Wieso gehört ein sonderbarer Wiener nach Steinhof? 

Die 1907 eröffnete Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke „Am Steinhof“ wurde im Jugendstil erbaut und galt zur damaligen Zeit als größte und modernste Anstalt ihrer Art in Europa. Otto Wagner, einer der bedeutendsten Architekten Österreichs und Schöpfer zahlreicher Jugendstilbauten, war für Lageplan und die Kirche am Steinhof verantwortlich, seine Kollegen Carlo von Boog und Franz Berger entwarfen die sechzig Krankenpavillons, das berühmte Jugendstiltheater sowie Verwaltungs- und Küchengebäude.

Die Pavillonbauweise war zu dieser Zeit für Krankenanstalten sehr beliebt. Sie sollte umgeben von Grünanlagen eine Therapie in Kleingruppen ermöglichen. Zur Anlage, die seit 2000 als „Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe Otto-Wagner-Spital und Pflegezentrum“ fünf Einrichtungen (Sozialpädagogisches Zentrum, Neurologisches Krankenhaus, Pflegeheim, Pulmologisches Zentrum, Psychiatrisches Krankenhaus) zusammenfasst, gehörten ursprünglich auch 45 Hektar Park, die Steinhofgründe, die heute als Erholungsgebiet sehr beliebt sind.

Die Nazis übertrafen am Steinhof sogar ihre eigene Widerlichkeit: Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde die Anstalt zum Wiener Zentrum der nationalsozialistischen Tötungsmedizin, die der Ausmerzung „Minderwertiger“ mit physischen oder psychischen Beeinträchtigungen frönte. 7500 Patienten wurden getötet, rund achthundert davon in der Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“. Heute befindet sich im Pavillon V des Otto-Wagner-Spitals eine Gedenkstätte.

Derzeit werden Pläne gewälzt, das Spital aufzugeben und die psychiatrischen Abteilungen zu verlegen. Stattdessen sollen Wohnungen, Hotels und Geschäftslokale teilweise neu erbaut werden.


„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag.  

Fotos

Keine Bewertungen

Bewertung “Steinhof”

Bewertung
Bewerten