23. August 2011

Ikea im Museumsquartier – Wohnst Du noch oder lebst Du schon?

Eine kritische Anmerkung zur Guerilla Marketing Aktion von Ikea im MQ, der Kommerzialisierung von Stadträumen und die Rolle des Museumsquartiers als Kulturinstitution.

  Seit geraumer Zeit gibt es zwischen dem MQ und Ikea Österreich eine Kooperation, die sich nicht nur dahingehend zeigt, dass man an lauen Sommernächten auf Ikea-Stühlen beim Filmschauen Platz nehmen kann, sondern auch darin äussert, dass man schon zum zweiten Mal, pünktlich zum neuen Ikea-Katalog, Ikea-Sofas im Innenhof des Museumsquartiers statt der Enzos vorfindet. Im Zuge der Werbeaktion konnten die Sofas nicht nur getestet, sondern auch gewonnen werden. 

Eine witzige und findige Werbeidee werden nun viele sagen, richtig sympathisch und praktisch, denn so spart man sich den weiten Weg ins Ikea-Einrichtungshaus. Doch bei der dreitägigen Ikea-Marketingaktion wurden nicht nur die Sofas im Innenhof des MQ platziert, sondern es fanden sich auch einige kompetente Mitarbeiter des Möbelkonzerns ein, die von Sofa zu Sofa gingen, und ihren potentiellen Kunden mit Rat und Tat zur Seite standen. 

Guerilla Marketing in Wien

  Ungewöhnliche Werbeaktionen im Stadtraum haben in Wien schon eine längere Tradition. Allerdings werben Firmen seit einiger Zeit nicht nur mit Hilfe von Street Art für ihre Produkte, sondern es finden Events und Block-Parties, wie beispielsweise die Adidas Neighborhood Party statt. Im Zuge dieser Veranstaltung wurden blaue Footprints auf den Gehsteig gemalt, Konzerte veranstaltet, Lokale angemietet, Adidas-Schuhe ausgestellt und Adidas-Banner im öffentlichen Raum aufgespannt. Solche Events haben meist den Effekt, dass damit eine größere Öffentlichkeit erreicht werden kann, außerdem rufen sie bei ihrer Zielgruppe eher Begeisterung hervor, als klassische Werbeformen. 

Kommerzialisierung von Stadträumen

Das Museumsquartier zählt nun seit zehn Jahren zu den größten und wichtigsten Kulturarealen Europas. Es lockt nicht nur mit seinem vielfältigen Angebot an Museen, Ausstellungen, Festivals und Konzerten, sondern im MQ wird auch viel Wert auf die Förderung der verschiedensten Kunst- und Designsparten gelegt. Neben Institutionen wie der Street Art Passage oder dem Quartier21, finden im MQ Veranstaltungen wie u.a. die Impulstanz Wochen und die Vienna Fashion Week statt. Ein für seine BesucherInnen wichtiger Ort im Museumsquartier ist der Innenhof. Seit es dort die Enzis und Enzos gibt, ist er eine Art Wohnzimmererweiterung, in der gerade in den warmen Sommermonaten viele BesucherInnen auf den Stadtmöbeln Erholung suchen. Deshalb mutet es schon etwas eigenartig an, wenn hier im (halb)öffentlichen Raum, plötzlich Teile eines Ikea Einrichtungshauses gastieren. 

Hat das Museumsquartier das nötig? Der Innenhof ist jener Ort im MQ, an dem kein Konsumzwang besteht, wo alle Erholung und Ablenkung suchen. Natürlich benötigt der Kunstbetrieb immer Sponsoren und wenn Ikea beispielsweise das MQ Sommerkino mit seinen Stühlen bestückt, ist dagegen nichts weiter einzuwenden, aber ein Event, in dem die kollektive Geschmacksnormierung beworben wird – und das in dem bedeutendsten Kulturareal Wiens – ist doch zu hinterfragen. Wobei sich in diesem Falle die Kritik nicht gegen die Marketingaktion von Ikea richtet, sondern an das Management des MQ. Was erwartet uns als nächstes? Ein Coca-Cola Event im MQ?

Rückeroberung des öffentlichen Raums

Interessant in diesem Zusammenhang sind Kunstaktionen im öffentlichen und halböffentlichen Raum, die auf die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes und der Allgegenwart von Werbung aufmerksam machen. Beispielsweise die Aktion Delete im Jahr 2005 in der Neubaugasse, im Zuge derer alle Werbeflächen gelb überklebt wurden oder der Aktion von Otto Mittmannsgruber PAINT THE TOWN RED in der 500 Gewista-Plakate rot übermalt wurden.

Bildungsauftrag des MQ?

Die Frage, die sich hier aufdrängt ist, ob eine Kulturinstitution wie das Museumsquartier nicht die Aufgabe hat Phänomene wie Konsum und Kommerz kritisch zu hinterfragen? Genug Raum gebe es im Innenhof des MQ dafür jedenfalls. Oder zumindest könnte man davon Abstand nehmen das Museumsquartier als Auftragsfläche für hippe Werbeaktionen nutzbar zu machen. Ein skurriles Detail am Rande ist, ganz nebenbei bemerkt, dass das Künstlerkollektiv monochrom schon 2004 den „Kauf nix Tag“ in Wien ausrief, um auf den Konsumwahn hinzuweisen. Monochrom ist seit der Eröffnung des MQ im Quartier 21 beheimatet. Das kritische Potential im Kunstareal ist also gegeben.

signatur_cornelia.jpg Cornelia Dlabaja

Verloren in der Stadt: Auf Entdeckungsreise im Asphaltdschungel

4 Kommentare

  1. Sabsi Samstag

    23. August 2011

    Stimmt
    Bin völlig deienr Meinung. Schlimm wenn Budgetnot, oder was auh imemr, zu solchen Aktionen verleitet.

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  2. Kika

    23. August 2011

    Öffentlicher RaumSOLLTE ÖFFENTLICH BLEIBEN. IKEA MÖBEL SOLLTE MAN IN IKEA MÖBELHÄUSERN AUSSTELLEN.
    und nicht andersrum.

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  3. miezi

    23. August 2011

    ist das mq nicht privatgrund?
    also nur weil das mq öffentlich genutzt wird muss es nicht unbedingt gleichwertig öffentlich sein, wie zb eine straße, ein park der stadt wien etc. nichtsdestotroz ist die kommerzialisierung des öffentlichen raumes in frage zu stellen

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  4. nuja

    24. August 2011

    andererseits
    sind die sofas schon bequem…und wenn dadurch ein bisschen geld in die kassen vom MQ kommt, dass dann genutzt werden kann ist das nicht so ein Ding find ich. Die Verkäufer lass ich einfach abblitzen.

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