28. Mai 2010

Der Tag des Brust-Bebens

Gut is’ gangen, nix is g’schehen. Ein Experiment sollte es werden, der gestrige erste weltweite Boobquake day. Möglichst viele Frauen sollten sich am 26. April möglichst unzüchtig kleiden und damit ein Erdbeben auslösen – oder auch nicht. So zumindest die Idee der US-Studentin Jen McCraight, die den Tag des Brustbebens ausgerufen hat.
Dass böse Menschen aus purer Gemeinheit Erdbeben auslösen wissen wir spätestens seit dem Interview der Innsbrucker Politikwissenschafterin Claudia von Werlhof. Augenscheinlich braucht es dazu aber in der Zwischenzeit nicht einmal mehr eine Supermacht.
Die zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftige Idee vom Einfluss unverhüllter weiblicher Körper auf die Plattentektonik der Erde stammt jedoch nicht von der Amerikanerin selbst, sondern vom muslimischen Geistlichen Kasem Sedighi. Der hatte Mitte April in einer Teheraner Moschee gepredigt und dabei interessante Kausalitäten hergestellt.
Der Iran ist eines der Länder auf der Welt, das am meisten von Erdbeben bedroht ist. Warum? Genau, weil sich die Iranerinnen so unzüchtig kleiden. Damit wiederum verführen sie junge Männer zu unkeuschen Gedanken (man(n) hat’s auch nicht einfach) und dann… na dann ist die Unkeuschheit beisammen.
Wie also, so fragte der Kleriker, wäre es zu verhindern, dass alle Menschen im Iran von Trümmern begraben werden? Klarerweise nur indem sich alle Frauen endlich wieder züchtig verhüllen und Männer so erst gar nicht auf unsittliche Gedanken kommen können.
Hier wiederum schaltete sich Jen McCraight ein und dachte sich wohl, dem Mann muss geholfen werden. Mit der Probe aufs Exempel wollte sie ihm und vielen anderen Menschen die Angst nehmen, dass weibliche Unverhülltheit die Erde erbeben lässt stellte eine Aufforderung ins Netz.
„Zeit für ein Brustbeben. Am Montag, den 26. April, werde ich das tiefstausgeschnittene Shirt tragen das ich besitze. Ja, dieses eine, das normalerweise dafür gedacht ist, getragen zu werden wenn ich ausgehe. Ich fordere andere weibliche Skeptikerinnen auf es mir gleich zu tun und die angebliche Superkraft unserer Brüste zu nützen. Mit der kombinierten Kraft unserer skandalösen Körper sollten wir sicher in der Lage sein, ein Erdbeben zu produzieren. Wenn nicht, kann Kasighi sicher eine Erklärung liefern, warum der Boden nicht bebte.“
Welche Wellen ihr nicht ganz ernst gemeinter Protest gegen Aberglauben, patriarchalen und frauenfeindlichen Unsinn konnte die 22-Jährige da noch nicht wissen. Nach nur wenigen Tagen hatte das Boobquake einen Tsunami an Reaktionen ausgelöst. Tausende Menschen solidarisierten sich und kündigten sogar kleine Demos an, wie im kanadischen Vancouver.
Auf der Facebook-Seite des Boobquakes werden inzwischen sogar T-Shirts feilgeboten auf denen beispielsweise zu lesen ist „Anständig gekleidete Frauen machen nur selten Erdbeben“.
Doch die Aktion fand nicht nur begeisterten Widerhall. Von feministischer Seite kam der Vorwurf, dass die Aktion nur noch mehr zur Sexualisierung der Frau innerhalb der Gesellschaft und ihrer Verobjektivierung beitrage. Gebündelt hat sich diese Kritik in der Aktion Brainquake, die Frauen dazu aufruft nicht ihren Körper sondern ihren Geist zur Schau zu stellen und dies mit „Zeugnissen, Lebensläufen, Auszeichnungen und Preisen“ zu tun, die auf Blogs, Websites, Facebook oder YouTube präsentiert werden können.
McCraight reagierte mit Verständnis auf die Kritik und sieht ihren Aufruf nur als sarkastischen Kommentar, der mehr Echo ausgelöst hat, als sie es erwarten konnte.
Ein Zusammenhang zwischen (vermeintlicher) Amoral und Naturkatastrophen, wie sie auch schon der designierte Linzer Weihbischof Gerhard Maria Wagner im Falle des Hurrikans Katrina hergestellt hatte lässt sich in jedem Fall bisher nicht beweisen.
Die beiden Gottesmänner sollten aber besser weiterhin vorsichtig sein und hoffen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Erdbeben und dem Verbreiten von Unsinn gibt.

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