Contest zu durchbrechen und dem angestaubten Format noch einmal Schwung geben. Bleibt zu hoffen, dass sie den ESC nicht aus moralinsauren Gründen gewinnen, sondern für Charme und musikalische Innovation honoriert werden.

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