12. März 2016

Barrikadenkampf in Wien

Stephansdom Dach (c) STADTBEKANNT

„Wer Wien nachts am 13. März nicht sah, hat nie etwas Großes und Erhabenes gesehen.“

„Neues Wiener Journal“ über die Ereignisse des 13. März 1848.

Die von der französischen Februarrevolution ausgehenden Ereignisse erschütterten nun auch die Donaumonarchie. Die einzelnen Volksgruppen erhoben sich und forderten die Unabhängigkeit von der österreichischen Vorherrschaft. Im österreichischen Kernland selbst hatte die Revolution eine liberale und demokratische Veränderung der Regierungspolitik und das Ende des Kaisertums zum Ziel.

“You say you want a revolution …”

Die Not der Menschen nach einem „Hungerwinter“ und die Wut über das starre alte Regime brachten das Pulverfass Donaumonarchie zum explodieren. Am 13. März stürmten Demonstranten das Ständehaus in der Herrengasse und erzwangen die Abdankung des verhassten Fürsten Metternich. Zentrale Forderungen an das Kaiserhaus waren u.a. Pressefreiheit, Öffentlichkeit der Gerichte, demokratische Reformen, sowie diverse soziale Verbesserungen.
Über Monate tobten heftige Barrikadenkämpfe auf dem Michaelerplatz in der Jägerzeile und kulminierten letztlich in der „Praterschlacht“. Im Oktober hatten Arbeiter, Bauern und Studenten es geschafft, Wien für einige Tage unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Stadt wurde jedoch von kaiserlichen Truppen bombardiert und die hoheitliche Ordnung schließlich wieder hergestellt.

Pressefreiheit

Neben den politischen Aspekten der Märzrevolution, ist für uns RedakteurInnen von „STADTBEKANNT“ der mediale hervorzuheben. Die – im Endeffekt kurzfristige – Aufhebung der Zensur brachte auch eine kulturelle Revolution mit sich. Die Schreibkultur veränderte sich grundlegend. Zeitungen wurden gegründet, Ironie und Karikatur hielten Einzug, politische Werke erschienen, Grillparzer und Nestroy übten in ihren Stücken scharfe Kritik am System.

„You tell me that it’s evolution“

Wenn unter bestimmten Voraussetzungen ein Punkt erreicht wird, an dem die kritische Masse nicht mehr zurück kann und will, bedarf es nur mehr des berühmten Funkens.
Erst letzten Sommer musste ich gesundheitsbedingt meinen bereits gebuchten Flug nach Kiew sausen lassen und hätte nie gedacht, dass schon so kurze Zeit später die Stadt eine völlig andere sein würde. Wohl genauso wenig wie noch vor einiger Zeit die Menschen Kiews, sahen die Bewohner Wiens vor den Ereignissen des März 1848 ihre Stadt in Flammen und sich selbst auf den Barrikaden.
Und knapp 170 Jahre nach diesen Geschehnissen sehen sich Bürger in ihren Autonomiebestrebungen immer noch mit innerstädtischen Barrikaden und roher Gewalt konfrontiert. Ukraine und Türkei erleben in vermeintlich modernen Zeiten nichts anderes.

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