30. Mai 2016

Der Erste Weltkrieg als PR-Event

Wien im Krieg Prater (c) STADTBEKANNT Zucker

Österreich zieht in den Krieg

Auf den Straßen Wiens kam es nach der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914 täglich zu patriotischen Kundgebungen der jubelnden Bevölkerung.

Viele Künstler und Intellektuelle begrüßten den Kriegsbeginn in Worten und Bildern. Musiker, Maler, Schriftsteller, Philosophen und Journalisten halfen mit ihren Werken den Krieg moralisch zu rechtfertigen. So trugen sie zur Begeisterung und Mobilisierung der Bevölkerung bei und die Idee der reinigenden Kraft des Krieges war einmal mehr geboren. Politik und Medien brachten eine gigantische PR-Maschinerie ins rollen, die den Krieg als das größte Ereignis einer Generation inszenierte. Künstler versorgten die illustrierten Blätter mit Schlachtengemälden oder komponierten patriotische Märsche. Journalisten berichteten über die “Heldentaten” der Soldaten an der Front und die Wiener Israelitische Kultusgemeinde erinnerte in einem Aufruf an die traditionelle Opferfreudigkeit der Juden.

Unterhaltende Kriegsausstellungen im Prater

1915, 1916 und 1917 fanden im Wiener Prater Kriegsausstellungen statt. Sie inszenierten den Krieg als „Event“, um ihn den Bürgern in unterhaltsamer Form schmackhaft zu machen. 1916 konnte das Publikum sogar durch eigens ausgehobene Schützengräben flanieren. Die Attraktionen 1917 waren wiederum den Gegner darstellende Schießbudenfiguren, auf die gerne gezielt und geschossen wurde. In den Kinos liefen Unterhaltungsfilme wie „Der österreichisch-ungarische Krieg in 3000 Metern Höhe“ oder „Wien im Krieg“. Das dazugehörige Filmplakat las sich wie folgt: Ein „ernstes und heiteres Zeitbild in 4 Akten“.

Foto: STADTBEKANNT Zucker
Foto: STADTBEKANNT Zucker

Österreichische Intellektuelle im Krieg

Oskar Kokoschka meldete sich im Ersten Weltkrieg als Freiwilliger und kam samt selbst gekauftem Pferd in die Kavallerie des vornehmsten k. u. k. Dragonerregiments. Als er im Kampf durch einen Kopfschuss und Bruststich lebensgefährlich verletzt wurde, bezeichnete er die erlittenen Blessuren als “dekorativ”. Er kehrte an die Front zurück und diente in Folge dem österreichischen Heer als Kriegsmaler. Egon Schiele nutzte als Soldat im Ersten Weltkrieg sein Talent, um Porträts von russischen Kriegsgefangenen anzufertigen. Zusammen mit Albert Paris Gütersloh wirkte er 1917 bei der Gestaltung der Kriegsausstellung im Prater mit. Auch Arnold Schönberg schloss sich – zumindest im privaten Briefwechsel mit Alma Mahler – dem Kriegsgeschrei und Chauvinismus seiner Landsleute an.

Wohin diese anfängliche Begeisterung unter anderem führen konnte, zeigt das tragische Schicksal von Georg Trakl. Im Alter von 27 Jahren zog der Schriftsteller und Lyriker im August 1914 in den Krieg. Durch die bald erlebten Gräuel erlitt er an der Ostfront einen Nervenzusammenbruch und versuchte sich danach das Leben zu nehmen. Aus Furcht, aufgrund dieser “Schwächebekundungen” vor das Kriegsgericht gestellt zu werden, beging er im November durch eine Überdosis Kokain Selbstmord.

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