22. April 2011

Schlitzen, Schlachten, Splattern.

Gut, zugegeben, es hat schon einiges an Überwindung gekostet sich nachmittags bei frühsommerlichen 25 Grad Außentemperatur in den klimatisierten Saal des Filmcasinos zu schleppen. Der Anlass? Das renommierte Crossing Europe und das Neo-Genrefilmfestival /slash haben am 21. April 2011 zur Meuchelmord-Soirée geladen. Das /slashing europe ist eine Auskopplung der Linzer „Nachtsicht“ Serie, kuratiert von Markus Keuschnigg, einem Programmteil des Crossing Europe’s der sich auf Gemeuchelraritäten konzentriert. Damit sich aber nicht nur die Linzer gruseln und ekeln dürfen, holte das /slashing europe drei Filme aus eben jener Mitternachtsschiene nach Wien und runden den Abend mit einer vierten Perle ab.

Das harte Los der Blutrünstigen

Freunde und Liebhaber des Blut-und-Beuschel Genres hatten kein leichtes Los mit Wien. Hatte Alexander Horvath Anfang der Neunziger noch Ambitionen, ein engagiertes Kleinprogramm zusammenzustellen, das die Bandbreite von Horror, Exploitation und Action abdeckte, so verliefen sich diese Connaisseur-Events spätestens gegen Ende der neunziger Jahre im Sand. Für Splatter-Horror-Trash Fans begann dann die große cineastische Dürreperiode, nur unterbrochen von Pilgerfahrten zu großen Filmfestivals wie dem Fanstasy Festival in Deutschland oder dem Abrutschen in die Beschafungskriminalität, nämlich durch illegale Downloadaktivität.

Dann erbarmte sich Markus Keuschnigg und ein Team von Gleichgesinnten und initierten das /slash Filmfestival, das es sich zur Aufgabe gemacht hat blutrünstige Wiener und Wienerinnen mit Zombies, Aliens und allem was mordet und schlachtet zu versorgen. Und nach noch nicht mal einjährigem Bestehen legt das Festival mit dem /slashing europe gleich nach.

Blutige Filmschmankerl

Eröffnet wurde der Blut-und Beuschel Abend von John Landis neuer Schauerkomödie „Burke and Hare“. Mit dem Film meldet sich der amerikanische Pop-Regisseur („American Werewolf in Paris“) nach zwölfjähriger Schaffenspause zurück und, wie man gesehen hat, mit unvermindertem Humor. „Burke and Hare“ ist eine schwarzhumorige Historienschauerkomödie mit Simon Pegg, Tim Curry und Christopher Lee über die Serienmorde der irischen Einwanderer William Burke und William Hare im Edinburgh des frühen 19. Jahrhunderts. Landis spielt mit Erwartungshaltungen, schafft es zwei kaltblütige Massenmörder in charmante, witzige Protagonisten zu verwandeln, mit denen man mitfühlt und -leidet.

Um 20:30 folgt dann Hochkomisches in Form von André Øvredals norwegischer Mockumentary "Trolljegeren" ("The Troll Hunter"). Was anfängt wie ein mühsamer Abklatsch von „Blair Witch Project“ entpuppt sicht bereits nach wenigen Minuten als amüsant-schräge Pseudo-Doku über den abgearbeiteten Trolljäger Hans in Norwegen, der vor einem Studentenfilmteam seine Lebensbeichte ablegt. Ja, und das Ganze ist durchaus komisch, unterhaltsam, kurzweilig. Alles in allem: Empfehlenswert.

Um 22:30 dann der Überraschungsschocker: „La Meute“ („Die Meute“). Eingeleitet wird der Film von Festivalmitorganisatorin Magdalena Pichler mit folgenden Worten: „Ein Film von dem man nichts erwartet und der alles hält.“ Eine interessante französische Abwandlung des Genre-Klassikers "Junger Stadtmensch gerät in einen Hinterhalt kannibalischer/wahnsinniger/mordlüsterner Hinterwäldler". Franck Richards "La Meute" sorgte in Cannes für Furore, nicht zuletzt wegen dem Star Aufgebot, unter anderem mit Sänger und Channsonier-Beau Benjamin Biolay als schöner, verschlagener Hinterwäldler-Casanova und die atemnberaubend schöne Émilie Dequenne als assige Punk-Ausreißerin. Eine guten Magen und starke Nerven sollte man allerdings bei diesem Film schon haben: Expect the Unexpected.

Der letzte Film, das Mondo-Doku-Spektakel "Libido Mania – Alle Abarten dieser Welt" (Regie: Bruno Mattei; Italien 1979) musste darüber hinweg trösten, dass einer der absolutes Crossing Euope-Highlight aus Rechtegründen nicht mit nach Wien durfte: Vincent Lannoos im Gewand einer Reportage daherkommende belgische Sozialsatire "Vampires" über kleinbürgerliche Blutsauger. Da der Film vermutlich nicht in den heimischen Kinos anlaufen wird, wird er wohl ein Heimkino-Genuss bleiben müssen. Ähem.

Fazit

/slashing europe war in vielerlei Hinsicht ein wirklich ein lehrreicher Abend: So wissen wir nun die wahre Entstehung des Darwinismus und der modernen Bestattungsindustrie, Trolle riechen Christen aber keine Moslems. Einen Besuch im im „La Spack“ sollte man lieber auslassen und wir wissen nun wie der pure sexuelle Wahnsinn aussieht. Danke, /slashing europe für dieses tolle Mini-Festival. Wir haben sogar vergessen, dass draußen Sommer war. 

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