6. April 2011

Du nix Türkisch reden, Oida!

Zwischen all den Strassereien, Grassereien, lecken Atomreaktoren und irren Gaddafis wäre es fast untergegangen: SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied schlug zu Beginn der Woche vor Türkisch als Zweitsprache zur Matura zuzulassen. Waaaas Türkisch an der Schule?! Da sei Gott davor, oder zumindest sein selbsternannter Vertreter in Österreich, HC Strache. Gleich fünf Mann hoch rückte man zu einer Pressekonferenz an, um den Untergang des Abendlandes doch noch zu verhindern. Zu fad müssen die vergangenen Wochen gewesen sein, in denen niemand über Fremdländer und Fremdländisches reden wollte. Endlich hat man auch wieder einmal etwas beizutragen, muss man sich gedacht haben.

Wo liegt das Problem?

Doch wogegen man sich gerade so schön empört hat ist eigentlich keine große Veränderung. Ist es bis dato in Österreich bereits möglich neben Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Russisch etc. auch in Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Slowenisch, Serbisch/Bosnisch/Kroatisch sowie Ungarisch zu maturieren, so soll nun auch noch Türkisch hinzukommen. Die einzige Frage die sich hier doch wohl stellt ist: Warum war das bisher noch nicht möglich? Ausschließlich der Migrationsgruppe mit den zweitmeisten Angehörigen in Österreich soll das Recht auf eine Matura mit ihrer Erstsprache als Zweitsprache verwehrt bleiben? Argumente die diese Schieflage rechtfertigen lassen sich schwerlich finden. Aber wer Ortstafeln niederreißen und alles was nicht mit Trachtenhut auf dem Kopf geboren wurde abschieben lassen will lässt sich erfahrungsgemäß auch weder von Vernunft noch Realität anfechten.

Die Debatte über diese Selbstverständlichkeit bringt auch andere Themen wieder aufs Tapet. Zum einen die Förderung des richtigen Erlernens der Erstsprache für Kinder bei denen diese nicht Deutsch ist, sowie die Ausbildung entsprechender Lehrkräfte.
Die Notwendigkeit dieser Lehrkräfte liegt auf der Hand. Ebenso wie den islamischen Religionsunterricht gilt es auch den Zweitsprachen-Unterricht stärker zu professionalisieren. Wer etwas lehren will soll dazu auch befähigt sein und nicht nur willens es zu tun. Sich mit Notlösungen aus der Affäre zu ziehen, damit nur ja niemand die Reizthemen Türkisch und Islam in die Öffentlichkeit bringt ist mit Sicherheit nicht mehr tragbar.

Erstsprache als Basis

Viel grundlegender jedoch ist die Diskussion über die prinzipielle Sinnhaftigkeit von schulischer Förderung der Erstsprache so diese nicht Deutsch ist. Einerseits spricht jede sprachwissenschaftliche und pädagogische Expertise dafür, dass die beste Grundlage für das Erlernen einer Zweitsprache eine gut ausgebildete Erstsprache ist. Die jedoch besitzen Kinder mit Migrationshintergrund zu Kindergarten- oder Schuleintritt ebensowenig wie Kinder ohne Migrationshintergrund. Es wäre wohl wenig sinnvoll einem Vorschulkind, das bisher nur Dialekt gesprochen hat sofort Englisch beizubringen ohne es vorher einmal grammatikalisch und orthographisch richtiges Deutsch erlernen zu lassen. Gerade die schulische Förderung ist es die eine weitere Ausbildung des sprachlichen Verständnisses erst ermöglicht. Kommen Kinder so mit ihrer Erstsprache auf elaborierterem Niveau zu Rande haben sie auch weniger Probleme dabei eine zweite zu erlernen.

Auf der anderen Seite fußen sehr viele Ressentiments gegen Mehrsprachigkeit auf recht irrealen Ängsten. Wenn türkische Kinder nun Türkisch lernen dürfen, dann müssten das auch bald österreichische Kinder tun. Verschleppen American International School oder Lycée Français auf der Straße Kinder, um sie aus purer Gemeinheit nur auf Englisch oder Französisch zu unterrichten? Hier schlägt Futterneid recht schnell in Paranoia um.

Bedarf ist da

Über den anschließende Nutzen einer sprachlichen Ausbildung auf Matura-Niveau beispielsweise in Türkisch ist durchaus zu diskutieren. Verwendungsbereiche wären neben dem großen und immer weiter wachsenden Exportmarkt (vielleicht bald innerhalb der EU) vor allem viele gesellschaftliche Felder in Österreich. Im Sozial-, Bildungs- und Geshundheitsbereich sowie in einigen anderen auch sind Betreuung und Expertise nicht nur in deutscher Sprache notwendig. Ebenso sind türkischsprachige Kunden im Gastronomie- und Einzelhandelsbereich eine stetig wachsende Gruppe. Betätigungsfelder wären also durchaus in Fülle vorhanden.

Als unbegründet werden sich wohl auch die beiden Befürchtungen erweisen, dass Türkisch als Matura-Fach zur Bildung von "Parallelgesellschaften" beitrage oder, dass die Türkisch-Matura für Türkisch-Sprechende ohnehin "geschenkt" sei. Wer es in einer österreichischen Mittelschule bis zur Matura bringt, der wird auch den einen oder anderen Brocken Deutsch können müssen und auch für Jugendliche mit Deutsch als Erstsprache ist die Deutsch-Matura keine "gmahte Wiesen". Manche haben sogar noch Jahre später Probleme mit der deutschen Sprache…

PS: Als kleines Schmankerl noch ein Werk, das jedem Deutsch-Maturanten zur Ehre gereicht hätte.

7 Kommentare

  1. Fabian

    6. April 2011

    TOP
    Demist nichts hinzuzufügen.

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  2. Nicole

    6. April 2011

    Sprache
    Ich finde, dass Türkisch auf jeden fall berücksichtigen werden muss.

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  3. Nora T.

    6. April 2011

    Wie doof muss man sein
    um das erlernen eienr Sprache negativ zu bewerten. Naja doof oder nicht, es reicht immerhin zum Bundeskanzler.

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  4. Zauberer

    6. April 2011

    Bei türkisch
    muss es eine magische Wandlung geben. Wer das spricht, spricht keine Sprache, sondern muss etwas gar schrökliches tun. sonst müsste man sich wohl kaum so fürchten.

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  5. Joe

    7. April 2011

    sprache
    @zauberer: das stimmt. doch augenscheinlich halten es viele menschen für eine gute idee, sich im zweifel immer einmal zu fürchten…

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  6. Charles

    7. April 2011

    Wie hat ein kluger Mann gesagt:
    "we have nothing to fear but fear itself"

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  7. terror

    7. April 2011

    also
    ich find das süper.

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