16. Juli 2017

Ein Blick in die Wiener Seele am Copa Beach

Donau CopaBeach Strand (c) STADTBEKANNT

Geschichten aus Wien

Der Sandstrand könnte so schön sein, wenn nicht alle anderen auch da wären – ein Lokalaugenschein mit Schattenkämpfen, Hofersackerln und epileptischen Anfällen.

Hinter mir lauert eine ältere Dame auf den winzigen freien Fleck Schatten neben mir – sonnengeschützte Stellen sind am Copa Beach ein rares Gut. Mir ist klar: der Platz muss mit allen Mitteln verteidigt werden, doch irgendwann wird mir heiß und ich gehe ins Wasser. Als ich zu meinem Liegestuhl zurückkomme, wurde der befürchtete Angriff bereits erfolgreich durchgeführt – der Stuhl der Dame steht jetzt so nahe bei meinem, dass mir bei jedem Windstoß ihr nasses Handtuchs ins Gesicht klatscht. „Stört’s es sie eh net, dass ich da bin? I brauch an Schatten.“ Der Wiener schafft es einfach nicht, vorher zu fragen, sondern stellt vor vollendete Tatsachen. In diesem Moment wird neben mir einer der heißbegehrten Sonnenschirme frei, mit sage und schreibe drei Stühlen drum herum. Während die Dame und ich noch zögernd dreinschauen, schaltet der Herr neben uns am schnellsten, setzt sich auf einen der Sessel und verteilt seine Besitztümer auf die anderen zwei.

 

Fight Club am Copa Beach

Mittlerweile ist es später Nachmittag, die Sonne brennt vom Himmel. Ein Mann patrouilliert mit seinem bellenden Kampfhund neben den gut sichtbaren Hundeverbotsschildern auf und ab. Schließlich lässt er sich auf einer der zwei vorhandenen Plastikinseln nieder, die gleichzeitig als einzige Zugänge zum Wasser dienen. Die zweite Insel wird von einer Burschengruppe osteuropäischer Abstammung behauptet. Als sie zwei am Ufer entlanggehende Mädchen bemerken, beginnen sie in einem wilden Balzritual aufeinander einzuprügeln, um die Kontrahenten ins Wasser zu stoßen. Jeder andere Besucher der sich abkühlen möchte, hat nun die Wahl zwischen dem bellenden Kampfhund und den tobenden Jugendlichen, die es zu passieren gilt.
Plötzlich sinkt einer der jungen Kämpfer auf den Boden und beginnt aus dem Mund zu sabbern – ein epileptischer Anfall, wie eine Dame von der Ferne fachkundig beurteilt.

 

Donaukanal meets Kagran

Nach einem jahrelang geführten Rechtsstreit um das Gelände der Copa Cagrana wurde dieses von der Stadt zumindest vorerst einmal neu eröffnet, um die heurige Sommersaison mitzunehmen. Der Name musste auf Copa Beach geändert werden, das Konzept sollte hipper und moderner sein als der alte Hausmeisterstrand. So gibt es nun im „Figar geht baden“ Cocktails und Biofruchtsäfte, die aber kaum gekauft werden, denn fast jeder der Anwesenden verzehrt mitgebrachte Kartoffelchips und Cola. Manche haben ganze Wocheneinkäufe im Hofer Sackerl mitgenommen, während der kleine, auf dem brennheißen Beton gestellte Gastgartenbereich des Figar verwaist ist. Nur ein paar wenige Anfänger glauben, dass bei den Liegestühlen am Wasser Konsumationspflicht besteht und halten peinlich berührt ein Glas Aperol Spritz in der Hand. Das Publikum befindet sich in einer Übergangsphase und ist eine Mischung aus den alten Copa Cagrana Proleten und Menschen, denen der Donaukanal zu hipp ist – die vielerorts ausgerufene neue Szenemeile ist hier definitiv nicht entstanden. Trotz kostenlosem Sandstrand und der schönen Donau sieht hier niemand wirklich glücklich drein, zu sehr stört die Anwesenheit der anderen Besucher. Bis zum nächsten Sommer wird aufs eigene Gartenhäusl gespart, damit endlich eine Ruhe ist.

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