25. Oktober 2010

Sparen wo es egal ist

Ein Kommentar zum neuen Budget:

„Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget“, ließ uns einst der, bei einer Wahl unter sich selbst gekürte, schönste und großartigste Finanzminister aller Zeiten wissen. Und ein scheiß Jahr kann dann halt auch schon mal mit einem Privatkonkurs enden. Besonders wenn eben jenes Budget auf Kosten derer saniert wird, die leider weniger im Geld schwimmen als es die Legende glauben macht: die Studierenden.
Wohl keine Bevölkerungsgruppe treffen die Sparmaßnahmen im neuen Budget so geballt wie die Studis. 35.000 junge Menschen verlieren durch diese Begrenzung der Familienbeihilfe mit Ende des 24. Lebensjahres einen empfindlichen Teil ihres Einkommens. Lebte man vorher beispielsweise von einer Waisenrente die an die Familienbeihilfe gekoppelt ist, so wird einem schlicht und ergreifend der Boden unter den Füßen weggezogen.

Für die 35.000 über 24-jährigen, die ab nun keine Familienbeihilfe mehr beziehen gibt es auch keine Mitversicherung mehr und keine anderen von der Familienbeihilfe abhängige Transferleistungen. Viele müssen dadurch jährliche Einbußen von mindestens 2.700 Euro (+ Versicherung für knapp 290 Euro) bei ganzjährigem Bezug bis zu mehrere Tausend Euro im Jahr, mit weiteren Transferleistungen, hinnehmen.

Wenig Feind, viel Ehr‘

Vergleichsweise gering ist die Einsparung durch diese finanzpolitisch sinnlose Maßnahme. Während der Keulenschlag gegen das Studivolk 115 Millionen Euro bringt, so verschenkt man andernorts recht freigiebig 150 Millionen Euro an Kreditvertragsgebühr (feudale 800 Euro bei einer Kreditsumme von 100.000 Euro). Eine Erbschaftssteuer die vor ein paar Jahren noch ebensolche 150 Millionen Euro einbrachte braucht man ohnehin schon länger nicht mehr.

Dass Studierende keine relevante WählerInnengruppe sind zeigt schon allein die Statistik, dass sie nun wieder einmal kurzsichtigem Klientelismus zum Opfer fallen beweist dies nur umso mehr. An die wirklich großen Brocken wie Pensions-, Gesundheits- oder Verwaltungsreform traute man sich auch diesmal wieder nicht heran. Doch so lange weiterhin größtenteils in Ämtern „gehackelt“ und in den Ländern geprasst wird, so lange kann man auch bei jeder anderen uninteressanten WählerInnengruppe  mit der Sense kürzen. Ändern wird das an der Gesamtfinanzlage nichts.
Für junge Menschen andererseits sind knapp 150 Euro im Monat (derzeitige Familienbeihilfe) oftmals der Unterschied zwischen Studieren und Nicht-Studieren. Während allerorten breite Qualifikation und viel Erfahrung verlangt werden, so handelt in der Zwischenzeit jedeR zutiefst fahrlässig der/die einen Erasmusaufenthalt, ein freiwilliges Soziales Jahr oder ähnliches absolviert. Eine Anrechnung dieser Zeiten zur Familienbeihilfe kommt nämlich klarerweise nicht in Frage.

Danke für nichts!

Vertraut aber nicht minder zynisch mutet es dabei an, wenn Finanzminister Pröll ausrichten lässt: „24/25-Jährige müssen sich auf eigene Beine stellen“ und man andererseits betrachtet, dass bereits heute über 60 Prozent der Studierenden während des Semesters erwerbstätig sind. So scheinen die unheimlich üppigen Transferleistungen die die Regierung gewährte, auch bisher wohl kaum für das Luxus-Lotter-Leben zu reichen, in das man Studierende gern hinein phantasiert.

Zum anderen zeigt die alles andere als rosige Jobsituation für junge Menschen, dass mit einem Bein (mehr bekommt man nicht in den Arbeitsmarkt) und dem Knie der Praktika-Traineeship-Volontariats-Industrie im Genick sich recht schwer gerade stehen lässt. Gut, dass auch der oberste Säckelwart der Republik bei der Ausbeutung junger Menschen mit der Zeit geht und sogar seine eigene „Superpraktikantin“ eingestellt hat. Arbeiten war für lau, dafür gab’s anschließend einen schönen Urlaub. Hätte es Geld gegeben, wäre wohl das romantische Bild vom Praktikum nicht um des schnöden Mammons Willen zerbrochen (l’art pour l’art). Leistung muss sich wieder lohnen – so lang’s halt gratis ist.

Politikverdrossenheit? Politikverlassenheit!

Ein wohl historisches Zeitfenster hat sich mit der größten Finanzkrise seit den 1930er Jahren geöffnet. Kurze Zeit fiel sogar den größten neoliberalen Staatsverteuflern (es macht halt keinen schmalen Fuß, wenn man dorthin schimpft, wo man grad‘ selbst ordentlich die Hand aufhält) nicht mehr viel ein. Es wäre Zeit gewesen auch einmal dort Steuern einzuheben, wo Geld vorhanden ist. Höhere Grundsteuer (vom IWF empfohlen), Vermögenssteuer, Finanztransaktionssteuer, Börsenumsatzsteuer, es wäre einiges möglich gewesen.
Gelöst wurde die Frage dann auf gut Österreichisch: Gibt’s net, brauch‘ma net, woll‘ma net, hat’s no nie geben!“

Das ist schade, denn: Was man bei der Kapitalbesteuerung verpasst hat, das macht man nun bei den Studis wieder gut. Wer ist als nächster dran?

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