20. Februar 2015

Buchtipp: Magda

Eine destruktive Familiengeschichte

Die in Deutschland geborene und in Großbritannien lebende Autorin Meike Ziervogel hat sich zunächst einen Namen als Gründerin eines unabhängigen, engagierten Verlags gemacht. Als sie 2013 die Seiten gewechselt und ihren Debütroman „Magda“ in England veröffentlicht hat, wurde das Buch begeistert aufgenommen, in der Presse gelobt und für wichtige Preise vorgeschlagen. Dabei ist „Magda“ ein mutiges, schonungsloses und damit riskantes Buch, eines, das seine Leserinnen und Leser nicht beglückt, nicht bloß unterhält, sondern zu erschrecken vermag. Der Roman erzählt das Leben von Magda Goebbels; er zeigt eine schwierige Kindheit und eine grausam strenge Erziehung, eine destruktive Familiengeschichte über drei Generationen.

Fernab von Pathos

Meike Ziervogel hat sich an den historischen Tatsachen orientiert und sie in eine literarische Form gebracht. „Magda“ ist kein Tatsachenbericht, keine historisch akkurate Biografie. Stattdessen webt die Autorin aus Fakt und Fiktion einen durch und durch glaubhaften, verstörenden Roman. „Magda“ erzählt auch eine universelle Geschichte, eine von abgründigen Mutter-Tochter-Beziehungen und der Psychologie dahinter. Das feinsinnige Portrait dringt tief in die Psyche seiner Hauptfiguren vor. In klarer, beinahe nüchterner Sprache verfasst, gelingt es Meike Ziervogels Debüt, den eigentlich unbeschreiblichen, niemals begreifbaren Familienmord zu beleuchten. Fernab von Pathos und ohne sprachlichen Tand spricht das Grauen ganz für sich und wirkt dadurch umso mächtiger auf die Leser. Es kommen viele Stimmen in diesem Roman zu Wort, Magdas eigene Mutter zum Beispiel. Oder Helga, die älteste Tochter. Ihre Tagebuchaufzeichnungen zeigen eine junge Frau, fast noch Mädchen, die ganz normal ist: verliebt, verwirrt, einsam und fast ein bisschen rebellisch. Helga ist diejenige, die ihrer Mutter trotzt, die sich zu hinterfragen traut. Man weiß von Anfang an, wie die Geschichte endet, das haben wir alle in der Schule gelernt und hoffentlich nie vergessen.

Erinnern ans Erinnern

Das Erstaunliche ist, dass „Magda“ bei all dieser Hoffnungslosigkeit auch ganz einfach ein fesselnder Roman mit starker Sogwirkung ist; eine Lektüre, die man am liebsten jedem ans Herz legen würde. Denen, die sich für Geschichte interessieren, die aufarbeiten und erinnern wollen – weil er eine andere Sicht ermöglicht auf die „Vorzeigemutter“ des Dritten Reichs und die ungeheuerliche Brutalität des Kindermordes. Und natürlich denjenigen, für die die jüngere Geschichte weniger präsent ist und die sich ans Erinnern erst erinnern müssen.

Magda
Meike Ziervogel

Roman, 128 Seiten
16,95 Euro

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