23. September 2011

eBooks – Kulturelle Zäsur oder überschätzter Technikwahn?

Der Büchermarkt steht vor der größten Revolution seit der Erfindung des Buchdrucks. So oder so ähnlich kündigten Verlage und Elektronikhersteller die Einführung des eBooks an. Was für den amerikanischen Markt stimmt, stellte sich bislang für den europäischen Markt, vor allem Österreich, als Irrglaube heraus.

Dabei krankt das eBook seit der Einführung immer noch an gewissen Kinderkrankheiten, welche diese Entwicklung erklären könnten. Zwar sind die Hersteller und Verlage noch immer der Überzeugung der Markt sei im Wachsen und über kurz oder lang würde sich das elektronische Buch auch durchsetzen, jedoch hält sich der seit Jahren angekündigte Boom mehr als in Grenzen. Statt Verstaubte Bücher in den Regalen der Käufer stehen nun verstaube „Oyos“ und andere „Sony-eReader“ in den Regalen der Händler.

Zwar beharren Industrie und Verleger auf ihren optimistischen Prognosen, jedoch scheinen diese nur über die tatsächliche Schieflage am Buchmarkt hinweg täuschen zu wollen. Die Gründe, warum dem so ist, sind so banal wie vielschichtig. Einerseits hapert es bereits an grundlegenden Dingen wie der Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Promotion. Zwar wurden die Reader geradezu aufdringlich beworben, jedoch zumeist nur im Internet. Dieser Aspekt führte dazu, dass eine ganze Schicht potenzieller Kunden ausgespart wurden und der Werbeffekt im kunterbunten Strom des Web.2.0 schlussendlich verpuffte.

Wie sehr hier geschlampt beziehungsweise Potenzial verschenkt wurde, zeigt eine Umfrage ausgehend von Studenten der Uni Wien aus dem Jahr 2010. Demnach würden 51.8 % der Befragten das an sich ungeeignete iPad ( Nicht entspiegelt und kein eInk) präferierend verwenden um Bücher zu lesen.
Das iPad welches sich im Sog einer regelrechten Apple-Manie der 2000er Jahre befindet, profitiert vor allem auf Grund der medialen Präsenz und gesellschaftlichen Akzeptanz. Steve Jobs schaffte es aus einem Nischenprodukt einen Lifestyle zu formen. Genau dieser Status fehlt den eReadern.

Zwischen Ignoranz und Akzeptanz

Eine der größten Baustellen sind die Reader selbst. Zwar arbeiten die Entwickler emsig daran sie immer mehr zu optimieren ( Beispielsweise eInk, elektronische Tinte die dem traditionellen Druck nachempfunden ist), jedoch scheitert dies bereits an der komplizierten Handhabung. Zwischen Lizenzendschungel (Kindle) und Installationschaos (Sony Reader) fühlt sich der Leser oft in seiner eigentlichen „Aufgabe“, dem Lesen, eingeschränkt, viel mehr noch behindert, und zu oft erwecken die Lesegeräte den Eindruck ein Buch mit sieben Siegeln zu sein, um im Kontext zu bleiben. Doch damit nicht genug.

Die Akzeptanz des eBooks scheitert nicht nur an den technischen Mitteln, sondern vor allem immer noch an der unzureichenden Auswahl an Buchtiteln. Letzten Zahlen zu Folge handelt es sich dabei um 50.000 elektronischer Bücher in deutscher Sprache. Dem gegenüber stehen Millionen gebundener. Logische Schlussfolgerung: Das eBook rentiert sich für die meisten potentiellen Käufer, so wie es sich jetzt auf dem Markt präsentiert, einfach nicht. Ein weiterer Aspekt der eigentlich Stoff für den Verbraucherschutz beziehungsweise die Wettbewerbsaufsicht bieten würde, ist der undurchsichtige Preisdschungel durch den sich die eBooks bewegen.

Die Buchpreisbindung spielt dabei eine essentielle Rolle. Diese verhindert unter anderem, dass eBooks höchstens zehn Prozent billiger als die gebundene Ausgabe sein dürfen. Eine Farce und ein Schlag ins Gesicht der Verbraucher, wenn man bedenkt dass bei elektronischen Büchern weder Distribution, Lagerung, Verschleiß noch Druckkosten anfallen. Außerdem liegt der ideelle Wert eines gedruckten Buches im Normalfall dem eBook um Längen voraus. Das Bücherregal an sich war und ist noch immer, ein zwar klischeebehafteter aber beliebter Ausdruck seiner, sei sie vorhanden oder nicht, intellektuellen Kompetenz. Ganz nach dem Motto zeig mir dein Bücherregal und ich sag dir wer du bist.

Diesem Habitus stellt sich das eBook entgegen, jedoch lässt sich höchstens bei Elektronikaffinen ein Blumentopf damit gewinnen. Dabei spielen auch ganz banale Dinge wie Weihnachten und Geburtstage eine Rolle. Zu keiner anderen Zeit im Jahr werden mehr Bücher verkauft als zur Weihnachtszeit. Natürlich sticht das physische Buch auch hier die elektronische Form aus. Denn wie schnöde ist es eine Datei zu verschenken?

Fazit

Aktuellen Umsatzzahlen zufolge stehen die Zeichen immer noch auf Print. Bis 2015, soll sich spätestens herausstellen ob sich das vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels prognostizierte Ziel von neun Prozent Marktanteil  am Buchmarkt für eBooks erreichen lässt. Die Frage ist nicht ob das eBook das gedruckte Buch verdrängen wird sondern vielmehr ob eine Koexistenz zwischen beiden möglich ist. Momentan entpuppt sich die Stunde Null des Buchmarkts als zwiespältiges Phantom.

Philipp Köstenberger

In Wien gestrandeter, angehender Kulturmensch, der gerade mal Zeit hatte.

4 Kommentare

  1. Mortimer der Käsefresser

    25. September 2011

    Das Buch
    wird so schnell nicht verschwinden, da stimme ich dem Autor zu. die Wachstumsprognosen für eBooks sind bei weitem übetrieben, die iPads verstauben nach der Anfangseuphorie oft sehr schnell und all das ist kein Wunder. Unsere Wohnungen wären ohne Bücher leer und das werden wir so schnell nicht haben wollen.

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  2. Clara

    25. September 2011

    Mal abwarten
    Sobald die Geräte ihre Kinderkrankheiten überwunden haben, und das wird wohl schon bald der Fall sein, und die leidigen Lizenzdebatten geklärt sind, werden die Geräte omnipräsent sein. Oder zumindest die Ebooks via Tablets in alle Haushalte kommen.

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  3. Ins Bett gehender Buchmensch, der gerade einmal eigentlich keine Zeit hatte

    25. September 2011

    Sachte, sachte,
    kein einziger Verlag hat in Richtung E-Book irgend etwas hochgejubelt, das waren immer nur jene, die ihre Geräte verkaufen wollten. Weiters wäre zu lernen, seriös zu recherchieren, Beistriche richtig zu setzen und eigene Befindlichkeiten nicht als ernsthafte Marktanalyse auszugeben.

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  4. Philipp

    26. September 2011

    okay?
    ….diese "eigenen Befindlichkeiten" sind alles Zahlen und Fakten welche aus der Studie herauszulesen waren. Alle Zahlen die in oben stehenden Artikel auftauchen lassen sich auch belegen….

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