23. April 2013

Wer verdient einen Pass?

SOS-Mitmensch hat mehr als 1200 Protestnachrichten gegen die aktuell im Ministerrat diskutierte Novelle des Staatsbürgeschaftsgesetzes an Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz geschickt. Die Proteste zeigen erste Wirkung: Die Debatte wurde verschoben.

Mario ist kein Österreicher

Bereits seit Jahren steht das Österreichische Staatsbürgeschaftsgesetz in der Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Doch die geplante Abänderung bringt in den Augen dieser noch immer keine Verbesserung, sondern wird im Gegenteil als „realitätsfremd“ bezeichnet. Anlass für die geplante Protestaktion ist der Fall des 22-Jährigen Mario Keiber, der in Österreich aufgewachsen ist und dem dennoch entlang der gültigen Bestimmungen die Einbürgerung verwehrt wird.

Drei Stufen zum Pass

Die Gesetzesnovelle sieht ein Drei-Stufen-Modell vor, das sich nach dem Erfolg der Integration richten soll. Dabei werden drei Leistungsstufen definiert. Kurz stellt die neue Novelle unter das Motto: „Staatsbürgerschaft durch Leistung“. Genauso hart wie das klingt, sind auch die Anforderungen. Jene, auf die das Prädikat „ausgezeichnet“ zutrifft, müssen hierfür über sechs Jahre einer regelmäßigen Arbeit nachgehen, Steuern zahlen, niemals Sozialhilfe in Anspruch genommen haben und mindestens drei Jahre ehrenamtlich in einer Organisation wie beispielsweise der Feuerwehr gearbeitet haben. Wer das erfüllen kann, darf nach sechs Jahren auf die Staatsbürgerschaft hoffen. Stufe zwei betrifft jene, die leider nur ein „ausreichend“ attestiert bekommen. Wer sich finanziell selbst erhalten kann, Deutsch auf Mittelschulniveau spricht und den Staatsbürgerschaftstest positiv absolviert, kann nach zehn Jahren auf eine Einbürgerung hoffen. Schwierig wird es mit der so genannten Stufe drei: Sie haben keine Chance auf den Erhalt der Staatsbürgerschaft. Das löste bisher wohl die heftigste Kritik aus: Denn wer dauerhaft an einem Aspekt der Kriterien scheitert, hat gar keine Chance mehr, eine Österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen. Und davon können eben auch Menschen betroffen sein, die hier aufgewachsen sind. Manche fragen sich vielleicht: Wie ist das möglich? Doch es geht einfacher, als man denkt.

Geld, Kinder und andere „Probleme“

Besonders prekär wird es, um sich diesen kleinen Wortwitz zu erlauben, beim schnöden Mammon. Denn die Einkommenshürde ist vor allem für Frauen oft ein reales Hindernis. Ein gefordertes Einkommen von rund 1000 Euro netto pro Monat ist für viele – auch mit Österreichischem Pass – eine nie erreichte Marke. Gerade die typischen „Frauenbranchen“, wie der Dienstleistungssektor, sind selbst bei Vollzeitbeschäftigung sehr schlecht entlohnt. Hinzu kommt, dass gerade Frauen oft Teilzeit arbeiten und so niemals die geforderte Lohnhöhe erlangen. Bereits 2011 errechnete Joachim Stern, Politikwissenschaftler an der Uni Wien, dass nach den geltenden Vorgaben 60 bis 70 Prozent der Österreichischen Arbeiterinnen und 30 bis 40 Prozent der Arbeiter keinen Antrag auf die Staatsbürgerschaft stellen könnten. Auch saisonale Beschäftigung kann ein Hindernis sein, ebenso wie die Entscheidung für ein Kind und damit die Karenz. Das Stichwort „Kinder“ liefert ein weiteres, pikantes Detail: Auch uneheliche Kinder eines Österreichischen Vaters und einer nicht-Österreichischen Mutter sind nicht per se willkommen. Sie müssen mit dem 14. Lebensjahr nachweisen, dass sie „keine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Ordnung“ darstellen. Aus diesem Grund fordert SOS Mitmensch eine Einbürgerungsreform, die an der Lebensrealtität der Menschen ansetzt. Wer diese Forderung unterstützen möchte, kann das hier tun. 

Foto (c) RainerSturm / pixelio.de


Nadja Pospisil


1 Kommentar

  1. Eliza

    24. April 2013

    1000,- Brutto oder Netto?
    Bei der gestrigen Veranstaltung: http://www.wu.ac.at/npo/competence/events/jams/15.npo-jam_session-npo-kompetenzzentrum.pdf erklärte Thomas Mühlhans, dass man 1000,- Brutto verdienen müsse. Außerdem sagte er, dass es im Ermessen des Landesbeamten liegen würde, ob die freiwillige Tätigkeit anerkannt wird oder nicht. Sie müsse nämlich für Österreich gesamtgesellschaftlich wichtig sein und die gelunge Integration nachweisen.

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