8. Mai 2013

Die Wiener Straßenbahn

Wie wurden die Wiener Straßenbahnen nummeriert? 

Früher sagte man über einen Verstorbenen, er sei „mit dem 71er gefahren“, der Linie, die zum Zentralfriedhof führt. Der 71er (auch die 71er-Bim genannt) erfüllt damit noch immer das Liniensystem, das offiziell 1903 eingeführte wurde: Rundlinien, Radiallinien und Durchgangslinien. Davor wurden die Linien (die erste Pferdetramway fuhr ab dem 4. Oktober 1865 zwischen dem Schottentor und Hernals) mit Signalscheiben gekennzeichnet: Punkte, Striche, Sterne, Dreiecke und Kreuze sollten auch Analphabeten den richtigen Weg weisen. Mit der Elektrifizierung der Bim verwendete man ab 1907 tatsächlich das Nummernsystem.Es wurde im Laufe der Zeit ziemlich durcheinandergebracht und 2008 endgültig gekippt.

Die Rundlinien waren aufsteigend mit größeren Radien konzentrisch um das Stadtzentrum angeordnet und mit Nummern von 1 bis 20 gekennzeichnet. Die 1er und die 2er führen früher um den Ring. Seit diese beiden Linien aber an bestimmten Ringpunkten stadtauswärts fahren, wurde das System eben obsolet. Heute gibt es als klassische Rundlinien noch 5, 6, 9, 10 und 18.

Radiallinien wie die 71er, übrigens die höchste Nummer im Bim-Einmaleins, fuhren von der Stadt geradewegs in die Außenbezirke, können aber auch erst auf dem Weg dorthin beginnen. Jedenfalls entfernen sie sich vom Stadtkern. Sie wurden mit Nummern ab 21 – bei der Ausstellungsstraße beginnend aufsteigend gegen den Uhrzeigersinn – bezeichnet, die 20er-Nummern im Osten, die 30er im Norden, die 40er im Nordwesten, die 50er im Südwesten, die 60er im Süden und die 70er im Südosten. Diese strenge Nummerierung wurde aber schon früh aufgeweicht.

Durchgangslinien sind Kombinationen aus Rund- und Radiallinien. Sie fahren von außen auf den Stadtkern zu, umrunden einen Teil von Ring oder Kai, manchmal entfernen sie sich an anderer Stelle wieder. Die Durchgangslinien wurden mit Buchstaben benannt, manchmal zusätzlich mit einer Zahl. Buchstaben werden aber nicht mehr vergeben (sonst hätten 1er und 2er bei der Umstellung ihrer Streckenführung welche bekommen müssen). Gegen die Umbenennung des D-Wagens (niemals „D-er“) in 3 und des O-Wagens (niemals „Nuller“) rebellierten die Wiener erfolgreich.

„Darf’s a bisserl mehr sein?“

Weitere Fragen zu Wien und deren interessante Antworten findest du in Wann verlor das Riesenrad seine Waggons? von Axel N. Halbhuber erschienen im Metroverlag.

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt