6. Oktober 2014

Buchtipps für Oktober

Von sprechenden Katzen und zwielichtigen Immobilienmaklern

Die STADTBEKANNT Oktober – Tipps für die Bücherfreunde unter euch! 

 

Die seltsame Berufung des Mr. Heming

Mr. Heming ist auf den ersten Blick ein ganz wunderbarer Zeitgenosse: Bescheiden, hilfsbereit, unauffällig – und als Immobilienmakler absolut vertrauenswürdig. Doch Vorsicht: Der eigenbrötlerische Makler hütet zuhause Zweitschlüssel zu jedem Anwesen, das er jemals betreut hat. Liebend gerne schleicht er sich in fremde Häuser, betrachtet die Besitztümer seiner Klienten, manchmal übernachtet er sogar dort. So weit, so gut. Doch als Mr. Heming sich verliebt und herauszufinden meint, dass der Geliebte seiner Angebeteten nicht würdig ist, nimmt das Verhängnis seinen Lauf …

Phil Hogan ist mit „Die seltsame Berufung des Mr Heming“ ein tiefschwarzhumoriger, rasanter Roman gelungen, der uns Leser immer ein bisschen auf Distanz hält, jedoch gleichzeitig seine skrupellose Hauptfigur sympathisch genug zeichnet, so dass wir atemlos mitfiebern, wenn er es in letzter Sekunde durch die Hintertür aus dem Haus eines Klienten schafft oder – ja, auch das kommt vor – eine Leiche aus dem Weg schaffen muss. Am Ende bleibt man zerrissen zwischen Erleichterung und Ungläubigkeit zurück – und muss sich durchaus fragen: Wen lassen wir eigentlich so in unser Leben? Spannend. 

Die seltsame Berufung des Mr. Heming
Phil Hogan
Kein & Aber
10,30 Euro

 

Der beste Roman des Jahres

Jeden Bücherherbst das gleiche Spiel: Die Long-, Short- und inzwischen auch Hotlists diverser Buchpreise schießen wie Pilze aus der Erde; die ganze Verlags- und Buchbranche fiebert den Preisverleihungen entgegen – schließlich verspricht eine Auszeichnung nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch finanziellen Erfolg. Aber wie funktioniert das eigentlich, fragt sich der gemeine Leser? Wie kommt es zu den Nominierten, wer darf darüber warum entscheiden – und vor allem: Warum gewinnen eigentlich so oft zumindest gefühlt obskure Literaten?

Eine bissige, rotzfreche, respektlose und herrlich gemeine Satire auf den Literaturzirkus hat das britische enfant terrible Edward St Aubyn abgeliefert, die nun punktgenau zur Frankfurter Buchmesse, dem Oktoberfest der Buchbranche, erscheint. Das Personal: nymphomanische Autorinnen, liebeskranke bis größenwahnsinnige Autoren, von ihrer eigenen Grandiosität geblendete Lektoren, skrupellose Verleger, eine dysfunktionale und sich bis aufs Blut bekämpfende Jury, viele Missverständnisse und natürlich ein völlig überraschender, aber dennoch vorhersehbarer Siegertitel. Ein großer Spaß für alle, die Literatur lieben, aber auf den überzogenen Zirkus drum herum verzichten können und ihn sich lieber von der Couch aus anschauen.

Der beste Roman des Jahres
Edward St Aubyn
Piper
10,30 Euro

 

Die Katze des Rabbiners

Worte, Worte, nichts als Worte. Weiß doch jeder, dass dabei ganz oft Lügen entstehen. Wer wüsste das besser als die Katze des Rabbiners, die gerade den Hauspapagei verspeist hat – und das natürlich vehement abstreitet. Als Dreingabe kann sie plötzlich sprechen, und geht damit dem Rabbiner sowie dessen Tochter Zlabya mächtig auf die Nerven. Und als wäre das noch nicht genug, besteht die vorlaute Katze auch noch auf einer Bar-Mizwa. Dagegen hat der Oberrabbiner dann doch den ein oder anderen Einwand – doch er hat die Rechnung ohne das schlaue Tier gemacht …

Angesiedelt in der jüdisch-sephardischen Gemeinde Algeriens der 1920er Jahre, erzählt der gefeierte französische Comic-Künstler Joann Sfar eine moderne Fabel, die Einblicke in die Kultur und Geschichte des Judentums gewährt. Augenzwinkernd behandelt er so tiefernste Themen. In seiner Heimat ist Sfar ein Superstar; die Abenteuer des aufsässigen Katers wurden inzwischen auch für das Kino adaptiert.

Die Katze des Rabbiners
Joann Sfar
avant-verlag
30,80 Euro

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt