8. Oktober 2011

Joyce Muniz im Gespräch

1995 kam die gebürtige Brasilianerin Joyce Muniz nach Wien – heute gehört sie zu den interessantesten und vielversprechendsten Acts der Stadt, was mit dem Release der Doppel EP „Pulp Fiction“ wohl noch unterstrichen wird. Wir sprachen mit Joyce über Musik, die neue Platte und den Begriff Heimat.

Ich treffe Joyce am Tel Aviv Beach, gleich anschließend an unser Gespräch wird sie dort nämlich im Licht der wohl letzten heißen Sonnenstrahlen auflegen. Im Sommer findet jeden Dienstag, gleich gegenüber vom Flex, mit Sand zwischen den Zehen, das Crazy-WarmUp statt. Heute haben wir Glück – die Temperatur ist hoch, die Sonne scheint, ob die Wettergötter dieses Jahr noch einmal so gnädig sein werden?

Wien ohne Joyce Muniz? Irgendwie undenkbar.

Joyce und ich suchen einen etwas kühleren und stilleren Ort auf, nämlich begeben wir uns auf die Terrasse des Tel Aviv Beach. Von dort lässt es sich wunderbar den Donaukanal überblicken, die Tags neben dem Flex und etwas später sicher auch den Sonnenuntergang, der das Wasser dann in ein tiefes Orange tauchen wird. Joyce Muniz gehört zur Wiener Musikszene wie der Fiaker vor dem Stephansdom, sowohl als DJane als auch als Produzentin hat sie sich über die Jahre einen Namen gemacht in Wien – und über seine Grenzen hinaus.

 

Joyce Muniz released in kürze ihre neue Doppel EP – sieben Songs werden über einen längeren Zeitraum released, nämlich wie schon vorherige Scheiben auf dem Label Exploited. Der EP Release wird begleitet von Parties in London, Paris, Kopenhagen und anderen europäischen Städten, sowie einer EP Release Party heute Abend in der Partersauna,im Rahmen von Que Pasa. Auch eine Südamerika-Tour wird es geben, die gebürtige Brasilianerin lässt sich das Heimspiel natürlich nicht nehmen. Die neue Platte ist vielseitig, direkt, ehrlich – aber mehr dazu ein bisschen später.

Schlechte Anlagen – eine gute Schule 

Was mich vorerst interessiert, ist all das, das vor der neuen EP „Pulp Fiction“ passiert ist. Wie ist sie nach Wien gekommen? Mit ihrer Mutter, 1995 war das. Die Anfangszeit bezeichnet Joyce als die einsamste Zeit ihres Lebens – sie verstand die Sprache nicht, hatte wenig Kontakt nach außen. Aber wer die mittlerweile 28-jährige kennt, der wird wissen: Mit ihrer Offenheit und direkten Art lebte sich die schöne Brasilianerin schnell ein in Wien, beherrschte bald die Sprache, vergrößerte ihren Bekanntenkreis und verpflichtete sich in jeder freien Minute ihrer größten Leidenschaft: der Musik.

Mit 15 kaufte sich Joyce ihre ersten Turntables – die standen im Keller des Elternhauses, und in jeder freien Minute mischte sie Musik. Wie das eben so ist, begann Joyce bald bei kleineren Parties aufzulegen, machte sich einen Namen, und wurde mit 17 oder 18 das erste Mal offiziell gebucht: Nämlich spielte sie bei Dub Club im Flex, eine Veranstaltung, die Joyce musikalisch sehr geprägt hat, wie sie heute meint: Die musikalische Vielfalt, die dort auf dem Programm stand, erweiterte ihren Horizont. Auch als MC wurde Joyce gebucht, legte auf weiteren kleinen Parties auf, oftmals übte sie sich an grottenschlechten Anlagen, die ihr aber – wie sie heute meint – viel beibrachten.

Von der Djane zur Produzentin

Und wie kam Joyce vom Auflegen zum Musik machen? So wie alle anderen eigentlich, eine natürliche Entwicklung war das. Als Sängerin holte sie Shanti Roots ins Boot, nahm mit ihr ihren ersten Track auf. Zwischen 2003 und 2010 wirkte Joyce Muniz bei unzähligen Projekten mit, die musikalisch nicht unterschiedlicher sein konnten. Mit Shanti Roots arbeitete sie oft zusammen, er hat ihr sehr viel beigebracht, sagt Joyce. In Österreich besonders bekannt ist ihre Zusammenarbeit mit SkeroKabinenparty gewann sogar einen Amadeus. Abseits von „Hossa Hossa Hossa“ macht Joyce aber Musik für den internationalen Markt, freut sich zwar über den Erfolg für den Kollegen Skero in Österreich, für sie ändert das aber nicht viel.

Ihre Eigenproduktionen gehen musikalisch aber in eine andere Richtung – Kostprobe gefällig?

Joyce Muniz – Bedstories EP Snippet (Exploited Rec.) by Joyce Muniz

Pulp Fiction – 7 Tracks aud 2 EPs

Wie sie ihren Stil beschreiben würde? Schwierig, denn auch in ihren eigenen Produktionen ist Joyce sprunghaft, vielfältig, transferiert direkt und ehrlich Emotionen vom Herzen zum Track, was ein spezifisches Label für Joyce Muniz schwierig macht. Am ehesten wahrscheinlich Future House oder Deep House, immer sehr basslastig, mit einem Schuss Soul.

Was die neue Doppel EP bieten wird? Einiges. Mit Louie Austin hat Joyce eine Nummer aufgenommen, Morning Love heißt das gute Teil. Sie war total verliebt, als der Track entstanden ist, ist gerade aus Brasilien zurückgekommen, die Stimmung für so einen Song hat einfach gepasst. Auch das Video zu Morning Love wurde erst kürzlich gedreht – viel will Joyce nicht verraten, aber gut soll es jedenfalls werden. Und wie ist das mit der Heimat? Wien ist ihre Heimat, hier ist sie aufgewachsen, hier macht sie Musik. Aber ihre Wurzeln fließen natürlich ein in ihren Sound, ob Percussion, Gitarre oder Vocals: Irgendwo ist immer ein bisschen Brasilien dabei.

 

Die neue Platte nennt Joyce „freestylig, vielseitig“. Auf jeden Fall sind es Tracks für den Dancefloor, sieben Tracks auf zwei EPs insgesamt. Die Tracks werden über einen bestimmten Zeitraum released, jede Nummer spiegelt eine bestimmte Phase in Joyce Leben wieder. Mit Sketch MC hat Joyce Muniz zum Beispiel einen Track aufgenommen, der eher aggressiv ist, ganz im Gegensatz zu Morning Love. Hier spiegelt sich Unzufriedenheit mit dem Musikbusiness wieder, wie schleppend es manchmal läuft, wie schwierig es sein kann. Mit Sketch hat Joyce schon bei früheren Produktionen zusammengearbeitet.

Joyce Muniz Featuring Sketch – Malicia Original [LoRise] by Joyce Muniz

Es gibt kein Konzept für die Doppel EP – das wäre ein bisschen “fake”, meint Joyce. Denn die Songs sprudeln eben aus ihr heraus, sie will hergeben, was sie erlebt und fühlt, und das kann eben sehr vielseitig sein.

Joyce Muniz live bei Que Pasa!

Seit Februar 2011 veranstaltet Joyce nun den Club Que Pasa in der Pratersauna, bei dem es in erster Linie um hochqualitative Acts, unterschiedlichstes musikalisches Angebot und Freude am Feiern geht. Joyce bucht ihre Acts nicht nach ihren Namen, sondern ihr geht es um gute Musik und im Endprodukt um gute Stimmung bei ihren Parties. Da dürfen natürlich Visuals nicht fehlen, so wie ein bestimmtes Motto für jedes Que Pasa.

Am 16.9. ist Joyce performed Joyce ihre Tracks das erste Mal live und wird einige Nummern von „Pulp Fiction“ spielen. Mit dabei sind auch Louie Austin und Sketch MC – es darf also ordentlich gefeiert werden. Unter dem Motto “Nacht der Nerds” dürft ihr heute Abend eure Fensterglas-Brillen und Schulmädchen-Kostüme auspacken.

Mehr Infos über “Pulp Fiction” und weitere Gigs findet ihr auf Facebook.

Wir danken für das Gespräch!

| THERESE KAISER / www.twitter.com/thereseterror

2 Kommentare

  1. Nokturno

    16. September 2011

    Schönes Gespräch
    Ich finde Joyce eine der sympathischsten und beeindruckendsten Figuren der Wiener Musikszene.

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  2. SimonJoyce

    16. September 2011

    Joyce
    ist klug, sexy und eine talentierte Musikerin.

    Reply

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