6. Februar 2014

Buchtipps für Februar

Zweiundzwanzig

„Niemand verliert seinen Bruder und seine Mutter und vier Jahre später seinen Vater – mit zweiundzwanzig. So was passiert einfach nicht. Nicht mal im Roman. Ein Schriftsteller stürzt seinen Helden ins Unglück, in Ordnung, aber er setzt nicht noch eins drauf.“

Nein, so etwas passiert nicht im Roman. Sondern im wahren Leben – und zwar dem Autor selbst. In „Zweiundzwanzig“ verarbeitet Blondel das Drama seiner Jugend: den schnell aufeinander folgenden Tod aller engsten Familienmitglieder. Als er mit zweiundzwanzig plötzlich alleine auf der Welt ist, reist er in die USA, wo der Sehnsuchtsort Morro Bay (aus einem Song von Lloyd Cole) auf ihn wartet – oder auch nicht? Dass er dabei nicht komplett verloren geht, auch wenn er es gerne möchte, dafür sorgen sein bester Freund Samuel und Ex-Freundin Laure. Stoisch und mit großem Mitgefühl begleiten sie ihn auf einem Road-Trip durch die USA, auf der Suche nach Erlösung, Frieden, Freiheit. Eindringlich, gefühlvoll und unerwartet heiter – so navigiert Blondel den Leser durch die Untiefen der Seelenlandschaft eines jungen, todtraurigen Mannes, und setzt dabei seiner Familie ein poetisches, kraftvolles Denkmal. Ein kleines Wunder von einem Buch.

Jean-Philippe Blondel
Zweiundzwanzig
Mare, € 18,50

Sand

„Weiß einer, wie es ist, die Nacht in der Wüste zu erleben, allein? Wer gewohnt ist, seine Nächte in einem Bett zu verbringen, in einem Haus, umgeben von anderen Häusern und Menschen, macht sich davon nur schwer eine Vorstellung.“

Nordafrika, 1972. Während in München das Olympische Dorf überfallen wird, spielt sich in der Sahara Mysteriöses ab. Leicht trottelige Polizisten treffen auf Spione, eine undurchschaubare blonde Frau, falsche Ärzte – und mittendrin ein namenloser Mann ohne Gedächtnis, der verzweifelt von Ort zu Ort hetzt, um herauszufinden, was ihm eigentlich zugestoßen ist, und vor allem: warum? Herrndorf, mit dem großartigen „Tschick“ zum gefeierten Autor avanciert, vollführte mit „Sand“ eine Kehrtwende. Ein prall gefüllter Action-Thriller mit unzähligen Falltüren, doppelten Böden, Wortwitzen, schwarzem Humor und falschen Fährten, irgendwo zwischen James Bond und Monthy Python. Und am Ende ist absolut nichts mehr sicher. Unser Tipp: anschnallen und ab in die Achterbahn „Sand“!

Wolfgang Herrndorf
Sand
Rowohlt, € 10,30

Liebe Isländer

„Während du den Kassenbeleg quittierst, fragt sie: ‚Und, hast du dich da oben selbst gefunden?’ Du siehst sie überrascht an und sagst dann: ‚Nein, aber ich habe gelernt, einen Kaffee in der Tasse zu halten.“

Was um alles in der Welt mache ich hier eigentlich? Mehr als einmal fragt sich das der junge Mann aus Reykjavík. Mitten im Winter war er des Lebens in der Hauptstadt endgültig überdrüssig, kaufte ein altes Auto und fuhr los, einmal rund um die Insel, immer die Ringstraße entlang. Auf der Suche nach … ja, nach was eigentlich?

Einmal rund um Island? Kein Problem: Gemeinsam mit dem jungen Isländer gerät man auf dieser skurrilen Reise, bei der wirklich gar nichts nach Plan läuft, immer wieder an den Rand der Verzweiflung, mitten in epochale Schneestürme oder trifft an abgelegenen Orten auf deren etwas eigenbrötlerische, aber freundliche Bewohner. Huldar Breiðfjörð, selbst Reisejournalist, nimmt den Leser mit auf eine fantastische und humorvolle Expedition in die Seele Islands: wunderlich, atemberaubend und schreiend komisch.

Huldar Breiðfjörð
Liebe Isländer
Aufbau Verlag, € 9,30

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