16. August 2014

Buchtipp: Auf Schienen durch das alte Österreich

Als die Eisenbahn nach Österreich kam …

„Auf Schienen durch das alte Österreich“ glänzt wie sein Vorgänger in der neuen überarbeiteten Auflage mit vielen Fakten, eindrucksvollen Bildern und zahlreichen Zitaten. Unterhaltsam und informativ führt Johannes Sachslehner die Leser in die Zeit des 19. Jahrhunderts, als die Eisenbahn nach Österreich kam und das Leben der Menschen für immer verändern sollte.

Gleich zu Beginn wird deutlich, wie stark wirtschaftliche und politische Interessen im Vordergrund standen. Die Eisenbahnromantik, wie wir sie heute vor Augen haben, wird sogleich entzaubert. Körperliche Arbeit, politisches Kalkül und kapitalistische Ausbeutung bestimmten den Ausbau von Strecken sowie den Tunnel- und Bahnhofsbau.

1837 wurde die erste Strecke des Habsburger Reiches zwischen Floridsdorf und Deutsch-Wagram eingeweiht. Nur zwanzig Jahre später erstreckte sich das Eisenbahnnetz im Norden bis Krakau und im Süden bis Triest. Das Habsburger Reich war innerhalb weniger Jahre zur Spitze der Eisenbahnstaaten Europas aufgestiegen, dank Personen wie Franz Xaver Riepl, Carl Ritter von Ghega, Georg Simon Freiherr von Sina und Erzherzog Johann.

Eines wird in Sachslehners Buch sehr deutlich: Das Wesen des Passagiers hat sich bis heute nicht geändert. Mit zunehmendem Angebot stiegen auch die Ansprüche der Fahrgäste: Plötzlich mussten Betten in den Waggons angebracht werden, WCs gab es bis 1869 nicht (und dann nur in den Waggons der 1. und 2. Klasse), Einrichtung eines Speisewagens, garantiert wachsender Komfort – alles zum Wohle der Passagiere. Die randalierten allerdings auch mal gern, wenn es zu Verspätungen kam und sie stundenlang auf ihren Zug warten mussten.

Zahlreiche Anekdoten, wie jene über gewaltsame Ausschreitungen wütender Passagiere in Deutsch-Wagram, hauchen den Eisenbahnen aus dem 19. Jahrhundert echtes Leben ein. Gedichte und Ausschnitte aus Erzählungen von u.a. Robert Musil, Heinrich Heine, Moritz Gottlieb Saphir, Nikolaus Lenau und Franz Grillparzer zeigen, dass die Eisenbahn nicht nur den enfachen Bürger, sondern auch die Künstler veränderte. Hier zeigt sich, dass Sachslehner Literaturwissenschaftler ist, der zu den literarischen Werken gleich eine Interpretation liefert.

Daneben überzeugt das Buch vor allem wegen seines umfangreichen Bildmaterials: Von Lithografien bis zu Zeichnungen von Lokomotiven, Fotos, Bildern, alten Tickets und ersten Werbepostern gibt es auf jeder Seite etwas zu entdecken.

 

STADTBEKANNT meint

Ein sehr lesenswertes Buch, welches man manchmal auch einfach nur anschauen möchte. Eindrucksvoll wird der Aufstieg der Eisenbahn beschrieben, deren Benutzung für viele Einwohner schnell zum Statussymbol wurde. Häufig erwischt man sich beim Lesen und/oder Anschauen beim Träumen, denn so schöne Züge wie damals, mit denen man durch ganz Europa bis in den fernen Orient reiste, gibt es heute irgendwie leider nicht mehr. Schon deshalb sollte man dieses Buch unbedingt haben.

 

Auf Schienen durch das alte Österreich
Johannes Sachslehner
styria premium, 29,99 Euro

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