7. März 2014

Buchtipps für März

Von den Japan über Island in die USA – im März begeben sich die Kontoristinnen auf eine kleine Weltreise in Taschenbüchern.

Ich nannte ihn Krawatte

Hikkikomori trifft Salaryman: Der junge Erzähler, gerade mal 20 Jahre alt, hat sich zwei Jahre in seinem Zimmer eingesperrt. Nun wagt er sich, zerbrechlich, dünnhäutig und unsicher in die Welt hinaus und hat schnell eine Parkbank als Zufluchtsort auserkoren. Ihm gegenüber sitzt ein älterer Herr, Tag für Tag. Er hat seinen Job verloren, bringt es aber nichts übers Herz seiner Frau davon zu erzählen – und so harrt er aus. Ganz langsam und zaghaft beginnen die beiden aus der Welt Gefallenen sich anzunähern…
Die junge Milena Michiko Flašar hat mit ihrem Erstling einen poetischen, schwebenden Roman geschafft. Die Geschichte der beiden Außenseiter ist einfühlsam, anrührend und dabei immer auch mit großer Wahrhaftigkeit erzählt. Flašar ist eine tolle neue Stimme in der österreichischen Literatur.

Ich nannte ihn Krawatte
Milena Michiko Flašar
Btb, € 9,30

Am Gletscher

Im äußersten Westen Islands liegt der Snaefellsgletscher, wo Pfarrer Jon Primus sein Amt versieht. Doch was dem Bischof zu Ohren kommt, gefällt ihm gar nicht: Der gute Seelsorger beschlägt lieber Pferde und repariert Geräte, anstatt die Messe zu halten, die Kirche ist angeblich sogar zugenagelt. Da gibt es nur eins: Einen Abgesandten zum Gletscher schicken, der dem Ganzen auf den Grund gehen soll. Doch was der junge, leicht überforderte Mann vorfindet, übersteigt seine Vorstellungskraft bei weitem…
Esoterische Weltretter, philosophierende Pfarrer, Wiederbelebungen, Frauen, die sich in Fische und zurück verwandeln: In Nobelpreistäger Laxness’ unglaublich witzigem Roman wimmelt es nur so von skurrilen Figuren und absonderlichen Vorkommnissen. Ein bisschen Zeit muss man sich schon nehmen, um die Fülle an Anspielungen, Querverweisen und Gesellschaftskritik zu durchschauen – doch als Leser wird man reich belohnt. Definitiv ein großartiges Leseerlebnis!

Am Gletscher
Halldór Laxness
Steidl, € 10,20

Tony & Susan

Natürlich beginnt alles ganz harmlos. Susan hat nämlich eigentlich keine Lust, das Manuskript ihres Exmanns zu lesen, der schon vor 20 Jahren Schriftsteller werden wollte. Doch die Neugier siegt. Und was sie da liest, zieht sie auf eigenartiger Weise in den Bann: Es ist die Geschichte des Professors Tony Hastings, dessen Frau und Tochter entführt und grausam ermordet werden. Die Figur des Hastings lässt Susan nicht los – immer mehr glaubt sie, in dem Manuskript Botschaften an und über sich selbst zu erkennen …
Thriller? Krimi? Differenziertes Porträt einer komplizierten Beziehung? Roman? Austin Wrights Buch entzieht sich jeglicher Typisierung, spielt aber meisterlich mit Fiktion und Realität, Literatur und Leben. Jede Menge doppelte Böden, Fallstricke und überraschende Plot-Wendungen sind in diese Geschichte-in-der-Geschichte eingebaut. Ein verstörendes Buch mit Suchtfaktor.

Tony & Susan
Austin Wright
Btb, € 10,30

 

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