28. Februar 2011

Das Wort zum Tatort vom 27.2.2011 – “Leben gegen Leben”

Untypische Tatorte brauchen untypische Erzählweisen: eine Sequenz von Rückblenden sollte also die Vorgeschichte des Falles erzählen. Kommissar Cenk Batu wurde als Botenfahrer für eine Bande von Organhändlern eingeschleust, und zwar so gut mit Pornoschnauzer und Lederjacke verkleidet, dass ich selbst fünf Minuten gebraucht habe, um ihn in der Rückblende zu erkennen. Keine klassische Leichen-Situation also, sondern organisiertes Verbrechen, dem es auf die Spur zu kommen gilt.

Cenk Bond

Gleich Batus erster Botendienst läuft aus dem Ruder: er soll die unfreiwillige junge Organspenderin Amelie (Tatort-Kind Michelle Barthel, seit November immerhin in vier Tatorten in Hauptrollen zu sehen!) aus den Händen von Menschenhändlern zu den Organhändlern bringen – seine wahre Aufgabe dabei: Identitäten von den Drahtziehern und den Standort des geheimen Operationssaals der Organisation auszuforschen. Nachdem das Mädchen aber gewitzt ins Lenkrad greift und Batu deshalb nicht bremst sondern noch aufs Gas steigt, verliert er die Kontrolle über das Auto und in weiterer Folge auch Amelie. Dem Gangsterboss – der sich sogar mit seinem richtigen Namen Robert Feldmann vorstellt – wird also schnell eine hanebüchene Story über eine Polizeikontrolle am helllichten Tag und einen Freund bei der Polizei, der das Mädchen wiederbeschaffen könnte, aufgetischt, und gleichzeitig wird nach dem Mädchen gefahndet.

Im Alleingang

Der Druck auf Cenk wird also immer größer, und um das Mädchen wiederzubekommen schlüpft er gleich in die nächste Rolle: als Fürsorge besucht er den Bilderbuch-Assi von Amelies Vater, der dann auch den entscheidenden Tipp für ihr Auffinden parat hat. Währenddessen hat auch Cenks Kollege Peter Jordan beim LKA Erfolg bei seinen Ermittlungen: Feldmanns Büro (der Konten und Wohnsitze in mehreren Ländern besitzt) liegt zufällig mitten in Hamburg. Im Alleingang stürmen also Batu und Jordan die Bude – und treffen dort auf einen Helfer Feldmanns und dessen Navigationsgerät, das ihnen den Weg zu den Menschenhändlern weist. Der Chef der Bande bekommt überraschenderweise von alldem nichts mit und bereitet währenddessen die geheime OP vor – ein reiches Mädchen aus Hamburg soll nämlich dringend neue Nieren bekommen – dafür legen die Eltern immerhin bis zu 300.000 Euro auf den Tisch, auf der normalen Warteliste hätten sie keine Chance.

Der Showdown

Batu riskiert alles und übergibt das Mädchen – allerdings mit einem Sender im Ohrring. Dass der dann im Keller des Bürogebäudes, in der die Operation durchgeführt werden soll, nicht funktioniert, ist einfach nur Pech. Cenk geht also erst einmal alleine rein und sucht nach einem anderen Zugang – während draußen die Kavallerie wartet. Doch leider befindet er sich in einem Hochhaus, in der keine Treppe, sondern nur ein codegesicherter Aufzug in den Keller führt, zusammen mit dem zufällig anwesenden Feldmann fährt er also runter und nimmt es allein und ohne Schutzkleidung mit der ganzen Mafiaorganisation auf – nur zu spät: Amelie wurde zwar schon operiert, ihr wurde aber gottseidank nichts entnommen. Der Schluss kam dann auch schon sehr schnell und abrupt, auf das weitere Schicksal von Amelie und den weiteren Beteiligten wurde nicht mehr eingegangen.

Fazit

Verdeckte Ermittlungen, untypische Erzählweisen, stümperhaftes Vorgehen auf Seiten der Polizei und ein sehr konstruiertes Drehbuch machten diesen Tatort zwar nicht gerade realitätsnah, aber dafür umso spannender, die fast durchgehend guten schauspielerischen Leistungen werteten ihn ebenfalls auf.

Die diesjährigen Tatort Rezensionen:

13.2.2011 –  "Stille Wasser"
9.1.2011 – "Unter Druck"
2.1.2011 – „Tödliche Ermittlungen“
16.1.2011 – „Der schöne Schein“
23.1.2011 – „Heimatfront“
20.2.2011: "Rendezvous mit dem Tod"

Im Topkino gibts übrigens jeden Sonntag ein Tatort Public Viewing – bei freiem Eintritt und mit dem Highlight Snipcard Täterraten, bei dem es auch noch Freigetränke zu gewinnen gibt. Snipcards findest du an diesen Standorten.

Raphael Maria Dillhof

„Es scheint so, dass in unserer Kultur das Leben dasjenige ist, was nicht definiert werden kann, aber gerade deswegen unablässig gegliedert und geteilt werden muss." (Agamben)

2 Kommentare

  1. Felix

    28. Februar 2011

    Tatort goes Jame sBond
    muss nicht sein finde ich.

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  2. Verena R.

    28. Februar 2011

    Danke für die Rezension
    gehört für mich inzwischen fix zu jedem Tatort. Sonntags Tatort schauen, montags Raphael Dillhofs Tatort Review lesen;-

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