24. April 2013

DVD Tipp:Der Adler der neunten Legion

Schon seit Jahrhunderten regt die neunte, verloren gegangene Legion der römischen Armee die Phantasie von Belletristen wie Historikern gleichermaßen an. Zu mysteriös, zu geheimnisvoll ist die Geschichte der mehreren Tausend Männer, die gegen 120 n. Chr. einfach verschwunden sein sollen.

20 Jahre nach dem Verschwinden setzt die Geschichte von Der Adler der neunten Legion. Der junge römische Centurio Marcus Flavius Aquila (Channing Tatum) tritt seinen Dienst als Garnisonskommandant in Britannien an. Nicht von Ungefähr hier, soll doch sein Vater hier der letzte Römer gewesen sein, der das Feldzeichen, den berühmten Adler der neunten Legion in Händen gehalten hatte, bevor diese unterging. Nichts anderes hat er im Sinn als diese Schmach endlich wieder gut zu machen und die kostbare Standarte zurück zu erobern.

Auf in den sicheren Tod

Gleich in der ersten Nacht überfallen die Kelten das römische Kastell. Der Angriff kann durch die Wachsamkeit des jungen Kommandanten zurückgeschlagen werden. Dabei wird Marcus jedoch so schwer verletzt, dass er zur Behandlung in das Landhaus seines Onkels (Donald Sutherland) im Süden Britanniens gebracht werden muss.

Seine Genesung geht nur schleppend voran, doch sein Tatendrang ist ungebrochen. Jetzt erst recht will er das Feldzeichen der Neunten wieder in ehrenhafte Hände zurückbringen. Ehrenhaft aus der Armee entlassen und damit frei alles tun und lassen zu können was er will, bricht er mit seinem Sklaven Esca (Jamie Bell), den er in der Arena vor dem Tod gerettet hat, zu einem Himmelfahrtskommando auf. Nur mit dem jungen Briganten, dem Sohn eines Häuptlings, will er nach Norden reiten, in das Gebiet jenseits des Hadrianswalls, von wo noch nie ein Römer lebendig zurückgekehrt ist. Mit der Rückeroberung des Adlers der neunten Legion will er die Ehre seiner Familie endlich wieder herstellen.

Mitten im Geschehen

Der Adler der neunten Legion ist einer der Römer-Filme des neuen Jahrtausends, die im Kielwasser von Gladiator den Staub des Sandalenkinos der 1960er abwaschen konnten. Hier verbindet sich historischer Stoff mit spannender Action und atemberaubender Kameraarbeit. Es geht um Loyalität und Verrat, Leidenschaft und Wagemut.

Dabei hält sich der Streifen nicht lange mit Vorgeplänkel auf. Schon kurz nach Beginn stürmt ein wildes Kelten-Heer in einer nächtlichen Aktion waghalsig die Verteidigungsanlagen der römischen Garnison. Pfeile prasseln, Schwerter klirren, die Kamera wirbelt wild herum und versetzt einen dabei inmitten des furiosen Geschehens.

Optisch an den stilbildenden Gladiator und den storymäßig ähnlich gelagerten 13en Krieger angelehnt, lassen die Kampfszenen in „Der Adler der neunten Legion“ keine Wünsche offen. Großartig choreographiert und in Szene gesetzt weiß das brutale Treiben dort zu überzeugen, wo in vielen Filmen die Computerzauberei über Fuß- und Armlahmheit hinwegtäuschen will.

Der Anfang verheißt bereits unterhaltsames Action-Kino der gehobenen Kategorie.

Unnötige Längen

Doch eben gerade Fahrt aufgenommen zieht sich Marcus’ Genesung fast elendiglich lange dahin. Hier büßt „Der Adler der neunten Legion“ einiges von seinem furiosen Auftakt wieder ein und es dauert längere Zeit bis Marcus und Esca im Laufe ihres Abenteuers wieder den Spannungsbogen in die Höhe schrauben. Zu locker, zu leicht geht es hier voran, wo beispielsweise der 13te Krieger, den Weg in den Norden als eine mystische und düstere Reise in die Ungewissheit, voller lauernder Gefahren inszeniert hatte.

Auch die geheimnisvollen und ruchlosen Seehund-Menschen kommen im ersten Moment mehr wie die Ureinwohner einer Südsee-Insel daher als wie kriegerische Pikten-Stämme von der schottischen Küste.

Neue Spannung in die Geschichte bringt das oft ambivalente Verhältnis zwischen Marcus und Esca, Sklave und Herrn. Ein Sohn eines tapferen und mächtigen Häuptlings, der einem römischen Offizier als Sklave dienen muss, das sorgt klarerweise für Konflikte. Insbesondere da Esca seinem Herren für die Rettung seines Lebens unbedingte Treue geschworen hat.

Doch hier im Norden ist Marcus der Fremde, der Machtlose, der Römer ohne Armee im Feindesland. Wo vorher klare Hierarchien geherrscht haben sind diese bald verwischt und aus Sklave und Herr müssen Waffenbrüder werden, die sich aufeinander verlassen können.

Action Kino mit echten Charakteren

Regisseur Kevin Macdonald (Der letzte König von Schottland, State of Play) wollte mit „Der Adler der neunten Legion“ einen eigenen Weg abseits bombastischer Historienschinken gehen. Für ihn stehen die Personen und ihr Verhältnis zu einander im Zentrum der Geschichte: „Es ist eine Geschichte über Freundschaft. Die Hauptfiguren stammen aus unterschiedlichen Kulturen, verstehen sich nicht, sehen die Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln und müssen das alles hinter sich lassen, um zu erkennen, dass sie beide menschliche Wesen sind.“

Aus diesem Grund griff er auch auf den Roman „Der Adler der neunten Legion“ von Rosemary Sutcliff  zurück. Das Buch und der Stoff hätten ihn schon seit frühester Kindheit beschäftigt, erklärt er: „Ich las es mit 12 Jahren und war total davon gefesselt. Da war etwas an dieser Grenzgebietatmosphäre und an der Art und Weise, wie sich diese Kulturen, die Kelten, die Briten und die Römer, begegneten, das mich nicht losließ.“

Sein Ziel war es eine 2000 Jahre alte Geschichte und ihre Charaktere zum Leben zu erwecken und wohl um uns einen unterhaltsamen Kinoabend zu bescheren. Beides ist ihm, sieht man über gelegentliche erzählerische Durststrecken hinweg, durchaus gelungen.

In jedem Fall haben wir gelernt: Wer in den Norden reitet sollte sich in jedem Fall einen ordentlichen Regenschirm mitnehmen.

Regie: Kevin Macdonald
Mit: Channing Tatum, Jamie Bell, Donald Sutherland u.a.

Großbritanien/USA, 2011, 114 Min.

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