27. Juli 2011

Der Sommer der Tamagotchis

Und auf einmal piepste es aus jeder Ecke. 1997 brauste ein Jugend-Trend um die Welt, der sich zwar nicht unheimlich schwer von all den anderen unterschied – aus dem Nichts kommend, kurzlebig, nervtötend, im Nachhinein nicht mehr erklärbar – doch eröffnete man mit dem Tamagotchi schlicht neue Dimensionen der gepflegten Lebenszeitverschwendung.

Immer dabei

Ein kleines Küken schlüpfte aus seinem Cyber-Ei und wollte nun gepflegt, gefüttert, geknuddelt und gemaßregelt werden. Und all das gab es im handlichen Schlüsselanhänger-Format, zum Immer-Dabeihaben und als strukturelles Grundgerüst für das eigene Sozialleben – eben wie das iPhone mit Facebook-App des vergangenen Jahrtausends. Jederzeit und überall konnte das kleine Tierchen so nach Nahrung verlangen oder Zuwendung beanspruchen. Und das ganze für nur etwas mehr als 200.- Schilling. Ganz klar, dass man da im Kindesalter dabei sein musste. Hörte man noch kurz vorher etwas von der Aufhebung der Klassenunterschiede, war es damit nun wirklich vorbei, denn es gab definitiv zwei Klassen – die einen hatten eins, die anderen eben nicht. So einfach war das, selbst in der kleinsten Dorfschule.

Erfunden wurde das Tamagotchi 1996 von der Japanerin Aki Maita, die ihre Idee an den Spielwarenhersteller Bandai verkaufte. Ganz neu war die Idee von dem virtuellen zu umsorgenden Haustier zwar nicht, stellten doch andere Spielehersteller bereits ein Jahr zuvor ein Spiel namens Petz für den PC vor, der Tamagotchi erlaubte es jedoch erstmals das Spiel mit dem Cyber-Tier vom PC als Plattform zu entkoppeln und jederzeit und überall seinen Liebling zu hegen zu pflegen.

Und bald vorbei

Und jederzeit und überall traten die Tamagotchis auch auf. Ob im Schwimmad oder am Sportplatz, der Sommer 1997 war eine harte Zeit für Tierhasser, auch wenn es nur virtuelle waren. Wohl noch nie und danach nie mehr wieder werden Jugendliche so gerne Exkremente weggeputzt und Erziehungsarbeit geleistet haben. Doch so plötzlich wie der Spuk auftauchte, war er dann auch wieder vorbei. Wenige Monate nach dem Release des Tamagotchis krähte schon kein Hahn mehr danach. Zwar war es, trotz oft anders lautender Legenden, durchaus möglich ein neues Ei auszubrüten, nachdem das erste Tierchen wegen Inkompetenz oder Faulheit des Herrchens oder Frauchens verendet ist, aber wollte man das überhaupt?!

Mitte des vergangenen Jahrzehnts flackerte der Tamagotchi-Hype mit der Vorstellung des Tamagotchi Connexion, der einige neue Features bot, wie beispielsweise die Möglichkeit zur Verbindung mit anderen Tierchen oder erweiterte Charaktere, noch einmal etwas auf. Doch wirklich vom Hocker reißen konnte das niemanden mehr. Jugend-Trends müssen wissen wann sie tot sind und so kam dies eher dem Schwanengesang des Schranz gleich, als sich Richard Lugner und Thomas Schäfer-Elmayer epileptisch zuckend über die Tanzfläche blamierten. Nein, die Zeit war vorbei.

So werden wir den Sommer 1997 für immer als den Sommer der Tamagotchis in Erinnerung behalten – und wir waren dabei.

3 Kommentare

  1. Minni

    28. Juli 2011

    Ein Glück, dass es diese Gotchis nicht mehr gibt.
    Wahnsinniger Schwachsinn war das damals. Gotchis verpisst euch, keiner vermisst euch.

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  2. Clara

    28. Juli 2011

    Meines ist immer gestorben.
    War aber auch egal. Nach dem Sommer ist es ohnehin in die Abstellkammer verschwunden.

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  3. terror

    28. Juli 2011

    zum nächsten geburtstag
    wünsche ich mir ein tamagotchi!

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